Nach Zerschlagung von Yukos:Putin plant gigantischen Ölkonzern

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Russland will aus den Konzernen Rosneft und Gazprom einen staatlich dominierten Energiekonzern formen. Am Donnerstag wurde zudem klar, dass der kommende Gigant bei der Zerschlagung des Yukos-Konzerns die Finger im Spiel hat.

Von Daniel Brössler und Lothar Gries

Russland arbeitet am Aufbau eines gigantischen staatlich dominierten Energiekonzerns. Das hat Präsident Wladimir Putin am Donnerstag unmissverständlich klar gemacht.

Schild am Eingang der Rosneft-Zentrale in Moskau. (Foto: Foto: Reuters)

In diesen Konzern sollen auch große Teile von Yukos einfließen, die in einer Zwangsversteigerung den Besitzer gewechselt hatten.

In hundertprozentigem Staatsbesitz

Wenige Stunden vor Beginn der Jahres-Pressekonferenz Putins war bekannt geworden, dass es sich beim neuen Eigentümer der bisherigen Yukos-Tochter Yuganskneftegaz um den Rosneft-Konzern handelt. Dieser befindet sich in hundertprozentigem Staatsbesitz.

Rosneft zählt bislang mit einer Jahresproduktion von 22 Millionen Tonnen nicht zu den führenden Ölunternehmen Russlands. Bei der Wiedergewinnung der staatlichen Kontrolle über die Ölproduktion in Russland soll der Konzern aber eine entscheidende Rolle spielen.

Aufsichtsratschef von Rosneft ist ein enger Mitarbeiter Putins, der Vizedirektor der Präsidialadministration, Igor Setschin.

Auf dem Weg zur russischen Nummer zwei

Nach Einschätzung des Präsidenten der Union der russischen Öl-und Gasunternehmer, Gennadij Schmal, kann Rosneft nun zum zweitgrößten russischen Ölproduzenten nach Lukoil aufrücken. Die Jahresproduktion von Rosneft könne 80 Millionen Tonnen erreichen. "Rosneft kann auch zu den 15 bis 20 größten Ölfirmen der Welt aufsteigen.

Die Übernahme von Yuganskneftegaz durch Rosneft war mit Hilfe einer wegen der Steuerschulden von Yukos angeordneten Zwangsversteigerung ins Werk gesetzt worden.

Überraschend war in dieser Auktion der favorisierte Gazprom-Konzern einer völlig unbekannten Baikal Finance Group unterlegen, an deren richtigen Namen sich auch Präsident Putin in seiner Pressekonferenz zunächst nicht erinnern konnte.

Gazprom doch im Spiel

Nun ist klar geworden, dass der halbstaatliche Gazprom-Konzern auf Umwegen sehr wohl zum Zuge kommt. Seit Monaten schon ist seine Fusion mit Rosneft beschlossene Sache. An der Fusion werde wie geplant festgehalten, teilte Gazprom am Donnerstag mit. "Rosneft wird zusammen mit Yuganskneftegaz als neue Struktur in den Gazprom-Konzern eintreten", sagte ein Sprecher.

Auch Putin bekräftigte, Gazprom müsse seine Aktivitäten diversifizieren und auf Aktivitäten im Bereich Öl und Strom setzen. Schon jetzt zeichnet Gazprom verantwortlich für acht Prozent des russischen Bruttoinlandsprodukts.

Russische Analysten gehen davon aus, dass die komplizierte Übernahme von Yuganskneftegaz dem Verfahren vor einem Gericht in Texas geschuldet ist. Dort hatte Yukos eine einstweilige Verfügung gegen die Versteigerung seines Eigentums erwirkt.

Juristischer Schachzug

Beim Vorschieben der ominösen Baikal Finance Group sei es darum gegangen, das juristische Risiko für Gazprom und Rosneft zu minimieren, sagten Analysten übereinstimmend. Yukos droht mit Schadensersatzklagen bis zu 20 Milliarden Dollar.

Der Yukos-Mehrheitseigner Menatep wandte sich am Donnerstag an westliche Regierungen. "Wir glauben, dass es falsch und kurzsichtig ist, wenn westliche Führer so tun, als hätte die Enteignung von Yuganskneftegaz nicht ernsteste Folgen für jetzige und künftige Investitionen in Russland."

Unterdessen wurde am Donnerstag bekannt, dass die Deutsche Bank nach Aussage eines ihrer Anwälte gegen den Insolvenzantrag von Yukos gerichtlich vorgehen will.

Deutsche Bank will Insolvenzantrag von Yukos kippen

Das Institut plane, das zuständige Konkursgericht im texanischen Houston formal zu ersuchen, den Antrag von Yukos auf Gläubigerschutz nach Chapter 11 des amerikanischen Konkursrechts abzulehnen, sagte Anwalt Hugh Ray von der Kanzlei Andrews & Kurth. Ob die Bank dabei aus eigener Initiative handelt oder im Auftrag des Ölkonzerns Gazprom, für den sie als Berater tätig ist, ließ der Anwalt offen.

Die Bank bestätigte die Aussagen des Anwalts. Das Gericht wird sich nach Angaben der zuständigen Richterin Leticia Clark frühestens in der dritten Januarwoche mit der Beschwerde befassen.

Die Deutsche Bank ist für Gazprom als Berater tätig und hatte zusammen mit fünf anderen Bankhäusern, darunter die Dresdner Bank, dem Konzern ein Darlehen von zehn Milliarden Dollar für den Kauf von Yuganskneftegaz in Aussicht gestellt.

Deutsche Banken fürchteten um ihre US-Lizenzen

Nachdem ein texanisches Konkursgericht am vergangenen Freitag die Versteigerung jedoch untersagt hatte, zogen die Banken ihr Finanzierungsangebot wieder zurück. Sie hätten im Fall ihrer Beteiligung an der Auktion Sanktionen amerikanischer Gerichte erwarten müssen. Diese hätten im schlimmsten Fall zu einem Entzug ihrer Banklizenzen in den USA führen können.

© SZ vom 24.12.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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