Massiver Stellenabbau:Deutsche Bank muss Milliarden einsparen

Das neue Führungsduo der Deutschen Bank zieht Konsequenzen aus den schlechten Zahlen und verordnet dem Institut ein mächtiges Sparpaket. Knapp 2000 Stellen fallen weg - vor allem im Investmentbanking, den bis vor kurzem der neue Chef Anshu Jain verantwortete. Aber es geht nicht nur um Zahlen: Beim Kulturwandel in der Finanzbranche will nun die Deutsche Bank "in der vordersten Reihe stehen".

Es läuft nicht gut für die Deutsche Bank: Der Aktienkurs des Instituts ist dramatisch eingebrochen, das sonst meist glänzend laufende Investmentgeschäft holpert und dann setzen auch noch Affären wie der Skandal um den Libor-Zinssatz dem Image des Instituts schwer zu. Kurzum: Es muss etwas geschehen.

Das sehen mittlerweile auch die beiden Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen so. Die Deutsche Bank stemmt sich nun mit einem milliardenschweren Sparprogramm gegen die Krise und setzt 1900 Leute vor die Tür. Davon entfallen 1500 auf das Investmentbanking. Die meisten Stellen fallen im Ausland weg, denn die hochbezahlten Investmentbanker sitzen vor allem in New York und London. Jain und Fitschen streichen damit radikaler Jobs als zuletzt erwartet. Jain, so die Befürchtungen im Vorfeld, werde als früherer Chef des Investmentbereichs diesen Bereich eher schonen.

Doch Jain erklärte die Einschnitte lapidar in einer Telefonkonferenz mit Analysten: "Einfach gesagt: Unsere Kostenbasis ist zu hoch." Es geht aber nicht nur um Kosten, das wurde sogar während dieser Telefonkonferenz klar. Denn ganz am Anfang dieser Konferenz trafen die Verantwortlichen eine ungewöhnliche Feststellung: Die Deutsche Bank wolle einen Kulturwandel.

Ein Bekenntnis, an dem sich die Bank wird messen lassen müssen

In einer dazu veröffentlichten Mitteilung hieß es entsprechend: "Die Deutsche Bank bekennt sich dazu, beim Kulturwandel in der Finanzindustrie in der vordersten Reihe zu stehen." Dazu würden auch die Vergütungsgrundsätze überprüft, "sowohl in Hinblick auf die absolute Höhe der Entlohnung wie auch in Hinblick auf die relative Balance zwischen der Vergütung für Aktionäre und für Mitarbeiter".

Ein solches Bekenntnis, an dem sich später das Institut wird messen lassen müssen, ist bemerkenswert - umso mehr, wenn es gleichzeitig in einer Analystenkonferenz ganz an den Anfang gestellt wird. Normalerweise geht es hier um Zahlen. Offensichtlich wollen Jain und Fitschen damit ein Zeichen für einen behutsamen Neuanfang setzen.

Doch vor allem aber wird gespart - insgesamt geht es um rund drei Milliarden Euro. Allein von den Personalmaßnahmen erhofft sich die Führungsspitze Einsparungen in Höhe von 350 Millionen Euro. Einzelheiten sollen im Rahmen der neuen Gesamtstrategie im September präsentiert werden.

Profit bricht ein

Der Konzerngewinn hat sich im zweiten Quartal nahezu halbiert. Unter dem Strich bleiben dem Branchenprimus noch 661 Millionen Euro. Die Deutsche Bank müsse effizienter werden, sagt Jain. "Wachstum ist ein Muss", Gegenwind dürfe keine Entschuldigung sein.

Das gilt vor allem für das Kapitalmarktgeschäft, wo es seit mehreren Quartalen holpert. Weder der Handel noch das Beratungsgeschäft bei Fusionen, Übernahmen und Börsengängen laufen rund. Die großen US-Rivalen, aber auch die Schweizer Großbanken haben deshalb schon längst den Rotstift angesetzt.

Bei der Deutschen Bank verdiente die Sparte vor Steuern noch 357 Millionen Euro. Im ersten Quartal waren es noch 1,7 Milliarden Euro gewesen, im besser vergleichbaren zweiten Quartal 2011 knapp eine Milliarde. Nun verdienten die Deutschbanker sogar im einst ungeliebten Privatkundengeschäft mehr Geld, vor Steuern waren es dort 398 Millionen Euro. Aber natürlich betonte Jain auch: "Wir sind sehr stolz auf unser Investmentbanking."

Ihre Aktionäre will die Deutsche Bank aber zunächst nicht zur Kasse bitten, wie die beiden Chefs klarmachten. Eine Kapitalerhöhung komme nur im Extremfall in Frage, wenn alle anderen Hebel nicht ausreichten. Bis Ende des ersten Quartals 2013 will das Institut ein Kapitalpolster (Core-Tier-1-Quote) von etwa zehn Prozent der risikogewichteten Aktiva aufbauen, indem er seine Bilanzrisiken senkt, Altlasten abbaut und Gewinne einbehält. "Darüber hinaus setzt sich die Bank zum Ziel, die Kernkapitalquote im Laufe des Jahres 2013 und darüber hinaus weiter zu stärken."

Von den einstigen Renditezielen ist die Bank weit entfernt: Die Eigenkapitalrendite habe 6,8 Prozent betragen, hieß es. Im zweiten Quartal 2011 habe diese noch bei 13,9 Prozent gelegen. Der ehemalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hatte vor einigen Jahren eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent zum Ziel erklärt, war aber bereits in der Finanzkrise davon abgerückt.

Libor? War da was?

Unterdessen erhielt Jain Unterstützung von seinem Aufsichtsrat in dem Skandal um den Zinssatz Libor. In einem Brief an die Mitarbeiter bestritten die Aufseher eine Beteiligung des Topmanagements an Manipulationen des Referenzzinssatzes Libor, der im internationalen Finanzgeschäft eine wichtige Rolle spielt.

Nach aktuellem Stand der Untersuchungen sei "kein amtierendes oder früheres Mitglied des Vorstands auf irgendeine unangemessene Weise in die untersuchten Vorgänge um Referenzzinssätze verwickelt".

Vor der Klarstellung hatte es Spekulationen gegeben, ob Jain als früherer Chef-Investmentbanker von den Manipulationen gewusst haben könnte. Behörden in Europa und den USA verdächtigen rund 20 Finanzkonzerne, den Libor von 2005 bis 2011 durch falsche Angaben beeinflusst zu haben.

Die Bank Morgan Stanley schätzt, dass auf die Deutsche Bank infolge von Zivilklagen Kosten von mehr als einer Milliarde Euro zukommen. Die Bank erklärte aber, für den Skandal seien lediglich wenige Mitarbeitern verantwortlich. Wegen der laufenden Ermittlungen wolle sich der Konzern nicht weiter äußern.

An der Börse wurde die Deutsche Bank gefeiert, zeitweise lagen die Titel mit mehr als drei Prozent im Plus.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: