Nach Streikabbruch im Osten:Niederlage wird IG-Metall-Vize Peters angelastet

Aus den Reihen der Gewerkschaft werden Rücktrittsforderungen gegen den vermutlichen Nachfolger von IG-Metall-Chef Klaus Zwickel laut. Er gilt als Hauptverfechter des gescheiterten Streiks für die 35-Stundenwoche in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie.

Bereits am Wochenende deuteten Vertreter mehrerer IG-Metall-Bezirke vorsichtig die Möglichkeit personeller Konsequenzen aus dem Abbruch des Streiks an: "Jede Niederlage hinterlässt Spuren", sagte der Sprecher des IG-Metall-Bezirks Hannover, Jörg Köther, der Bild am Sonntag. Er befürchte, dass nun erneut über Peters als künftigen Gewerkschaftschef diskutiert werde.

Der Sprecher des IG-Metall-Bezirks Küste, Daniel Friedrich, betonte: "Die Kritiker fühlen sich bestätigt. Daher wird es jetzt Stimmen innerhalb und außerhalb der Gewerkschaft geben, die die Position von Jürgen Peters in Frage stellen." Tatsächlich war es vor allem der als Hardliner und Traditionalist geltende Vize, der den Tarifstreit um die 35-Stunden-Woche offensiv angegangen war und den von Anfang an ausgesprochen unpopulären Streik gegen den erklärten Willen Zwickels im Gewerkschaftsvorstand durchgeboxt hatte.

Schon seit längerem ist klar, dass Zwickel im Oktober zurücktreten wird und Peters ihm wahrscheinlich im Amt nachfolgen soll.

Möglicherweise interne Differenzen über Arbeitskampf ausgetragen

Beobachter vermuteten, dass Peters mit einem fulminanten Sieg rechtzeitig vor dem Gewerkschaftstag Mitte Oktober in Hannover alle Zweifel an seiner Qualifikation zum IG-Metall-Vorsitzenden verstummen lassen wollte.

Doch aus dem erhofften spektakulären Erfolg wurde für Peters ein Desaster. Und Zwickel, der seinem Stellvertreter in den vergangenen Jahren zwei Mal in aller Öffentlichkeit unterlegen war, versuchte nicht einmal ansatzweise, die Katastrophe schön zu reden - im Gegenteil: er ließ noch vor der endgültigen Entscheidung der großen Tarifkommission den Streik für beendet erklären.

Dass es um das Verhältnis von Zwickel und Peters nicht zum Besten bestellt ist, gilt schon lange als kein Geheimnis mehr. Zwickel hatte eigentlich den als Reformer geltenden baden-württembergischen Bezirksleiter Berthold Huber für seine Nachfolge favorisiert. Doch Anfang April schaffte es Peters, sich im Vorstand gegen den eigenen Vorsitzenden durchzusetzen.

Schwerste Niederlage in der Geschichte der IG Metall

Die IG Metall musste im Kampf um die 35-Stunden-Woche für die ostdeutschen Metaller eine der schwersten Niederlagen ihrer Geschichte einstecken. Nach abermals gescheiterten Tarifverhandlungen beschloss die größte deutsche Industriegewerkschaft nach vier Streikwochen, ihren umstrittenen Arbeitskampf im Osten abbrechen. "Die bittere Wahrheit ist: Der Streik ist gescheitert", sagte der IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel am Samstag in Berlin.

Die IG Metall war nach eigener Darstellung bereit, sich im Osten auf einen "Zeitkorridor" für die Wochenarbeitszeit zwischen 35 und 40 Stunden einzulassen. Danach sollte es eine Regelarbeitszeit geben, bei der für einzelne Betriebe Abweichungen nach oben und unten möglich gewesen wären. Verhandlungsführer Hasso Düvel, der die Verantwortung für den Arbeitskampf übernahm, sah keine Möglichkeiten mehr, mit Streik gesteigerten Druck auf die Arbeitgeber auszuüben. Eine vergleichbare Niederlage hat es nach Zwickels Worten zuletzt 1954 bei einem Streik in Bayern gegeben, als sie ihr Streikziel verfehlte.

(sueddeutsche.de/AP/dpa)

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