Nach Prämienauszahlung der Techniker Krankenkasse:Krieg der Kassen

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Alles nur Zufall? Die Techniker-Krankenkasse hat angekündigt, Prämienüberschüsse an die Versicherten zurückzuzahlen, ganz nach dem Wunsch von Bundesgesundheitsminister Bahr. Beinahe gleichzeitig stoppte der eine Reform des Finanzausgleichs unter den Krankenkassen. Verlierer wäre die TK gewesen, Gewinner die AOK. Und die droht nun mit einer Klage.

Guido Bohsem, Berlin

Es gibt Dinge im Leben, die bei isolierter Betrachtung völlig harmlos erscheinen - zusammen genommen jedoch plötzlich ein ganz anderes Bild ergeben. So wie im Fall der Techniker-Krankenkasse (TK), die jüngst dem dringenden Wunsch von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) nachkam, überschüssige Prämieneinnahmen an die Versicherten zurückzuzahlen. Beinahe gleichzeitig wies Bahrs Ministerium das Bundesversicherungsamt (BVA) schriftlich an, eine eigentlich geplante Reform des Finanzausgleichs unter den Krankenkassen abzublasen. Von den Änderungen hätten insbesondere die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) profitiert. Verlierer wäre hingegen die TK gewesen.

Zufall? Die AOK und die Knappschaft glauben nicht daran und drohen wegen der ausgefallenen Reform mit einer Klage. Unterstützt werden sie nach Informationen der Süddeutschen Zeitung von der Deutschen BKK, der Bahn PKK und der DAK. In einem gemeinsamen Schreiben an Bahr kritisieren sie, dass das BVA ein "fehlerhaftes Verfahren" bei den Zuweisungen des Gesundheitsfonds an die Kassen wissentlich weiter betreibe.

Hintergrund ist ein Streit darüber, wie viel Geld die Kassen für schwerkranke und alte Patienten in deren letzten Lebensmonaten erhalten. Die ursprünglich vom BVA geplante Reform hätte dazu geführt, dass Kassen mit vielen solchen Fällen zusätzliche Mittel erhalten hätten. Kassen, die vor allem junge und gesunde Versicherte haben, hätten dagegen mit weniger Geld auskommen müssen.

"Gravierende Folgen der Finanzierungsstrukturen"

Weil die Techniker nun Bahrs seit Monaten erhobener Forderung nachkommt, Überschüsse teilweise an die Versicherten auszuschütten, vermuten die anderen Kassen eine Absprache zwischen dem Minister und dem TK-Vorstand. Als Indiz dafür führen sie den Umstand an, dass die Techniker die endgültige Entscheidung über die Prämienrückzahlungen erst Anfang Oktober fällen will. Ende September läuft jedoch die Frist ab, in der das BVA die Regeln des Finanzausgleichs für das kommende Jahr verbindlich festlegen muss.

Die Techniker und das Ministerium bestreiten jede Absprache. "Das ist interessengeleiteter Unsinn, manche möchten einfach überall eine Verschwörungstheorie sehen", sagte TK-Chef Jens Baas der SZ. Dass kein Zusammenhang bestehe, sehe man schon daran, dass für die Prämienzahlungen aktuelle, bereits bestehende Rücklagen genutzt würden, während die "von verschiedenen Kassen erhofften Änderungen am Finanzausgleich das kommende Jahr betroffen hätten". Auch gebe es gute Gründe, jetzt nicht willkürlich einen Einzelaspekt des Finanzausgleichs zu ändern.

Die AOK und ihre Verbündeten gehen hingegen davon aus, dass viele weitere Kassen den Klageweg beschreiten werden. In ihrem Brief an Bahr warnen sie den Minister davor, dass eine gerichtliche Entscheidung dazu führen könnte, dass alle Finanztransfers seit 2009 geändert werden müssten.

"Dies würde gravierende Folgen der Finanzierungsstrukturen der GKV im Anschluss an das Klageverfahren zur Folge haben", so die Kassen. Man bitte den Minister deshalb dringend, seine Position noch einmal zu überdenken.

© SZ vom 22.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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