Nach Pannenserie:Deutsche Bahn feuert Fernverkehrs-Chef Breuel

Die Bahn zieht Konsequenzen aus dem Chaos: Sie entlässt den Herrn der ICE-Flotte, Nikolaus Breuel, wegen schlechten Krisenmanagements.

Michael Bauchmüller und Daniela Kuhr

Nach einer langen Serie von Pannen bei Fernzügen will sich die Deutsche Bahn jetzt vom obersten Herrn ihrer ICE-Flotte, Nikolaus Breuel, trennen. Wie die Süddeutsche Zeitung aus Aufsichtsratskreisen erfuhr, kommen am Freitag die Kontrolleure der Fernverkehrssparte zusammen. Einziger Tagesordnungspunkt: Personalien.

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Wegen defekter Klimaanlagen in ICE-Wagen - wie hier im Juli 2010 - brachen Bahn-Passagiere zusammen und mussten ärztlich versorgt werden.

(Foto: dpa)

Die Ablösung Breuels gilt als sicher. Dem Vernehmen nach ist er schon jetzt von seinem Amt entbunden. Auch zwei der drei weiteren Vorstandsmitglieder der DB Fernverkehr AG müssen gehen. Als Grund wurde Unzufriedenheit mit der Arbeit des Vorstands angegeben. Die Personalien sind der einzige Punkt, der am Freitag auf der Tagesordnung der Aufsichtsratssitzung steht. Als einziges Vorstandsmitglied im Fernverkehr bleibe Wolfgang Heinrichs im Amt, hieß es. Die DB Fernverkehr AG ist eine Tochter der DB Mobility and Logistics AG, in der Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg für den gesamten Personenverkehr der Bahn zuständig ist.

Mit dem Schritt zieht die Bahn offenbar Konsequenzen aus den technischen Schwierigkeiten, mit denen die Hochgeschwindigkeitszüge seit einiger Zeit zu kämpfen haben. Wegen der anhaltenden Probleme beim Austausch von mangelhaften Achsen ist seit Monaten nur ein Teil der ICE-Flotte in Betrieb. Das wiederum führt dazu, dass die Bahn so gut wie ohne jegliche Reserve fahren muss.

Schon kleinste Probleme bei einzelnen Zügen wirken sich deshalb sofort spürbar auf den Fernverkehr aus. Auch der Ausfall von Klimaanlagen im vergangenen Sommer fiel letztlich auf die Fernverkehrssparte zurück. All das hatte dem Image der Sparte stark geschadet. Zusätzlich gilt das Verhältnis zwischen Breuel und dem Bahn-Vorstand als äußerst angespannt. Die Bahn selbst wollte sich am Dienstag dazu nicht äußern.

Vor allem das Verhältnis Breuels zu Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg gilt seit längerem als schwierig. Unter Bahnchef Hartmut Mehdorn war Homburg für den Regionalverkehr und Breuel für den Fernverkehr verantwortlich gewesen. Als Mehdorn im Zuge der Datenaffäre den Konzern verlassen musste, hatte Breuel, Sohn der ehemaligen Treuhand-Chefin Birgit Breuel, sich ernsthafte Hoffnungen auf dessen Nachfolge gemacht und sich schon zeitig in Stellung gebracht.

330 Millionen Euro für die Qualität

Nachdem dann Rüdiger Grube Vorstandschef der Bahn wurde, fiel Breuel in Ungnade. Zwar blieb er weiter Chef des Fernverkehrs; sein Widersacher Homburg aber stieg im vergangenen Jahr zum Personenverkehrsvorstand auf - und damit zu Breuels direktem Vorgesetzten. Die Chemie habe einfach nicht mehr gestimmt, hieß es am Dienstag nur.

Im ersten Halbjahr dieses Jahres hatte der Fernverkehr trotz der diversen Pannen angezogen. Die Zahl der Reisenden war um 1,9 Prozent gestiegen. Hauptgrund für die positive Entwicklung war allerdings in erster Linie die Aschewolke des isländischen Vulkans. Sie allein hatte der Bahn zum Zeitpunkt des Ausbruchs 30 Prozent mehr Fahrgäste beschert, die eigentlich hatten fliegen wollen.

Als Reaktion auf die anhaltenden Probleme hatte die Bahn im September eine Qualitätsoffensive angekündigt. Insgesamt 330 Millionen Euro will sie in den kommenden fünf Jahren für besseren Service und pünktliche Züge ausgeben. Mehr Zugbegleiter und Sicherheitspersonal, eine bessere Technik sowie wetterfeste Bahnstationen und schnellere Informationen sollen helfen, das verloren gegangene Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen.

Die 330 Millionen Euro sollen zusätzlich zu den 41 Milliarden Euro ausgegeben werden, die die Bahn ohnehin schon für Infrastrukturen und neue Züge zu investieren versprochen hatte. Erste spürbare Erleichterungen soll es Ende 2011 geben, wenn die Bahn die ersten von 15 neuen ICE-Zügen einsetzen wird.

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