Nach Grundsatzrede:May zitiert May

World Economic Forum 2017 in Davos, Switzerland - 19 Jan 2017

Großbritanniens Premierministerin Theresa May wiederholte bei ihrer Rede in Davos einfach, was sie vor zwei Tagen in London gesagt hatte, zum Teil wortwörtlich.

(Foto: Laurent Gillieron/EPA/REX/Shutterstock)

Die britische Premierministerin enttäuscht die Wirtschaftselite. Neues erfuhren die Zuhörer nicht, das Pfund verlor an Wert.

Von Bastian Brinkmann, Davos

Besucher rempeln hier schon mal aus Versehen einen Dax-Chef auf dem Bürgersteig an. Oder eine Milliardärin stolpert beinahe über den Rucksack eines anderen Zuschauers. Die Dichte der Reichen und Mächtigen auf dem Weltwirtschaftsforum im Schweizer Bergort ist hoch. Trotzdem ist Davos natürlich nicht das Zentrum der Welt.

So sieht es offenbar auch Theresa May, die Premierministerin Großbritanniens, die in den kommenden Monaten den Brexit verhandeln muss. Nur zwei Tage nach ihrer Grundsatz-Rede trat sie in Davos auf - und wiederholte einfach, was sie in London gesagt hatte, zum Teil wortwörtlich.

May will die Brexit-Abstimmung nicht als Rebellion gegen die Globalisierung verstanden wissen, sondern als das Gegenteil davon. Millionen britischer Wähler hätten dafür gestimmt, "die Welt zu umarmen", sagte sie am Dienstag und am Donnerstag. Großbritannien sei größer als die Grenzen Europas.

Chinas Staatspräsident hatte noch viel Applaus erhalten, obwohl er ein Protektionist ist

Das Davoser Publikum reagierte enttäuscht. Am Tag zuvor hatte es für den US-Vizepräsidenten Joe Biden Standing Ovations für seine Abschiedsrede gegeben, in der er an die transatlantische Wertegemeinschaft appellierte. Auch Chinas Staatspräsident Xi Jinping hatte viel Applaus für seinen Auftritt erhalten, bei dem er sich zu freiem Handel bekannte, auch wenn China selbst auf Protektionismus setzt.

May bekam nur höflichen Applaus. Auch das britische Pfund verlor während ihrer Rede leicht an Wert.

Ebenso war die zweite Hälfte ihrer Rede nur recycelt. May wiederholte die wichtigsten Schlagworte eines Auftritts von Anfang Januar. Die Botschaft: Die neoliberale Ideologie liege daneben, wenn sie fordert, dass die beste Regierung diejenige ist, die die Menschen in Ruhe lässt. Das gelte besonders für Geringverdiener. "Wenn du gerade so über die Runden kommst, brauchst du keine Regierung, die dir aus dem Weg geht", sagte May. Stattdessen möchte sie, dass die Regierung "aktiv" eingreift.

Es klingt für manche zwar immer noch erstaunlich, wenn das die britische Premierministerin und Vorsitzende der Konservativen Partei sagt. Immerhin hat eine von Mays Vorgängerinnen, Margaret Thatcher, den Neoliberalismus in dem Land erst groß gemacht.

Allerdings sagt May bisher nicht, was das konkret bedeuten soll. Auch nicht in Davos.

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