Nach Datenaffären:Mit aller Macht für den Arbeitnehmer

Bundesarbeitsminister Scholz legt ein Gesetz gegen Datenmissbrauch in Unternehmen vor - doch in der Koalition ist der Plan umstritten.

Thomas Öchsner

Nach den Datenskandalen bei Bahn, Telekom und dem Discounter Lidl will Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) Beschäftigte besser schützen. An diesem Freitag legt er ein eigenes Gesetz zum Arbeitnehmer-Datenschutz vor. Danach sollen Betriebe künftig einen unabhängigen Beauftragten für den Datenschutz der Mitarbeiter erhalten.

"Schwer, sich zu wehren"

Scholz bezeichnete den Datenschutz als "eines der drängendsten Bürgerrechtsthemen unserer Zeit". Dies gelte besonders für das Arbeitsverhältnis. Aber selbst wenn ein Mitarbeiter von einem unzulässigen Sammeln und Verwerten von Daten erfahre oder dies sogar offen geschehe, "ist es für den Einzelnen schwer, sich zu wehren, wenn der eigene Arbeitsplatz davon abhängen könnte", sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Nötig seien deshalb "leicht auffindbare und transparente Regelungen in einem Gesetz, die mit wenigen Blicken klar machen, was geht und was nicht". Der Vorstoß von Scholz ist eine Reaktion auf die Gespräche mit unionsgeführten Ministerien, die bislang kein gemeinsames Ergebnis gebracht haben.

In dem Gesetzesentwurf sind enge Grenzen für die Videoüberwachung und das Überwachen von E-Mail- und Telefonverkehr am Arbeitsplatz vorgesehen. Bei Verstößen soll der Arbeitnehmer künftig einen Anspruch auf Schadenersatz wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts haben. Erstmals wird das Fragerecht des Arbeitgebers während der Bewerbungsphase in Paragraphen gefasst.

Keine medizinischen Befunde

Außerdem wird das Verwenden von Bewerberdaten geregelt, die bei einer Internet-Recherche des Arbeitgebers anfallen, von denen die Betroffenen nichts wissen. Scholz sagte, die Arbeitgeber benötigten natürlich Daten über ihre Beschäftigten. Diese seien aber "nach den Grundsätzen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit" zu erheben. "Es wird daher ein generelles Verbot geben, im laufenden Beschäftigungsverhältnis nach medizinischen Befunden zu fragen oder Persönlichkeits- und Gesundheitsprofile anzulegen", kündigte der Minister an.

In der Wirtschaft dürften diese Pläne keine Begeisterung auslösen. Die Arbeitgeberverbände hatten Anfang des Jahres ein eigenständiges Gesetz zum Arbeitnehmer-Datenschutz abgelehnt.Auch in der Koalition von SPD und Union ist umstritten, wie streng der Datenschutz in den Betrieben zu regeln ist. Im Bundeswirtschaftsministerium heißt es: "Es laufen noch Gespräche in der Arbeitsgruppe."

Das von Karl-Theoder zu Guttenberg (CSU) geführte Ressort scheint aber in wichtigen Punkten anderer Meinung zu sein. Dies dürfte auch für den Datenschutzbeauftragten in Firmen gelten, der nach den Plänen von Scholz nur mit Zustimmung des Betriebs- oder Personalrats bestellt oder abberufen werden soll.

Komplexe Materie

Guttenberg hatte genauso wie Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Februar an einem Datenschutzgipfel teilgenommen. Damals kündigten Scholz und Schäuble an, die Regierung wolle die bislang in Urteilen des Bundesarbeitsgerichts oder im Arbeitsrecht verstreuten Regelungen in einem Gesetz zum Arbeitnehmer-Datenschutz bündeln.

Schon damals war aber klar, dass dies wegen der komplexen Materie nicht vor den Wahlen am 27. September fertig wird. Der Entwurf von Scholz wird somit ein Thema für die nächste Bundesregierung sein. Grüne, FDP und Linke hatten eine schnellere Regelung gefordert.

Über ein Datenschutzgesetz speziell für Arbeitnehmer wird bereits seit 20 Jahren diskutiert. Im neuen Bundesdatenschutzgesetz, das seit 1. September gilt, gibt es nur einen Paragraphen zur Erfassung von Daten im Rahmen einer Anstellung, aber keine gesonderten Schutzvorschriften für Beschäftigte.

Mehrere Bespitzelungsskandale hatten den Druck auf die Regierung erhöht. Die Bahn etwa hatte mehrmals die Daten eines Großteils ihrer Mitarbeiter abgleichen lassen, um mögliche Korruptionsfälle in Unternehmen aufzudecken. Die Telekom ließ Telefonverbindungsdaten von eigenen Aufsichtsräten, Betriebsräten und Journalisten ausspähen.

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