Mythos Porsche:Tempo und Kampfgeist, Sieg und Drama

Ruhmreiche Rennboliden: Die Sportwagen aus Zuffenhausen sind für viele Menschen weltweit der Ausweis eines erfolgreichen Lebens.

Jörg Reichle

Ein Porsche war und ist weit mehr als die Summe seiner Teile und die Schönheit seiner Form. Er ist Mythos, Männertraum, ein mechanisches Idealbild, das Generationen überdauert hat. Seinem Besitzer attestiert die mehr oder weniger neidvolle Umwelt bis heute Geschmack, Lebensstil, technischen Verstand und - nicht zuletzt - Erfolg.

Porsche Carrera GT, AP

Der Porsche Carrera GT wurde von 2003 bis 2006 nur 1270-mal gebaut. Er hatte 10 Zylinder, leistete 612 PS und kostete 453.000 Euro.

(Foto: Foto: AP)

Das begann im Grunde schon im März 1950, als die ersten rundlichen Sportwagen auf den Markt kamen, die Modellreihe 356, technisch gesehen noch auf Basis des Käfers und damit nahtlos hervorgegangen aus der Idee der Volksmotorisierung.

Der Motorsport befeuerte den Mythos Porsche

Doch Firmengründer Ferry Porsche wollte von Anfang an mehr: "Meine Idee war immer ein kleiner, leichter Sportwagen, mit dem es gelingt, viel größere Autos hinter sich zu lassen", blickte Porsche später zurück. Da hatte der kleine Sportwagenhersteller in Zuffenhausen längst unzählige Siege auf den Rennpisten eingefahren.

Tempo und Kampfgeist, Sieg und Drama - am Mythos Porsche hatte der Motorsport von Beginn an den größten Anteil. Vielleicht auch, weil in den frühen Jahren nach dem Krieg der siegreiche David Porsche gegen die Goliaths der Sportwagenwelt eine ganz besondere, wenn man so will, saubere Art der nationalen Wiederauferstehung war. Zur Weltmeisterelf von 1954 lieferte Porsche mit seinen silbern glänzenden Rennwagen das Pendant auf der Straße.

Und die Übertragung der Triumphe auf die Produkte funktionierte reibungslos. Als Mitte der 60er Jahre - Porsche hatte sich bereits bis in die Formel 1 vorgewagt - der rundliche 365 vom schlanken und sehnig geformten 911 abgelöst wurde, begann die ruhmreichste Epoche der Markengeschichte, auch wenn das Unternehmen in der Folge manche Krise zu meistern hatte.

Das technische Maximum ihrer Zeit

Schon bei seinem ersten Sporteinsatz, der Rallye Monte Carlo 1965, siegte der Elfer, wie ihn Porsche-Freaks bis heute in Kennerschaft nennen, es folgten Jahr für Jahr weitere, meist stärkere Varianten nach, die immer eine Forderung erfüllten: Sie waren das technische Maximum ihrer Zeit.

Schon 1966 hatte ein 911S immerhin 160 PS zu bieten und lief an die 240 km/h. Dass der luftgekühlte, animierend geräuschvolle Motor dabei nach alter Väter Sitte noch im Heck saß, störte die Fangemeinde nicht, im Gegenteil: wer einen Elfer beherrschte, gehörte am Steuer zu den ganz großen Könnern. Elektronische Fahrwerkskontrollen waren ja noch in weiter Ferne.

Doch selbst die Baureihe 911 schien auf Dauer als Fundament der Marke nicht stark genug. 1970 lief der erste 914 mit Mittelmotor vom Band, eine Gemeinschaftsproduktion mit VW, im Volksmund bald Volks- oder böser auch Maurerporsche genannt.

Zwar kein Ausbund an Faszination, dafür mit Einstiegspreisen ab 12.000 Mark bald ein Verkaufserfolg. Dennoch, zum Mythos Porsche trug am Ende nicht er bei, auch nicht die Vierzylindermodelle 924 und 944 und noch weniger der massige 928, der 1979 mit Achtzylindermotor auf den Markt kam. Der Elfer blieb das Maß aller Dinge, und auf den Rennpisten reihte sich Sieg an Sieg.

Die Frage, ob Porsche unter dem Dach des Volkswagen-Konzerns mit seiner Eigenständigkeit auch die Strahlkraft auf die Fangemeinde und die globale Kundschaft verliert, ist dennoch nicht von vornherein negativ zu beantworten, auch wenn in Zuffenhausen bis zuletzt das Mantra der Unabhängigkeit beschworen wurde.

Die Vorreiterrolle ist weg

Nicht zu übersehen ist nämlich, dass in der Ära Wiedeking zwar viel Geld an den Baureihen verdient wurde, dass die Marke aber gleichzeitig technisch viel von ihrer Vorreiterrolle eingebüßt hat.

So wurden allmählich die Modelle größer und schwerer, fortschrittliche Features wie das Doppelkupplungsgetriebe, das Porsche schon vor Jahrzehnten im Rennwagen einsetzte, brachte die Konkurrenz von VW und Audi viel schneller auf den Markt. Auch in Sachen Leichtbau, im Grunde eine natürliche Domäne des Sportwagenbauers, sind andere, beispielsweise mit Aluminium-Technik, längst enteilt.

Es wäre geradezu ein Wunder, würde nicht VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch darauf dringen, dass Porsche bald mit der Wolfsburger Finanzkraft im Rücken und der Möglichkeit, dort Geld zu sparen, wo es der Kunde nicht merkt, technisch wieder an der Spitze marschiert.

Piëch hat dies einst bei dem Sportwagenhersteller und bei Audi bewiesen. Und dass in Wolfsburg die hohe Schule des Automobilbaus beherrscht wird, zeigt auch der Werdegang der Marken Bentley und Lamborghini. Nie baute man dort bessere Autos als heute.

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