Musikindustrie: Walkman:Nie wieder Bandsalat

Nach 30 Jahren stellt Sony den Kassetten-Walkman ein. Das Ende der Kultmarke bedeutet nicht nur eine Verarmung des Musikkonsums - sondern ist auch ein Zeichen für einen Kulturverfall.

Alexander Mühlauer

Der technische Fortschritt nimmt keine Rücksicht auf Verluste, aber er schafft Erinnerungen. Am Wochenende gab der Elektronikkonzern Sony bekannt, keine weiteren Kassetten-Walkmans zu produzieren. Nach mehr als 30 Jahren stellen die Japaner die Fertigung ein.

Walkman

Das Ende des Sony-Walkmans ist eine Zäsur in der Musikindustrie.

(Foto: Frank Kleefeldt/dpa)

Es mag sentimental klingen, aber es ist wahr: Das Aus des ursprünglichen Walkmans ist eine Zäsur in der Musikkultur, die sich schon länger abzeichnete. Was bleibt, ist die Idee, Musik immer und überall hören zu können. Aber spätestens seit selbst ernannte Hipster mit weißen iPod-Kopfhörern Anfang der Nullerjahre die CD beerdigten, ist der Musikkonsum um drei Dinge ärmer geworden.

Erstens: Der Plattenladen, eine Oase entspannten Stöberns, stirbt aus. Nach einer Kassette, CD oder Schallplatte zu suchen, ist wie in der Zeitung zu blättern und mit dem Papier zu rascheln: ein überraschender Genuss für die Sinne. Und erst das Probehören, das anregende Knistern und Rauschen, ist Hörgeschichte.

Zweitens: Das MP3- oder AAC-Format von digitalen Musikdateien verschluckt ganze Frequenzbereiche. Bässe klingen hohl, die Höhen aufdringlich, oberflächlich, kurz gesagt: sehr schlecht.

Drittens: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis unsere Sprache vor diesem Kulturverfall kapituliert. Das schöne Wort Bandsalat, den Kassetten produzieren konnten, steht nicht mal mehr im Duden. Über die Goldene Schallplatte und das CD-Regal spricht man noch. Wer mag schon eine Goldene Musikdatei? Ein Regal braucht man ja nicht mehr, eher eine zusätzliche Festplatte. Diese sollte sich sowieso jeder zulegen, denn wer kann sich schon vor einem Computerabsturz schützen? Alles ist dann weg - früher hatte man wenigstens nur einen Bandsalat.

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