Münzhändler Hubert Lanz:"Kein Hobby älterer Herren"

Hubert Lanz

Hubert Lanz, 72, Münzhändler in München

(Foto: Lukas Barth)

Hubert Lanz ist Münzhändler wie einst sein Vater. Eigentlich wollte er nur aushelfen - doch er blieb gleich ganz.

Protokoll von Lea Hampel

"Es mag schwer vorstellbar sein, aber es gibt mehr Münzsammler als je zuvor - die Euro-Einführung hat einen Riesenschub gebracht. Zudem ist der Markt international geworden, Auktionen werden übers Internet in die ganze Welt übertragen. Und entgegen dem Klischee ist es kein Hobby älterer Herren. Aus den Ebay-Statistiken weiß ich, dass das Durchschnittsalter meiner Kunden bei 43 Jahren liegt. Und während früher die Ehefrauen eher reserviert gegenüber dem Thema waren, begeistern sie sich öfter, seit der Mann am Bildschirm eine Großaufnahme der Münze von Krösus zeigen kann. Die wenigsten Münzsammler sind übrigens reich. Klar sollte man Geld übrig haben, aber im Schnitt kann man 45 Euro für eine Münze von mir ausgeben.

Die Menschen sammeln das alte Geld aus unterschiedlichsten Gründen. Viele fasziniert es, 2000 Jahre Geschichte in der Hand zu halten, andere nutzen das als Anlagemöglichkeit. Manche konzentrieren sich darauf, Münzen von jedem römischen Herrscher zu haben, andere sammeln nach Motiven. Beliebt sind immer noch Goldmünzen. Kupfer und Nickel gelten eher als Gebrauchsgegenstände.

Natürlich hat sich der Münzhandel verändert, das Internet spielt dabei eine wichtige Rolle, aber eine gute. Es gab in den späten 1990er-Jahren einen Hype. Aber traditionelle Auktionen haben online damals nicht funktioniert. Zum Glück war das im reinen Verkauf anders. Ich habe schon 1999 die ersten Münzen übers Internet verkauft und habe bis heute etwa 400 000 Verkäufe über Ebay gemacht. Außerdem habe ich eine Plattform für Auktionshäuser für hochwertigere Ware gegründet, darüber arbeiten heute etwa 120 Händler. Meine Kunden haben sechs verschiedene Möglichkeiten, zu bieten. Ich habe beispielsweise einen Kunden aus Texas, der noch Angebote per Brief schickt, andere verfolgen Auktionen per Live-Videoschalte. Noch sind Versteigerungen auch ein soziales Ereignis, zu dem manche aus dem Ausland anreisen. Wer sich etwas leisten will, der schaut es sich eben doch gern persönlich an - und misstraut in vielen Fällen dem Internet.

Zu mir kommen die Münzen vor allem aus privaten Sammlungen - erst vor Kurzem hat der Sohn eines jahrzehntelangen Kunden dessen Sammlung zur Besichtigung vorbeigebracht. Immer wieder überschätzen Menschen den Wert einer Sammlung. Erst neulich musste ich einer Dame erklären, dass sie maximal 100 Euro bekommt. Nur wenige Münzhändler haben Numismatik studiert, ich habe einen Doktor in Motorbau gemacht. Aber mein Vater hat nach dem Krieg mit Münzen gehandelt. Seit meinem 23. Lebensjahr habe ich im Geschäft mitgearbeitet - aus 14 Tagen aushelfen sind 49 Jahre geworden.

Ich informiere mich viel aus Büchern, weil man sich nur auskennt, wenn man sich ernsthaft damit beschäftigt. Es gibt viele Menschen, die unsere Arbeit kritisieren. Sie erklären, jede Art von Kulturgut müsste in der Erde bleiben oder an Museen gehen. Das finde ich falsch, denn Sammler bewahren ein Kulturgut, und erst durch ihre Leidenschaft wird es überhaupt dazu. Eine Münze an sich ist ja kein Kulturgut - erst dadurch, dass Menschen es als solches schätzen, wird es das."

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