Münchner Seminare:Sieht leicht aus, ist schwer

Münchner Seminare: Finanz-Professor Jan-Pieter Krahnen: "Es ist ein langer Weg."

Finanz-Professor Jan-Pieter Krahnen: "Es ist ein langer Weg."

(Foto: CESifo)

Warum es so kompliziert ist, Banken ohne Steuergeld zu retten, erklärte der Frankfurter Finanz-Professor Jan-Pieter Krahnen bei den Münchner Seminaren am Ifo-Institut.

Von Harald Freiberger

Jan-Pieter Krahnen schickte seine zentrale Botschaft an diesem heißen Abend im Münchner Ifo-Institut gleich vorweg: "Was zunächst einfach aussieht, wird umso komplizierter, je näher man es betrachtet", sagte der Frankfurter Professor für Kreditwirtschaft und Finanzierung zum Auftakt seines Vortrags. Das scheinbar Einfache ist die Frage, die jeden Steuerzahler betrifft: Wie ist es möglich, Banken bei künftigen Krisen zu retten oder Pleite gehen zu lassen, ohne dass der Staat mit Milliarden helfen muss, so wie es in der Finanzkrise geschehen ist? Oder wie es Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn bei der Vorstellung formulierte: "Die Verluste werden der Gesellschaft übereignet, die Gewinne dagegen gerne privatisiert."

Es gibt in Deutschland wohl wenige Experten, die ein solch profundes Verständnis der komplexen Zusammenhänge haben. Krahnen forscht seit Jahrzehnten über Finanzmärkte, er ist Mitglied der Liikanen-Kommission, die im Auftrag der EU die Banken so zu regulieren versucht, dass Steuerzahler künftig eben nicht mehr für die Risiken der Banker zahlen müssen. Sein Fazit ist ernüchternd: "Es ist schwierig, im Finanzbereich wieder Marktdisziplin einzuführen; vielleicht ist es nie zu schaffen, die Widerstände sind zu groß."

Vom Prinzip her gibt es zwei Möglichkeiten, das systemische Risiko von Banken zu bannen: Man kann von jeder einzelnen verlangen, für die Risiken, die sie eingegangen ist, so viel Eigenkapital vorzuhalten, dass sie die Risiken im Ernstfall selbst tragen kann. Das ist der direkte Weg, den die internationale Bankenregulierung geht, auch "Basel III" genannt. Der andere, indirekte Weg ist es, riskante und unriskante Teile einer Bank voneinander zu trennen und einen Fonds zu bilden, in den Banken einzahlen, um sie mit dem Geld abwickeln zu können. Das ist der Weg, den die EU geht, auch "Bankenunion" genannt.

Über allen Lösungsvorschlägen schwebt ein Problem, das Krahnen so beschreibt: "Die Finanzmärkte sind sehr komplex, und es ist noch zu wenig erforscht, wie sie zusammenwirken." Da ist etwa das, was er die "Bail-out-Erwartung" nennt: Wer der Bank Geld leiht, weiß, dass im Notfall der Staat hilft. Dadurch sinken die Zinskosten für die Banken, was aber zu mehr Risiken für die Banken und damit auch zu mehr systemischen Risiken führt - ein Teufelskreis. Oder ein anderes Beispiel: Das Herauslösen von Risiken der Banken, wie es die Amerikaner mit der "Volker-Regel" versucht haben. "Man kann keine Risiken abschaffen, ohne neue heraufzubeschwören", sagt Krahnen. Mit einzelnen Maßnahmen sei dem Problem nicht beizukommen. Genauso wenig ließen sich schwache Institute abwickeln, ohne dass andere, noch starke dadurch geschädigt würden.

Beispiel "Bail-in", also das angedachte In-Haftung-Nehmen von Anleihegläubigern. Bei einer Bank ist das viel komplizierter als bei einem Industrieunternehmen, da es sich zu einer systemischen Krise ausweiten kann, wenn andere Banken die Anleihen halten. Man müsste also sichere Investoren finden wie Pensionsfonds, die Risiken langfristiger tragen können. Krahnen beschreibt es mit dem Bild eines Gewächshauses, in dem "ein künstliches Klima für Fremdkapital konstruiert" wird.

Und am Ende steht noch ein anderes Problem: der Staat selbst. "Es gehört eine Menge Mut dazu, eine Bank Pleite gehen zulassen", sagt Krahnen. Kein Politiker wolle in den Geschichtsbüchern stehen als der dafür Verantwortliche. Beweis: Als im Frühjahr die relativ kleine Düsseldorfer Hyp in Nöten war, wurde sie sofort vom Sicherungsfonds der Banken aufgefangen. Das aber ist das Gegenteil eines angestrebten "Bail-in", bei dem die Bankgläubiger zahlen. "Es ist ein langer Weg", resümiert Professor Krahnen.

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