Münchner Seminare:Der ideologische Blick

Princeton University Economics Professor Markus Brunnermeie Interview

Der Ökonom Markus Brunnermeier lehrt in Princeton und forscht vor allem zur Finanzstabilität.

(Foto: Christopher Goodney/Bloomberg)

Princeton-Ökonom Brunner­meier spricht bei den Münch­ner Seminaren über den Kampf der Wirtschaftskulturen.

Von Andrea Rexer

Wenn man Ökonomen vorhält, dass ihre Arbeit durch Ideologie gefärbt sein könnte, dann hören sie das nicht gern. Und so ging denn zunächst auch ein verhaltenes Murren durch den großen Saal des Ifo-Instituts, als Princeton-Ökonom Markus Brunnermeier einem Fachpublikum sein neues Buch vorstellte. Im "Kampf der Wirtschaftskulturen", das er gemeinsam mit dem britischen Historiker Harold James und dem französischen Ökonomen Jean-Pierre Landau geschrieben hat, zeigen die drei Europäer auf, welche ideologischen Gräben zwischen der Wirtschaftspolitik von Deutschland, Frankreich und Großbritannien liegen.

"Das fängt schon damit an, dass sich deutsche Ökonomiestudenten am häufigsten in ihren Arbeiten mit falschen Anreizen beschäftigen, während französische Studenten am liebsten Risikoteilung aufgreifen", berichtet Brunnermeier aus der Praxis. Er hat einen Lehrstuhl an der US-Eliteuniversität Princeton inne, zudem ist er Direktor des Bendheim Centre for Finance. Da sein Forschungsschwerpunkt auf der Finanzstabilität liegt, wurden seine Beiträge seit der Finanzkrise international viel beachtet und häufig zitiert. Mit seinem Mentor, dem früheren Fed-Chef Ben Bernanke, erforschte er das Wesen von Blasen an den Finanzmärkten. Und so ist es auch nur folgelogisch, dass er sowohl die Bundesbank berät, als auch als Experte im Rat für systemische Risiken der Europäischen Zentralbank saß. "Als Sohn Bayerns", wie ihn Ifo-Präsident Clemens Fuest willkommen hieß, kennt er sowohl die deutsche als auch die amerikanische Perspektive.

Im Vortrag bei den Münchner Seminaren ging Brunnermeier vor allem auf die Unterschiede zwischen der deutschen und der französischen Wirtschaftspolitik ein. Um nur ein Beispiel zu nennen: Während die Franzosen Flexibilität schätzen würden, seien die Deutschen regelverliebt, führte Brunnermeier an. In der Finanzkrise seien die Unterschiede besonders deutlich zutage getreten: Während die Deutschen auf einen Schuldenschnitt Griechenlands pochten, wollten die Franzosen einen solchen möglichst verhindern.

Es sei wichtig, die Unterschiede klar zu benennen, um sie überwinden zu können, ist sich Brunnermeier sicher. Das gegenseitige Verständnis sei der erste Schritt, um eine gemeinsame wirtschaftspolitische Linie zu finden. Und die sei vor allem in einer Krise wichtig, um schnell einen Ausweg zu finden.

"Die Unterschiede sind nicht in Stein gemeißelt", sagte Brunnermeier. Denn die Ansichten hätten sich im Lauf der Geschichte schon mehrmals völlig geändert. Daher ist er auch optimistisch, dass Europa zu einer gemeinsamen Linie finden könnte.

"Brandmauern" sollen verhindern, dass sich eine Krise ausbreiten kann

Im zweiten Teil seines Vortrags ging Brunnermeier dann auf seine konkreten Lösungsvorschläge ein. In Brüssel bereits diskutiert werden die sogenannten ESBies oder SBBS. Diese Kürzel stehen für eine Bündelung europäischer Staatsanleihen in sichere und weniger sichere Tranchen. Die sicheren sollen künftig die gemeinsamen Schuldenpapiere sein. Die weniger sicheren dagegen sollten weiter separat ausgegeben werden. So werde der Eintritt in eine gemeinsame Haftung vermieden.

Auch mit der Ansteckung von Schuldenkrisen über europäische Grenzen hinweg hat sich Brunnermeier beschäftigt. Hier schlägt er vor, "Brandmauern" einzurichten. Damit ist gemeint, dass in einem Land in der Krise ruhig die Gläubiger herangezogen werden sollten - wie etwa im Falle von Zypern 2013 -, dass dann aber die anderen europäischen Länder aus einem gemeinsamen Topf finanziell unterstützt werden sollten, damit sich die Krise nicht ausbreiten kann.

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