Morgan Stanley vorgeladen:Behörden prüfen Mauschelei bei Facebook-Börsengang

Gefloppter Handelsstart und jetzt Ermittlungen gegen die zuständige Investmentbank: Facebook versorgte Morgan Stanley vor dem Börsengang mit exklusiven Informationen. Die Bank erwartete weniger Gewinn des sozialen Netzwerks, informierte darüber aber nur ausgewählte Großinvestoren. Die Behörden sind alarmiert.

Nicht nur die Technologiebörse Nasdaq hat sich beim Facebook-Börsengang mit ihren Software-Fehlern blamiert. Der Investmentbank, die die Emission des sozialen Netzwerks begleitete, droht Ärger mit amerikanischen Behörden. Sie prüfen, ob Morgan Stanley große Investoren vor dem Börsengang unrechtmäßig bevorzugt hat.

Die Anschuldigung lautet "selektive Weitergabe von Information". Ein Analyst soll in einem Bericht die Gewinnprognose für Facebook deutlich gesenkt haben - mitten in der Roadshow, auf der Mark Zuckerberg um Aktienkäufer buhlte. Das allein wäre noch kein Vergehen - die Information soll Morgan Stanley aber nur mit einigen großen Investoren geteilt und den kleineren verheimlicht haben. Dieser Wissensvorsprung hätte den großen Anlegern einen Vorteil beim Börsenstart verschafft.

Der Bundesstaat Massachusetts kündigte eine Untersuchung an. Eine entsprechende Vorladung sei Morgan Stanley zugestellt worden. Auch die staatliche Regulierungsbehörde SEC könnte Ermittlungen gegen Morgan Stanley einleiten, sagte der Vorsitzende der Financial Industry Regulatory Authority (Finra), Richard Ketchum. Seine Organisation gehört zur Finanzindustrie und wurde zur Selbstkontrolle eingerichtet. Allerdings spricht er nicht für die SEC. Diese hat bisher nur bestätigt, sich mit dem Börsengang zu beschäftigen, ohne Details zu nennen. Ihre Chefin Mary Schapiro sagte lediglich allgemein: "Es gibt einige Probleme, die wir uns anschauen müssen, vor allem im Zusammenhang mit Facebook."

Die Investmentbanken, neben Morgan Stanley auch Goldman Sachs und andere, waren von Facebook als sogenannte underwriter engagiert worden: Sie sollten vor dem Börsengang Käufer für die Aktien finden. In dieser Funktion hatten sie privilegierten Zugang zu Informationen von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und seinem Finanzchef David Ebersman. Morgan Stanley war der Haupt-underwriter.

Das Unternehmen hatte zwar in seinem überarbeiteten Börsenprospekt vom 9. Mai die Öffentlichkeit informiert, dass es noch kein lukratives Anzeigenkonzept für den schnell wachsenden Markt der Smartphones eingerichtet habe. Allerdings sprach die Firma keine öffentliche Warnung aus, dass sich die Einnahmen dadurch vermindern würden. Damals hieß es lediglich: "Derzeit erzeugen wir keinerlei nennenswerten Umsatz mit Facebooks mobilen Produkten." Bei Änderungen der Gewinnerwartungen sind Unternehmen verpflichtet, dies öffentlich zu machen, indem sie den Börsenprospekt aktualisieren, damit es alle potentiellen Investoren mitbekommen können. Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert ungenannte Mitarbeiter der Banken: Das Unternehmen selbst habe die Banken gedrängt, ihre Prognosen zu senken. "Facebook hat die Zahlen geändert. Sie haben ihr Geschäft falsch vorausgesagt", zitiert Reuters den Mitarbeiter einer der Banken.

Ein anderer Vorgang irritiert in Zusammenhang mit der Absenkung der Prognose. Obwohl die Investmentbanken davon wussten, erhöhten sie in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen die Zahl der ausgegeben Aktien und hoben gleichzeitig die erwartete Preisspanne an - von zunächst 28 bis 35 Dollar auf 34 bis 38 Dollar. Zu viele Aktien und zu hohe Preise gelten aber als Gründe dafür, dass der Aktienkurs seit dem Börsenstart dramatisch absackt, weil die Nachfrage einfach zu gering ist. Am Donnerstagabend schloss das Papier nochmals neun Prozent schwächer als am Vortag. Mit 31 Dollar lag der Kurs sieben Dollar unter Ausgabekurs.

Morgan Stanley antwortete auf die Vorwürfe: "Morgan Stanley hat dieselben Prozeduren angewandt, die es bei allen Börsengängen anwendet. Die Prozeduren sind im Einklang mit allen geltenden Regeln."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: