Monsanto und Bayer:Bei Bayer und Monsanto reden auf beiden Seiten dieselben Investoren mit

Monsanto und Bayer: Wer sind die wahren Strippenzieher hinter dem Bayer-Monsanto-Deal?

Wer sind die wahren Strippenzieher hinter dem Bayer-Monsanto-Deal?

  • An Monsanto und Bayer sind dieselben Investoren im großen Stil beteiligt: Blackrock etwa ist mit sieben Prozent Anteil der größte Aktionär bei Bayer - und mit 5,75 Prozent die Nummer zwei bei Monsanto.
  • Dass die Großaktionäre die einzig wahren Entscheider hinter dem Deal sind, ist übertrieben. Doch es gibt Hinweise, dass gemeinsame Eigentümer die Arbeit von Unternehmen beeinflussen.

Von Kathrin Werner, New York

Die Geschichte der Übernahme von Monsanto durch Bayer lässt sich auf verschiedene Arten erzählen. Zum Beispiel so: Die guten Deutschen, die der Welt Aspirin schenkten, kaufen die bösen Amerikaner, die der Welt Gift und Gentechnik brachten. Oder man erzählt die Geschichte anders: Mit dem Chemie- und Pharmakonzern aus Leverkusen und dem amerikanischen Saatgut-Spezialisten gehen Unternehmen zusammen, die nur auf den ersten Blick selbständig sind. In Wirklichkeit gehören sie schon jetzt weitgehend denselben amerikanischen Finanzinvestoren.

Für die zweite Version gibt es Indizien: Blackrock ist mit einem Anteil von sieben Prozent der größte Aktionär bei Bayer - und mit 5,75 Prozent die Nummer zwei bei Monsanto. Vanguard ist der größte Aktionär bei Monsanto - und die Nummer vier bei Bayer. Die Capital Group steht bei beiden an dritter Stelle.

Sind diese Finanzinvestoren die wahren Strippenzieher hinter dem Bayer-Monsanto-Deal? "Vordergründig verhandeln natürlich die Vorstände", sagt der Fondsmanager Dirk Müller, den viele als "Mr Dax" aus dem Fernsehen kennen. Tatsächlich seien die Vorstände nichts anderes als die bestbezahlten Mitarbeiter, die Entscheider seien Aktionäre wie Blackrock. "Man kann sagen, eigentlich verhandeln die Aktionäre auf beiden Seiten, die Eigentümer auf beiden Seiten, mit sich selbst."

Die Verflechtungen der Großaktionäre sind auch der Monopolkommission aufgefallen. Sie machten den Fall interessant, sagte Achim Wambach, der Vorsitzende des Expertengremiums. "Insofern schließen sich hier Unternehmen zusammen, die eh zum Teil denselben Leuten gehören." Darauf sollten die Kartellbehörden bei der Prüfung der Übernahme ein Auge werfen. Die Monopolkommission berät die Politik in Wettbewerbsfragen, entscheidet aber nicht über Fusionen.

Dass Großaktionäre die einzig wahren Entscheider hinter dem Deal sind, ist allerdings übertrieben. "Das wäre auch ein großes rechtliches Problem", sagt Zacharias Sautner, Professor an der Frankfurt School of Finance & Management. Denn die Entscheidungen über Fusionen müssen die Vorstände treffen, im Interesse der Unternehmen und der Gesamtheit der Aktionäre, nicht im Interesse der Großinvestoren, die an beiden beteiligt sind.

Eigentlich dürfen selbst die wichtigsten Aktionäre gar nichts davon wissen, wenn Bayer überlegt, Monsanto zu kaufen. Bevor ein Deal verkündet wird, darf das Management einzelne Aktionäre nicht informieren und nicht nach ihrer Meinung fragen - das verbieten die Gesetze zum Insiderhandel. Schließlich hätten sonst einzelne Anleger einen Vorteil gegenüber anderen, denn nach der Verkündung einer Übernahme verändern sich die Aktienkurse stets extrem.

Wenn es doch einmal Andeutungen gibt, lassen die sich schwer nachweisen. Es wird keine E-Mails geben, in denen Blackrock dem Bayer-Chef Werner Baumann vorschreibt, wie viele Milliarden er für Monsanto zu bieten hat, oder in denen Blackrock Monsanto-Chef Hugh Grant befielt, das 66 Milliarden Dollar schwere Angebot anzunehmen. "Wenn so etwas passiert, ist es sehr viel subtiler", sagt Sautner.

Gemeinsame Eigentümer? "Die Unternehmen machen sich weniger Wettbewerb"

Doch es gibt Hinweise, dass es durchaus etwas bedeutet, dass Monsanto und Bayer gemeinsame Eigentümer haben. "Common Ownership" nennt die Wissenschaft das Phänomen, das inzwischen häufiger auftritt, weil Vermögensverwalter wie Blackrock immer größer werden und deshalb an immer mehr Unternehmen Anteile halten.

Es hat sich gezeigt, dass sich Fluggesellschaften weniger Konkurrenz machen, wenn die gleichen Finanzinvestoren an ihnen beteiligt sind. Es gibt dann weniger Preiskämpfe, die der Gewinnmarge und damit dem Finanzinvestor schaden, egal, wer den Preiskampf gewinnt - für die Verbraucher steigen deshalb die Kosten. "Die Unternehmen machen sich weniger Wettbewerb", sagt Sautner. "Und die extremste Art, sich weniger Wettbewerb zu machen, ist ein Zusammenschluss."

Die Ergebnisse aus dem Airline-Markt ließen sich daher mit der Monsanto-Übernahme vergleichen, die womöglich den gemeinsamen Eigentümern hilft, aber dem Wettbewerb schadet. Sautner erwartet, dass sich Kartellbehörden nun mit Eigentümerstrukturen von Firmen beschäftigen, was bislang nicht in ihrem Fokus stand.

Woran es genau liegt, dass sich Konzerne mit gemeinsamen Großaktionären weniger Konkurrenz machen, ist nicht ganz klar. Zum Teil dürfte es vorauseilender Gehorsam der Vorstände sein, die wissen, welche Entscheidungen im Interesse ihrer gemeinsamen Anteilseigner sind. Zum Teil könnte es auch sein, dass Aktionäre im Verborgenen auf die offiziellen Entscheider einwirken.

So hart, wie man wegen der Insider-Gesetze denkt, ist die Trennung zwischen Unternehmen und Aktionären jedenfalls nicht, sagt Sautner. Der Finanz-Professor hat in einer Studie unter großen Investmentfonds festgestellt, dass 63 Prozent der Fonds-Vertreter direkt mit dem Management über wichtige Unternehmensthemen sprechen, 45 Prozent diskutieren sogar mit Aufsichtsräten, ohne dass ein Vorstand dabei war. Die Finanzinvestoren haben also genug Gelegenheit, im Geheimen klarzumachen, was sie wollen.

Ganz offiziell werden die Gespräche, sobald Übernahmepläne verkündet worden sind. Schon nachdem Bayer-Chef Baumann im Mai zum ersten Mal gesagt hatte, dass er Monsanto gern für sich hätte, ist er auf eine sogenannte Roadshow zu seinen Investoren nach London, Frankfurt und New York gefahren. Schließlich sind noch längst nicht alle von der 66 Milliarden Dollar teuren Idee begeistert. Gerade tröstete Baumann diejenigen, die sich davor fürchten, mit neuen Renditezielen.

"Für die mittelfristige Entwicklung von Bayer sind wir optimistisch und haben uns entsprechend ambitionierte Ziele gesetzt", sagte er am Dienstag auf einer Investorenkonferenz in Köln. Er strebe in allen Bereichen weitere Umsatz- und Ergebniszuwächse an, die im Geschäft mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln besonders hoch ausfallen sollen. Nach deutschem Aktienrecht müssen die Bayer-Investoren nicht über den Monsanto-Milliardendeal abstimmen. Und von den Großinvestoren hat sich offiziell bislang keiner zu den Übernahmeplänen geäußert.

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