Möglicher Blackberry-Verkauf an Facebook:Ungleiches Paar

Blackberry Facebook

Blackberry sucht einen Käufer

(Foto: Bloomberg)

Seit sich der kriselnde Handy-Hersteller Blackberry zum Verkauf angeboten hat, signalisieren die unterschiedlichsten Unternehmen Interesse. Nun gab es auch ein Treffen mit Facebook-Managern. Kann das gut gehen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Varinia Bernau und Mirjam Hauck

Nein, versicherte Mark Zuckerberg, der Gründer von Facebook, immer wieder: "Wir werden kein eigenes Handy bauen." Sollen die anderen das doch machen: Google, Microsoft und natürlich Apple. Sie alle basteln an eigenen Handys. Zuckerberg bislang nicht. Das Unternehmen sei, erklärt er, nicht daran interessiert, ein Mobiltelefon, das sich vielleicht eine Million mal verkaufe, auf den Markt zu bringen, wenn das soziale Netzwerk doch mehr als eine Milliarde Mitglieder habe.

Doch das könnte sich möglicherweise ändern. Denn Facebook ist der neueste Kandidat, von dem sich der kriselnde Handy-Hersteller Blackberry eine Rettung verspricht. In der vergangenen Woche sind Vertreter von Blackberry nach Kalifornien geflogen, um auszuloten, ob das Internetunternehmen an einer Übernahme interessiert ist, berichtet das Wall Street Journal.

Facebook und Blackberry: Das klingt spannend. Aber ist solch ein Deal tatsächlich sinnvoll? Antworten auf die wichtigsten Fragen zu einem ungleichen Paar.

Warum interessieren sich Software-Unternehmen für Handys?

Das Geschäft mit der Software gilt als deutlich lukrativer als das mit der Hardware. Und auch Handys sind Hardware. Bei der Herstellung von Mobiltelefonen und Smartphones fallen hohe Kosten für Material und Fertigung an - bei einem Internetdienst wie dem sozialen Netzwerk Facebook dagegen nicht. Der Siegeszug des iPhone aber hat gezeigt, dass ein Smartphone dann besonders erfolgreich ist, wenn Soft- und Hardware von einem Hersteller kommen. Das hat selbst Microsoft inzwischen erkannt und ein sieben Milliarden Dollar schweres Angebot für die Handy-Sparte von Nokia vorgelegt. Vor zwei Jahren hat sich der Internetkonzern Google bereits für 12,5 Milliarden Dollar die Mobilfunk-Sparte von Motorola gesichert. Google hatte es vor allem auf die Patente des Handy-Pioniers abgesehen. Denn der Internetkonzern hat mit Android ein eigenes Betriebssystem für Smartphones entwickelt und war damit ins Visier von Apple und Microsoft geraten. Google gewann zwar einige Patentklagen. Viele Patente muss Google aber, so die Ansicht der Gerichte, seinen Konkurrenten zu fairen Konditionen überlassen.

Warum könnte Blackberry für Facebook interessant sein?

Auch Facebook verfügt, wie einst Google, nicht über sonderlich viele Patente. Der Handy-Pionier Blackberry hingegen besitzt eine Vielzahl von Schutzrechten, mit denen sich Facebook für zukünftige Schlachten rüsten könnte. Entscheidender dürfte für Facebook aber sein, dass sich immer mehr Mitglieder des sozialen Netzwerkes auch per Smartphone einklinken. Fast die Hälfte seines Umsatzes erzielt das soziale Netzwerk mittlerweile durch die Werbung auf mobilen Geräten. Von den 1,1, Milliarden Menschen, die den Dienst nutzen, kommen 700 Millionen Menschen über das Smartphone. Bislang ist Facebook hier beim Vertrieb der Software und der Sammlung von Nutzerdaten abhängig von Geräteherstellern wie Apple oder Samsung. Das könnte sich mit einem eigenen Facebook-Smartphone ändern.

Aber gibt es nicht längst schon ein Facebook-Handy?

Im April dieses Jahres präsentierte Zuckerberg Facebook Home. Das ist eine App, die sich nach der Installation als neue Oberfläche auf einem Smartphone einrichten lässt und das gesamte Facebook-Universum wie Newsfeed, Fotos oder die Statusmeldungen von Freunden abbildet. In der neuesten Version von Facebook Home werden auch Internetdienste wie Flickr, Instagram und Tumblr eingebunden. Zusätzlich präsentierte Zuckerberg gemeinsam mit dem taiwanischen Hersteller HTC das Smartphone First, auf dem Home bereits vorinstalliert ist. Die Strategie ist klar: Facebook soll mithilfe von Home auf dem Startbildschirm möglichst vieler Smartphones verankert und somit zum Startpunkt für das mobile Internet werden. Je mehr Menschen Facebook in sein Universum lockt, desto besser kann das Unternehmen die Anzeigen verkaufen. Ein halbes Jahr, nachdem Zuckerberg dies vollmundig angekündigt hat, zeigt sich aber, dass Facebook Home kein Erfolg ist. Das HTC First verschwand bereits kurz nach der Vorstellung wieder vom Markt. Die Downloadzahlen von Home blieben hinter den Erwartungen zurück. Die Eroberung dieses neuen Marktes laufe erheblich langsamer als erwartet, gab Zuckerberg jüngst zu. Das dürfte auch an den Sicherheitsbedenken vieler Menschen liegen. Nach Auffassung von Datenschützern hat Facebook mit Home durchaus die Möglichkeit, das Verhalten seiner Mitglieder auszuspionieren.

Was ist Blackberry eigentlich noch wert?

Für Blackberry liegt ein vorläufiges Angebot des größten Aktionärs Fairfax Financial vor. Die ebenfalls aus Kanada stammende Firma bietet 4,7 Milliarden Dollar. Wie viel Blackberry und seine einzelnen Bereiche wert sind, ist umstritten - die Schätzungen dazu schwanken. Die Handy-Sparte ist Analysten zufolge überhaupt nichts mehr wert, die Firma habe mit ihren Geräten den Anschluss an Apple und Samsung endgültig verloren. Deutlich mehr dürfte die Instant-Messaging-App Blackberry Messenger (BBM) einbringen. Die App, die auch auf iPhones sowie auf den von Googles Software Android angetriebenen Smartphones läuft, nutzen mittlerweile 80 Millionen Menschen. Sie soll 1,2 Milliarden Dollar wert sein. Es gab bereits Gerüchte, dass Google diese App für eine Milliarde Dollar kaufen wollte. Recht wertvoll sind zudem die mehrere Tausend Patente, die Blackberry hält. Die Schutzrechte könnten zwischen einer Milliarde und fünf Milliarden Dollar einbringen, schätzen Experten. Nicht zu unterschätzen sind zudem die Bargeldreserven: 2,8 Milliarden Dollar hat Blackberry auf der Bank.

Warum tut sich Blackberry so schwer, einen Käufer zu finden?

Die Marke Blackberry hat ihren Glanz verloren. Zwar haben sich dem Vernehmen auch Cisco, Google oder Lenovo für den Handy-Hersteller interessiert. Doch auch sie dürften es allenfalls auf Teile des Unternehmens abgesehen haben. Hinzu kommt, dass eine Übernahme von Blackberry auch politisch heikel ist: Die kanadische Regierung steht ausländischen Investoren skeptisch gegenüber - und hat Firmenübernahmen per Gesetz erschwert.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: