Mögliche Kehrtwende in der Steuerpolitik:Schweizer Experten empfehlen Ende des Bankgeheimnisses

Lesezeit: 2 min

Die Schweiz als Tresor für unversteuertes Geld aus aller Welt - damit könnte es bald endgültig vorbei sein. Eine Expertenkommission empfiehlt der Regierung die Kehrtwende, die Abschaffung des Bankgeheimnisses, wie der "Tagesanzeiger" berichtet. Noch im Laufe des Freitags könnte Finanzministerin Widmer-Schlumpf im Bundesrat einen entsprechenden Antrag einreichen.

Keine Geheimnisse mehr. Die Schweiz steht womöglich vor einer Revolution, zumindest wenn es um ausländisches Geld geht: das Bankgeheimnis könnte endgültig fallen. Eine von der Regierung eingesetzte Expertenkommission empfiehlt eine neue Finanzplatzstrategie: weg von der Abgeltungssteuer, bei der ausländische Kontoinhaber gegen eine Pauschalzahlung anonym bleiben, hin zum automatischen Informationsaustausch (AIA). Der soll Kontobesitzer für andere Staaten transparent machen, besonders die großen EU-Staaten drängen darauf. Von der Empfehlung berichtet der Schweizer Tagesanzeiger unter Berufung auf ein Strategiepapier, das die Expertenkommission erstellt hat. Geleitet wird sie von Aymo Brunetti, dem ehemaligen Chefökonomen am Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft.

In den vergangenen Monaten hatte das 13-köpfige Gremium an einer neuen Strategie für den Finanzplatz Schweiz gearbeitet. In dieser Zeit hatte der Druck aus dem Ausland, das Bankgeheimnis aufzugeben, immer weiter zugenommen. Ergebnis der Beratungen: Die Experten halten die Abgeltungssteuer zwar weiterhin für das effizientere Instrument, doch international gehe der Trend in Richtung AIA. Die Schweiz könne sich dieser Entwicklung nicht verschließen, zitiert der Tagesanzeiger aus dem Bericht. Das würde das Ende des traditionell von der Schweiz stark geschützten Bankgeheimnisses bedeuten.

Sowohl EU als auch die USA machen auf praktisch alle Steueroasen außerhalb ihrer Grenzen Druck (US-Bundesstaaten mit Niedrigsteuern und britische Überseegebiete werden eher geschont). Die EU-Staaten wollen mit Drittstaaten wie der Schweiz, Liechtenstein und Monaco Abkommen über die vollständige Aufhebung des Bankgeheimnis aushandeln. Vor den USA ist zumindest die Schweizer Regierung eingeknickt und hat einem Steuerdeal zugestimmt. Er sieht vor, dass die USA umfangreiche Informationen über Bankkontakte erhalten und sich Schweizer Banken bei den Vereinigten Staaten von Strafverfolgung "freikaufen" können. Noch ist die Gesetzesänderung aber nicht vom Parlament verabschiedet.

Die Empfehlung der Experten an den Bundesrat sieht nun vor, bei der Festlegung der neuen Strategie einen Schritt weiterzugehen als der aktuell geltende internationale Standard, berichtet der Tagesanzeiger. So könne nachhaltig Akzeptanz für den Finanzplatz und mehr Rechtssicherheit erreicht werden. Die etwas sperrige Devise: "Aktiv ein weltweit gültiges Fiskalregime mitgestalten."

Fünf konkrete Punkte schlagen die Experten, den Informationen des Tagesanzeigers zufolge, hierzu vor:

  • Der automatische Informationsaustausch wird als internationaler Standard akzeptiert, um sicherzustellen, dass keine unversteuerten Gelder mehr auf Schweizer Konten liegen. Die Abgeltungssteuer soll nicht mehr aktiv angeboten werden.
  • Im Rahmen der OECD soll sich die Schweiz aktiv an der Entwicklung des internationalen AIA-Standards beteiligen.
  • Die Direktiven des OECD-Global Forums sollen bis zum Herbst umgesetzt werden - nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch bei Steuerhinterziehung ist Amtshilfe zu leisten (mehr zu dieser Unterscheidung hier).
  • Sollte es bei der "Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente" (MiFiD II) zu einer einvernehmlichen Lösung mit der EU kommen, soll die Schweiz bei der Neuverhandlung zur Zinsbesteuerung von sich aus den automatischen Informationsaustausch anbieten.

Laut Tagesanzeiger wird erwartet, dass die Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf noch im Lauf des Freitags einen Antrag im Bundesrat einreicht, in dem sie die Änderung der Finanzplatzstrategie vorschlägt.

© Süddeutsche.de/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Fakten zu Steueroasen
:Wo Offshore-Kunden aus Deutschland wohnen

Aus welchen Länder kommen die geheimen Daten? Wie ist der Schaden durch Steuertrickser? Zahlen und Fakten zu Offshore-Leaks.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: