Mögliche Hilfe für Geldhaus:Commerzbank verhandelt über Staatsgeld - oder doch nicht?

Die Commerzbank wird den Staat angeblich nicht los: Schon nach der Lehman-Pleite musste sie sich mit Finanzspritzen retten lassen. Einen Teil der Hilfen zahlte sie zwar zurück, doch nun sollen wieder Milliarden fehlen. Die Verhandlungen mit der Regierung laufen angeblich wieder auf Hochtouren - doch aus der Bank wird abgewunken: Dies sei nur ein "Notfallplan".

Die Bundesregierung wird möglicherweise die Commerzbank erneut mit einer Milliardenspritze retten. Beide Seiten berieten bereits in intensiven Gesprächen über die Möglichkeit erneuter Staatshilfen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Die Verhandlungsführer machen demnach Tempo. Eine Grundsatzeinigung werde noch vor Weihnachten angestrebt, sagten mehrere Insider, die mit den Gesprächen zu tun haben.

Commerzbank

Dieses Logo einer Commerzbank-Filiale in Stuttgart wurde durch eine Baustelle beschädigt. Auch in der Bilanz der Bank gibt es Löcher zu stopfen.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Ein Commerzbank-Sprecher verwies auf Äußerungen von Finanzchef Eric Strutz. Der hatte vergangene Woche gesagt: "Wir haben weiterhin nicht vor, zusätzliche öffentliche Mittel in Anspruch zu nehmen."

Inzwischen hieß es, die Commerzbank strebe weiter eine Deckung ihres Kapitalbedarfes ohne Inanspruchnahme von Staatshilfen an. "Die Commerzbank soll im ersten Halbjahr 2012 so viel Kapital am Markt aufnehmen wie möglich, und dann sehen wir weiter", erfuhr die Nachrichtenagentur Dow Jones aus Regierungskreisen.

Aus Aufsichtskreisen verlautete, dass die Regierung frisches Kapital einschieße, sei ein "Notfallplan", und die Bank und die Regierung befänden sich in ständigen Gesprächen über die Rekapitalisierung der Bank. Im Moment werde bei Gesprächen über das Thema keine prinzipielle Einigung bis Weihnachten angestrebt.

Die Commerzbank ist Deutschlands Sorgenkind Nummer eins unter den Banken. Vergangene Woche hatte ein Stresstest der europäischen Bankenaufsicht Eba ergeben, dass der Bank Kapital in Höhe von mehr als fünf Milliarden Euro fehlt. Das Pikante: Ihr Chef Martin Blessing hat erneute Staatshilfe für sein Haus bisher vehement abgelehnt.

Die zweitgrößte deutsche Bank wird den Staat also wohl nicht los: Sie hatte bereits Ende 2008 und Anfang 2009 Kapitalspritzen von insgesamt 18,2 Milliarden Euro erhalten. Mehr als 14 Milliarden davon hatte sie im Sommer zwar zurückgezahlt. Der Bund hält aber weiterhin Anteile der Bank. Nun sieht es so aus, als könnte der Staat erneut Milliarden in das Unternehmen stecken und dafür im Gegenzug weitere Anteile übernehmen. Möglicherweise könnte die Bank anschließend mehrheitlich in Staatshand sein.

Die Aktie des Instituts hatte vor Bekanntwerden der Gerüchte bereits massiv nachgegeben. Im Deutschen Aktienindex Dax war die Commerzbank mit einem Abschlag von mehr als sieben Prozent der größte Verlierer des Tages. Die zweite deutsche Großbank, die Deutsche Bank, verlor 5,5 Prozent.

In Berliner Regierungskreisen hieß es, die Wiedereröffnung des Bankenrettungsfonds Soffin solle sich auf systemrelevante Geldhäuser beschränken - dazu dürfte die Commerzbank als zweitgrößtes deutsches Institut zählen. Über einen Zusammenhang zwischen der Soffin-Neuauflage und der Schwäche der Commerzbank hatte es bereits vergangene Woche Spekulationen gegeben.

Noch nicht abschließend geklärt sei, ob die Finanzaufsicht Bafin künftig die Möglichkeit erhalten solle, Banken auch gegen ihren Willen zu einer Antragsstellung beim Soffin zu zwingen. "Darüber wird noch auf Ministerebene gesprochen", hieß es in den Kreisen.

Allerdings plant die Bundesregierung nach Angaben aus Regierungskreisen, die Wiederauflage des Soffin bis Ende des kommenden Jahres zu befristen.

Die Bundesregierung will möglichst am Mittwoch einen Kabinettsbeschluss zur Wiederbelebung des Soffin fassen, der Ende 2010 seine Tore für neue Hilfsfälle geschlossen hatte. Hintergrund sind die erhöhten Eigenkapitalanforderungen der europäischen Bankenaufsichtsbehörde Eba an systemrelevante Geldhäuser in der Europäischen Union wegen der Schuldenkrise. In Koalitionskreisen hieß es, zur Beschleunigung der Gesetzgebung werde auch erwogen, das Soffin-II-Gesetz parallel über die Koalitionsfraktionen in den Bundestag einzubringen.

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