Modeindustrie :Verfluchte Klamotten

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Ein Geschäft von American Apparel in New York. (Foto: Justin Lane/dpa)

Es geht schon lange bergab - jetzt hat die Modefirma American Apparel bereits zum zweiten Mal Insolvenz angemeldet. Diesmal wohl endgültig.

Von Elisabeth Dostert, New York

Der Mann ist ein böser Fluch. Das ehemalige amerikanische Hipster-Modelabel American Apparel kann nicht mit, aber auch nicht ohne seinen Gründer Dov Charney, 47. Während er in einer Fabrik in Los Angeles schon T-Shirts für seine neue, noch namenlose Marke nähen lässt, hat seine alte Firma zum zweiten Mal binnen eines Jahres Insolvenz angemeldet. Als hätte er das nahende Ende geahnt, ließ sich Charney im September in einem ausführlich Porträt des US-Online- Magazins The Business of Fashion mit den Sätzen zitieren: "Die Firma ist tot. Verloren. Sie kommt nie zurück. Sie wird nicht auferstehen. Es gibt kein Happy-End. Sie haben sie zerstört."

Das ist so. Am Montag stellte American Apparel bei einem Gericht im US-Bundesstaat Delaware einen Antrag auf Gläubigerschutz. Der Ausverkauf hat schon begonnen. Der kanadische Wäschehersteller Gildan Activewear will für rund 66 Millionen Dollar die Markenrechte kaufen. Läden werde man nicht übernehmen, teilte das börsennotierte Unternehmen mit. Ganz sicher ist die Sache noch nicht. Sollte das Insolvenzgericht für die restlichen Vermögensteile von American Apparel eine Versteigerung anordnen, wäre das Angebot von Gildan nur das Eröffnungsgebot.

Es gibt für die Schieflage von American Apparel viele Gründe. Der Konkurrenzkampf im Handel ist einer. Darunter leiden viele Marken. In den vergangenen zwei Jahren hat gut ein Dutzend US-Marken Insolvenz angemeldet, darunter Aeropostale, Quiksilver und Pacific Sunwear of California. Immer mehr Menschen kaufen online ein und meiden Läden. Und anders als viele Konkurrenten wie Abercrombie & Fitch oder H&M produziert American Apparel in den USA. Das alles hat belastet, aber die größte Last für das einstige Kult-Label ist Dov Charney. Er gründete das Unternehmen 1997 und brachte es mit Skandalen und oft obszönen Sprüchen in die Schlagzeilen. Er selbst nannte sich "Bad Daddy". In einem Interview sagte er einmal: "Ich bin ein dreckiger Typ, aber die Leute mögen das." Am Ende stürzte Dov Charney über sich selbst. Im Herbst 2014, nach einer Vielzahl von Klagen wegen sexueller Belästigung, entledigte sich die Firma seiner. Das ließ er sich nicht gefallen. Er überzog die Firma mit Klagen und forderte 40 Millionen Dollar Entschädigung.

Im Oktober 2015 beantragte American Apparel zum ersten Mal Insolvenz. Ehemalige Anleihegläubiger unter Führung von Monarch Alternative Capital übernahmen sie dann. Die Wende schafften aber auch die neuen Eigentümer und die neue Vorstandschefin Paula Schneider nicht. Sie gab im September ihren Posten auf. Dov Charney lässt sich indessen wieder breit lächelnd im blütenweißen T-Shirt in seiner Textilfabrik in Kalifornien fotografieren. Er hat wieder große Pläne. Im Porträt des Online-Magazins redet er über die Vergangenheit. Den Namen American Apparel nimmt er nicht in den Mund. Er redet nicht über Tote.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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