Mobilität:"Bürokratischer Haufen"

Der BMW-Betriebsrat will von seiner Führungsriege um Konzernchef Harald Krüger mehr Tempo sehen. Betriebsratschef Manfred Schoch findet dazu in einer Automobilzeitschrift deutliche Worte.

Von Thomas Fromm

Dass Betriebsräte ihr Management kritisieren, ist normal. Man könnte sagen: Dafür werden sie gewählt, bezahlt, freigestellt. Ungewöhnlich aber ist, wenn es ausgerechnet der Betriebsrat ist, der seinem Management erklärt, dass die Dinge im Hause zu langsam laufen. "Wir sind heute noch ein bürokratischer Haufen, der Prozesse hat, die nicht mehr adäquat sind. Da muss auch der Vorstand mit einer anderen Geschwindigkeit ran", wurde BMW-Betriebsratschef Manfred Schoch in der Zeitschrift Automobilwoche zitiert. Mehr Tempo, lautet also der Appell an die BMW-Spitze um Konzernchef Harald Krüger. Digitalisierung, autonom fahrende Autos, die Konkurrenz der Silicon-Valley-Giganten Apple und Google. "Menschen, die noch an den Siebenjahreszyklen hängen, sind heute eher Ballast", sagte Schoch. Es ist ein wunder Punkt der Hersteller: IT-Konzerne werfen neue, digitale Geräte in Monatsrhythmen auf den Markt. Bei einem Auto dauert dieser Zyklus traditionell sieben Jahre. Das ist eine lange Zeit, vor allem in dieser schnelllebigen Epoche. Vor allem aber: Hier tritt der Betriebsrat als Antreiber des Managers auf. Und das passiert nicht allzu oft.

In München hat dies nun für die eine oder andere Diskussion geführt. Abbau von Bürokratie? "Das sagt die Unternehmensführung ja auch", meint ein Sprecher. Man sei gerade dabei, unnötige interne Prozesse abzuschaffen. Aber so sei es nun mal: Das Unternehmen werde größer, die Vernetzung stärker - da bleibe so etwas nicht aus.

Schon vor Jahren berichtete BMW-Chef Krüger davon, wie die Digitalisierung die Arbeit bei BMW verändere. "Unser Geschäft bekommt ganz neue Spielregeln", sagte er. Und so forderte er auch: "Wir müssen an vielen Stellen schneller werden." Ein Satz, der so jetzt auch vom Betriebsrat stammen könnte.

Die Menschen sehnen sich zurück nach dem kurzen, persönlichen Dienstweg

Es waren die BMWler selbst, die schon bei einer Mitarbeiterbefragung im vergangenen Jahr erklärten, sie seien mit den Prozessen im Hause nicht mehr zufrieden. "Das sind für mich rote Alarmglocken", so Betriebsrat Schoch. Nun ist die Frage: Wollen die Befragten wirklich eine Struktur wie die IT-Konzerne an der Westküste? Oder geht es eigentlich um ganz andere Dinge?

Wie es heißt, würden viele Mitarbeiter heute das vermissen, was man unter dem Begriff "kurzer Dienstweg" versteht: schnell nachgefragt, besprochen, umgesetzt. Seit einigen Jahren dagegen: immer mehr Gremien, immer größere Gremien und immer mehr Mails mit unendlichen Adressatenlisten.

Lange Mail-Schleifen statt kurzer Dienstwege: Es ist wohl nicht so, dass die neue Digitalwelt die alten Hierarchien als solche abgelöst hat. Sie funktionieren heute nur anders als früher. Insofern ist das, worüber bei BMW diskutiert wird, wohl kein BMW-spezifisches Thema. Dass sich Mitarbeiter gern an den kurzen, persönlichen Dienstweg erinnern, wenn sie wieder mal nur Teil des großen Mailverteilers sind, das hört man auch aus anderen Unternehmen. In Unterschleißheim, wo BMW gerade das autonome Fahren testet, versucht man es gerade auch ohne große Hierarchien. "Von da aus soll es dann auch in andere Bereiche gehen", so der Sprecher. Ein langer Weg: BMW hat an die 125 000 Mitarbeiter weltweit.

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