Smartphones:Nach dem Boom ist vor dem Boom

Preparations Ahead Of The 2018 Mobile World Congress

Das wichtigste Treffen der Mobilfunkbranche: In Barcelona werden mehr als 100 000 Fachbesucher erwartet.

(Foto: Angel Garcia/Bloomberg)

Die Verkaufszahlen von Smartphones gehen erstmals zurück. Auf dem Mobile World Congress zeigt sich aber, warum sie trotzdem unverzichtbar bleiben werden.

Von Helmut Martin-Jung, Barcelona

5G, LTE, Künstliche Intelligenz, erweiterte Realität, Internet der Dinge - an Kürzeln und Schlagwörtern herrscht kein Mangel auf dem Mobile World Congress in Barcelona. Die Messe ist zum wichtigsten Treffen der Mobilfunkbranche geworden, zu dem inzwischen mehr als 100 000 Fachbesucher in die katalanische Metropole strömen. Begonnen hatte sie als dröge Fachmesse für Funktechnik. Dass sie so beliebt wurde, liegt vor allem am Smartphone. Um diese Geräte, die sich zur Fernbedienung des Lebens entwickelt haben, kreist das Meiste von dem, was die Branche zu bieten hat.

Da sind natürlich die Handys selbst - am Sonntag hat Marktführer Samsung die jüngsten Spitzenmodelle seiner S-Serie vorgestellt, das S9 und das S9plus. Angesichts der großen Dominanz des Samsung-Konzerns auf dem Smartphone-Markt haben viele Konkurrenten darauf verzichtet, ihre neuen Flaggschiffe ebenfalls vorzustellen - zu groß die Gefahr, vom Hype um den Marktführer an den Rand gedrängt zu werden.

Auch für Samsung wird es immer schwerer, die Kunden davon zu überzeugen, sich ein neues Smartphone zuzulegen. Bei der Präsentation der neuen Modelle der S-Reihe konzentrierte sich der Hersteller vor allem auf die Kamera, die im Vergleich zu älteren Modellen wesentliche Verbesserungen bringen soll, vor allem bei wenig Licht.

Noch dünner, noch hübscher, noch bessere Kameras

Zwar lässt sich schon seit Jahren beobachten, dass die Innovationskurve bei den Smartphones zunehmend flacher wird, im vierten Quartal 2017 gingen nach Zahlen von Gartner auch erstmals die Verkaufszahlen leicht zurück. Und das trotz nahezu irrer Anstrengungen der Hersteller, die Technik immer ein Stück weiter zu treiben. Noch dünner, noch hübscher, noch bessere Kameras. Smartphones aber bleiben wichtig, nicht bloß weil sie mit knapp 408 Millionen verkauften Geräten (Vorjahr 432 Millionen) im letzten Quartal 2017 ein Riesen-Geschäft sind.

Ihre Bedeutung erklärt sich auch daraus, dass sie für vieles von dem, was per Funk kommuniziert, als Steuerung dienen oder als Anzeige. Da wären etwa die Wearables, elektronische Geräte also, die am Körper getragen werden, von der Computerbrille über Kleidung mit eingebauten Sensoren bis hin zu Uhren, die ständig den Puls messen, als Telefon dienen und Nachrichten anzeigen können.

Eine besonders rosige Zukunft sagt das Beratungsunternehmen Gartner zum Beispiel Datenbrillen vorher, head mounted displays, wie sie in der Fachsprache heißen. Während in diesem Jahr immerhin schon gut 28 Millionen dieser Geräte verkauft werden sollen, werden es den Berechnungen von Gartner zufolge in drei Jahren schon mehr als doppelt so viele sein. Nicht ganz so steil, aber immerhin noch vielversprechend entwickeln sich demnach auch die Verkäufe von Computer-Uhren, von gut 48 Millionen in 2018 auf 81 Millionen in 2021. Sportuhren sind demgegenüber zwar gefragt, fast 22 Millionen sollen 2018 verkauft werden. Bei etwa dieser Menge soll es dann aber auch bleiben.

Ob sich die Vorhersagen bewahrheiten, wird man spätestens in drei Jahren sehen. Klar ist aber, dass das Geschäft von Firmen wie Gartner tendenziell nicht leichter wird. Denn die Dinge entwickeln sich oft sehr schnell. Und manchmal werden auch hochgesteckte Erwartungen nicht oder nicht so schnell wie gedacht erfüllt. Von Gartner selbst stammt ja auch der in Technikkreisen sehr bekannte Hype-Cycle, der Zyklus übersteigerter Erwartungen. Anfangs traut man neuen Technologien oft alles Mögliche zu. Doch mit den ersten Prototypen oder dem produktiven Einsatz kehrt dann Ernüchterung ein. Erst wenn dieser Einbruch erfolgreich überwunden wird, kann sich eine neue Technologie wirklich durchsetzen.

Bei Smartphones ist dies keine Frage mehr, die Zeiten des ständigen Wachstums scheinen allerdings vorüber zu sein. Mit gut 1,9 Milliarden Geräten, die 2018 abgesetzt werden sollen, bleibt das Smartphone-Geschäft zwar sehr lukrativ, der Verdrängungswettbewerb nimmt aber zu, Wachstum gibt es gerade in gesättigten Märkten oft nur noch auf Kosten der Konkurrenz. Unmöglich ist das jedoch nicht, wie der Erfolg von Huawei zeigt. Der chinesische Anbieter, der auch bei der Netzwerktechnik groß ist, hat sich mittlerweile an Position drei der Smartphone-Anbieter geschoben.

Das große Thema heißt 5G

In Sachen Netzwerktechnik richtet sich die meiste Aufmerksamkeit nach wie vor auf die herannahende fünfte Generation des Mobilfunks, kurz 5G genannt. Ihre Besonderheit ist, dass sie sowohl extrem hohe Datenmengen übertragen kann, aber auch mit Milliarden kleiner Sensoren zurechtkommt, die vielleicht nur einmal am Tag einen Wert übermitteln und sich ansonsten im Energiesparmodus befinden. Außerdem reagiert bei 5G das Netz auch schneller, die sogenannte Latenzzeit ist also sehr kurz. Alle diese Eigenschaften sind wichtig zum Beispiel für die vernetzte Produktion oder das autonome Fahren.

Bei der Vorgänger-Technik, 4G oder auch LTE genannt, hatte sich Europa von den USA und von Asien abhängen lassen. Bei 5G aber, wichtig besonders für ein Land mit viel industrieller Produktion wie Deutschland, will man diesen Fehler nicht mehr machen. Doch Europa mit seinen oft komplizierten Entscheidungsprozessen tut sich da nicht so leicht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: