Missmanagement:Bei Alno ist Schluss

Küchenhersteller Alno

Zentrale von Alno in Pfullendorf, Baden-Württemberg: Zu Glanzzeiten hatte die Firma mehr als 2000 Beschäftigte.

(Foto: Felix Kästle/dpa)

Der insolvente Küchenhersteller wird zugesperrt - ein Käufer wurde nicht gefunden. Die Pleite könnte ein Fall für die Justiz werden. Mitarbeiter hatten in den vergangenen Jahren etliche Zugeständnisse gemacht, um die Firma zu retten. Vergeblich.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Die verbliebenen Mitarbeiter hatten bis zuletzt auf ein Happy End gehofft, auch die Politiker der Region hatten darauf gesetzt, dass sich noch ein Käufer findet. Doch seit Freitagmorgen kurz nach 9 Uhr steht fest: Bei der Alno AG ist der Ofen endgültig aus. Insolvenzverwalter Martin Hörmann hat den Betrieb des Unternehmens, das bis vor Kurzem noch Synonym war für hochwertige und schöne Einbauküchen, endgültig eingestellt. Das Ende trifft Hunderte Mitarbeiter und die Stadt Pfullendorf im südlichen Baden-Württemberg hart. Die Pleite des einstmals so stolzen Premium-Herstellers, der zu Glanzzeiten mehr als 2000 Mitarbeiter beschäftigte, wird wohl auch ein juristisches Nachspiel haben.

Es ist ein bemerkenswertes Beispiel von Missmanagement: Eigentlich läuft das Geschäft prächtig in der Küchen-Branche, der Trend geht zur Luxusküche als Statussymbol. Viele Hersteller ächzen, weil ihre Kapazitäten ausgereizt sind und sie nicht wissen, wie sie ihre Aufträge abarbeiten sollen. Doch bei Alno lief es zuletzt alles andere als rund. So klagten Händler, dass Alno immer wieder Küchen auslieferte, bei denen Teile fehlten.

Vor vier Monaten meldete das Unternehmen Insolvenz an, am Freitag informierte Martin Hörmann die verbliebenen Mitarbeiter in der Zentrale in Pfullendorf über das Ende. "Wir haben gekämpft und alles versucht, um eine tragfähige Zukunftslösung für Alno zu finden", sagt der Insolvenzverwalter. Dabei lässt er durchblicken, dass in der Vergangenheit einige Managementfehler gemacht wurden: Er spricht von einem "Investitionsstau", den ein Käufer "entschlossen beseitigen" hätte müssen. Und er deutet an, dass trotz einiger Gespräche kein einziger Interessent ein Kaufangebot eingereicht hat. Kein Investor sei bereit gewesen, die nötigen "erheblichen Mittel für die Fortführung des Geschäftsbetriebs" in die Hand zu nehmen, sagt Hörmann. Deshalb sei er nun "gezwungen, den Geschäftsbetrieb kurzfristig einzustellen und die Betriebsstilllegung einzuleiten".

Die Mitarbeiter werden noch im November betriebsbedingte Kündigungen erhalten. Einzig ein Team von bis zu 60 Mitarbeitern wird an der Betriebsstätte "insolvenzspezifische Abwicklungstätigkeiten" übernehmen und eine befristete Zeit lang beschäftigt sein. Zudem würden noch Bauteile für das verkaufte Tochter-Unternehmen Pino gefertigt - "für einen begrenzten Zeitraum", wie Hörmann betont. Insolvenzverwalter und Betriebsrat haben sich über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan geeinigt.

Viel wird von dem Traditions-Unternehmen nicht übrig bleiben: Die noch vorhandenen Vermögenswerte werden "demnächst verwertet, soweit das möglich ist", teilt Hörmann mit. Soll heißen: Der Ausverkauf beginnt. Doch das Inventar gilt als veraltet - Stichwort Investitionsstau. Den größten Erlös könnte noch das Recht am Markennamen Alno einbringen.

Die Mitarbeiter hatten in den vergangenen Jahren etliche Zugeständnisse gemacht, um die Firma zu retten. Vergeblich.

Anfang Oktober hatte Insolvenzverwalter Hörmann immerhin die Alno-Tochter Pino aus Coswig in Sachsen-Anhalt mit 230 Mitarbeitern an ein Investoren-Konsortium um den Premiumküchen-Hersteller Nobilia verkauft.

Für die anderen zwei Standorte Pfullendorf sowie Enger (Nordrhein-Westfalen) fand Hörmann dagegen keinen Käufer. Zuletzt hatte es Gerüchte gegeben, wonach Investoren aus Fernost in Pfullendorf seien und die Firma inspizierten. Hörmann äußerte sich dazu nie. Nun zog er die Notbremse, um die Insolvenzmasse nicht zu gefährden.

Die Produktion hatte er bereits im September eingestellt. Im Oktober hatte er etwa 400 Mitarbeiter freigestellt, weil er sie nicht mehr bezahlen konnte.

Zum Zeitpunkt der Insolvenzanmeldung im Juli hatte die Alno-Gruppe noch 1600 Mitarbeiter. Diese hatten in den vergangenen Jahren etliche Zugeständnisse gemacht, um die Existenz ihres Arbeitgebers zu sichern. Vergeblich. Auch für die Region Pfullendorf im Landkreis Sigmaringen ist das Aus ein herber Schlag, Alno war in der 13 000-Einwohner-Stadt der zweitgrößte Arbeitgeber.

Gegründet wurde Alno 1927 vom Möbelschreiner Albert Nothdurft in Wangen. Die beiden Anfangsbuchstaben bilden bis heute den Firmennamen. 1995 ging das Unternehmen an die Börse. Und der Absturz begann. Dieser wird wohl ein juristisches Nachspiel haben. Schon zu Beginn des Insolvenzverfahrens hatte Martin Hörmann prophezeit: "Der Blick in den Rückspiegel wird kommen." Zunächst lag seine Priorität in der Rettung der Firma, um die Arbeitsplätze und die Forderungen der Gläubiger zu sichern. Doch jetzt, da der Betrieb eingestellt ist, muss er prüfen, ob die Manager Fehler oder gar Straftaten begangen haben, für die er sie haftbar machen kann.

Gut möglich, dass der Fall Alno vor einem Strafgericht endet. Noch wahrscheinlicher ist ein Zivilverfahren, in dem der Insolvenzverwalter oder auch die bosnische Investorenfamilie Hastor vom ehemaligen Management Geld zurückfordern. Die Hastors waren 2016 bei Alno eingestiegen und steckten eine zwei- bis dreistellige Millionensumme in die Firma.

Nach Medienberichten fühlen sich die Hastors vom Management "getäuscht". Ehemalige Alno-Verantwortliche sollen sich mit dubiosen Verträgen persönlich bereichert haben. Auch die IG Metall spricht von "haarsträubenden Fehlern" des ehemaligen Managements.

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