Millionenforderung:Unsanfte Landung für Ryanair

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Steigende Ticketpreise und die Stilllegung von Flugstrecken - das kommt nach der jüngsten EU-Entscheidung wohl auf Ryanair-Chef Michael O'Leary zu. Die EU-Kommission fordert von dem Billigflieger die Rückzahlung von Staatsbeihilfen für den Flugbetrieb auf dem belgischen Flughafen Charleroi.

Etwa 25 bis 30 Prozent der Beihilfen seien nicht mit EU-Recht vereinbar, sagte EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio am Dienstag in Brüssel, ohne einen Betrag zu nennen.

Ryanair-Chef Michael O'Leary. (Foto: Foto: AP)

Insgesamt veranschlagt die Behörde die Ryanair in Form von Zuschüssen und niedrigeren Gebühren zugekommenen Beihilfen auf etwa 15 Millionen Euro. Die Entscheidung entspricht nach Berechnungen der Kommission sechs bis acht Euro je Ticket. Ob die Preise nun entsprechend steigen werden, ließ Palacio offen.

Nach Feststellung der Kommission hatten die südbelgische Region Wallonien und der Flughafen Charleroi dem Billigflieger eine lange Liste von Vergünstigungen zugestanden, von denen keine andere Fluggesellschaft profitierte.

Geheime Abmachung

So sah eine geheime Abmachung von 2001 vor, dass Ryanair nur die Hälfte der sonst üblichen Start- und Landegebühr von zwei Euro je Passagier zahlte. Nach Berechnungen der Kommission addierte sich allein dieser Rabatt auf eine Million Euro, die Ryanair nun zurückzahlen muss.

Der Flughafen förderte die Airline zudem mit vier Euro je Passagier und zahlte Zusschüsse bei der Eröffnung zusätzlicher Routen sowie die Aus- und Fortbildung des Flugpersonals.

Zudem profitierte Ryanair in Charleroi von einem Vorzugstarif bei Bodendiensten wie der Gepäckbeförderung. Statt dem für andere Linien geltenden Tarif von acht bis 13 Euro musste Ryanair in Charleroi dank der Zuschüsse aus den öffentlichen Kassen nur einen Euro je Passagier zahlen.

"Mindestens vier Millionen Euro"

Insgesamt dürfte Ryanair von 2001 bis 2003 damit gegenüber Wettbewerbern mindestens vier Millionen Euro gespart haben, rechnete die Kommission vor. In ihrer Entscheidung, die die Kommission zur Richtschnur auch für andere Beihilfen zugunsten von Billigfliegern auf Regionalflughäfen machen will, sprach die Behörde für bestimmte Zuschüsse zugleich eine Genehmigung aus.

Dies ist beispielsfall der Fall für zeitlich begrenzte Zuschüsse bei Werbeaktionen für neue Dienstleistungen oder für eine bessere Ausnutzung bereits bestehender Kapazitäten.

Das bekämen nicht nur Reisende zu spüren, sondern auch die deutschen Regionalflughäfen, die Ryanair anfliegt.

Was für den Wettbewerb gut ist, ist für die Verbraucher zunächst ärgerlich: Die Ticketpreise von Ryanair werden nach der Brüsseler Entscheidung voraussichtlich steigen. "Allerdings dürften es nur ein paar Euro pro Passagier sein", sagt der Londoner Luftfahrt-Analyst Chris Tarry. Er rechnet mit rund drei bis fünf Euro.

"Zwischen sechs und acht Euro pro Ticket"

EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio geht sogar davon aus, dass die Tickets zwischen sechs und acht Euro teurer werden. "Wir können keine staatlichen Beihilfen akzeptieren, nur weil die Flugtickets dadurch billiger werden", betont sie.

Allerdings ist Ryanair nach Ansicht von Experten ganz unabhängig von der Brüsseler Entscheidung an die Grenzen seines Geschäftsmodells gestoßen.

"Ryanair bekommt seine Flieger selbst zu sehr niedrigen Preisen nicht mehr voll", sagt Lutz Schmidt vom Hamburger Reise-Fachblatt FVW. Deshalb habe die irische Airline in jüngster Vergangenheit Millionen von Tickets verschenken müssen.

Auch für die acht deutschen Flughäfen, die Ryanair anfliegt, hat die Brüsseler Entscheidung Signalwirkung: "Es gibt einige, die nur Ryanair anfliegt", sagt Schmidt, so zum Beispiel Lübeck und Altenburg in Thüringen.

Sollte sich herausstellen, dass auch hier öffentliche Subventionen in Millionenhöhe geflossen sind, wären diese wie der belgische Airport Charleroi von der Schließung bedroht. Denn dann hätte der Steuerzahler die Billigpreise mitbezahlt.

Kein Automatismus

Brüssel nimmt nun aber nicht automatisch alle Flughäfen unter die Lupe, wie Palacio am Dienstag betonte. Es müssten schon konkrete Klagen wegen Wettbewerbsverzerrung vorliegen.

Für die Zukunft will die EU-Kommission grundsätzliche Richtlinien für den Umgang zwischen Billigfliegern und Flughäfen festlegen.

Dies dürfte auch Hahn bei Frankfurt betreffen. Ryanair baute den Airport, den einzigen wirklichen "Billigflughafen" Deutschlands, 2002 neben London zu seinem zweiten europäischen Stützpunkt aus.

Die Iren zahlen hier weder Start- noch Landegebühren, sondern lediglich eine Pauschale pro Passagier, die mit rund 4,35 Euro sehr niedrig liegt.

Gleiche Konditionen

Allerdings betont der Flughafen, der in der Hand des Bundeslandes Rheinland-Pfalz und des Frankfurter Flughafen-Betreibers Fraport ist, dass allen Konkurrenten von Ryanair die gleichen Konditionen geboten würden.

Das Ende des billigen Fliegens, vor dem Ryanair-Chef Michael O'Leary bereits warnte, sieht der Londoner Analyst Tarry mit der Brüsseler Entscheidung allerdings nicht eingeläutet: "Ryanair profitiert am meisten von öffentlichen Subventionen. Deshalb werden die Iren auch am meisten leiden."

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