Milliarden-Prozess:Quelle-Erbin Schickedanz kann vor Gericht wieder hoffen

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Sie verlor durch die Insolvenz von Arcandor fast ihr gesamtes Vermögen - verarmen wird Madeleine Schickedanz dennoch nicht. (Foto: Marius Becker/dpa)
  • Der Milliardenprozess um die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz und die Bank Sal. Oppenheim geht offenbar dem Ende zu.
  • Dafür verantwortlich ist unter anderem Clemens Vedder, ein umstrittener Investor und Vermittler.

Von Uwe Ritzer, Köln

Wo er in der Vergangenheit auftauchte, ging es selten zimperlich zu. Clemens Vedder ist ein Freund offener Worte und ziemlich rauflustig. Vor Jahren wollte er mit anderen Investoren die Commerzbank im Sturm nehmen, was aber misslang. Er zoffte sich mit dem Versicherer Munich Re, er machte im Kampf um die inzwischen untergegangene Baumarktkette Praktiker mit. Als er sich anschickte, groß bei Wolfgang Joops ins Trudeln geratener Modefirma Wunderkind einzusteigen, beschimpfte er deren Manager wahlweise als "Heinis" oder "Zirkustruppe". Er werde, drohte Vedder, "mit der Kettensäge" durch die Firma gehen.

Sein bisweilen martialisches Auftreten passt nicht zu der Rolle, in welcher der auf 450 Millionen Euro Vermögen geschätzte Deutsche mit Wohnsitz in der Schweiz seit einiger Zeit ähnlich erfolgreich ist wie mit seinen Investmentgeschäften: als diskreter Mediator zwischen scheinbar heillos zerstrittenen Kontrahenten. So vermittelte Vedder, Jahrgang 1947, zeitweise zwischen Kirch und der Deutschen Bank. Nun soll der schillernde Geschäftsmann in einem anderen spektakulären Milliardenstreit Frieden stiften: Im Schadenersatzprozess zwischen Quelle-Versandhaus-Erbin Madeleine Schickedanz, 72, einerseits, der Bank Sal. Oppenheim und dem Troisdorfer Vermögensberater Josef Esch andererseits.

Vedders Vermittlung scheint erfolgreich gewesen zu sein

Seit 2012 läuft vor dem Landgericht Köln das Verfahren, in dem Schickedanz von ihren früheren Partnern 1,9 Milliarden Euro fordert. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung und WDR haben sich die Parteien bei außergerichtlichen Verhandlungen zuletzt aufeinander zubewegt. Dies bestätigten Schickedanz' Anwälte auf Anfrage. "Aufgrund einer außergerichtlichen Annäherung der Parteien" bei Gesprächen diese Woche haben sie beim Gericht beantragt, den nächsten, am kommenden Dienstag anberaumten Verhandlungstermin zu verschieben. Entschieden ist darüber noch nicht; die zuständige 21. Zivilkammer wollte vorher noch die anderen Prozessparteien dazu hören.

Doch egal, ob verhandelt wird oder nicht, es scheint auch dank Vedders Vermittlung ein Ende des aufsehenerregenden Streits so nahe gerückt wie noch nie seit Ende 2012. Auch am Mittwoch trafen sich die Anwälte der Beteiligten in Köln zu weiteren Verhandlungen. Clemens Vedder reiste dazu aus Florida an, wo er die meiste Zeit des Jahres verbringt. Zum Stand der Gespräche wollte er ebenso wenig Angaben machen wie Schickedanz, Esch, die Bank Sal. Oppenheim und deren Muttergesellschaft, die Deutsche Bank.

Madeleine Schickedanz hat Sal. Oppenheim und ihren Ex-Berater Esch verklagt, weil sie sich von ihnen hereingelegt fühlt. Insgesamt geht es um Darlehen von mehr als 720 Millionen Euro. Mehrmals hatte sie mit dem Geld größere Aktienpakete der Handelsfirma Arcandor (Karstadt) erworben. Schickedanz sicherte die Kredite über ihren Privatbesitz ab. Mit dem Untergang von Arcandor geriet sie unter Druck und musste einige Luxusimmobilien verkaufen. In ihrer Klage wirft sie Esch und den früheren Bankern vor, sie getäuscht und für eigene Aktienspekulationen missbraucht zu haben. Ihre Prozessgegner bestreiten dies. Sie fordern von Schickedanz im Gegenzug, Kreditverpflichtungen in Höhe von 580 Millionen Euro zu erfüllen.

Wurden Schickedanz-Gelder zweckentfremet?

Gut scheinen die Aussichten der öffentlichkeitsscheuen Erbin bei jenen Teilen ihrer Klage zu sein, die sich auf ihre Investments in geschlossenen Oppenheim-Esch-Immobilienfonds beziehen. In einem Hinweisbeschluss des Landgerichts, den SZ und WDR einsehen konnten, stellte der Vorsitzende Richter Stefan Singbartl fest, dass die Quelle-Erbin wohl Anspruch auf die Rückabwicklung zweier solcher Geschäfte in Höhe von 85 Millionen Euro habe. Esch und die Bank hätten sie nicht ausreichend über Risiken aufgeklärt. Zudem sei ein Teil der Schickedanz-Gelder für einen Fonds zweckentfremdet worden, an dem sie nicht beteiligt war. Eine Haftung "wegen vorsätzlich sittenwidriger Entschädigung" komme in Betracht, heißt es im Beschluss.

So kompliziert die wechselseitigen Forderungen, so schwierig gestalten sich auch die Vergleichsverhandlungen. Vedder, der als Einzelhandelslehrling der Kaufhauskette Hertie begann, mit Bauherrenmodellen und anderen Immobiliendeals reich wurde und Geschäfte über eine in der Steueroase Cayman Islands angesiedelte Firma betreibt, sagt man die Fähigkeit nach, in vertrackten Situationen bisweilen einfache Lösungen zu finden.

Im Fall Schickedanz wird dem Vernehmen nach konkret darüber verhandelt, ihr unter anderem ihre weitläufige Privatvilla in Hersbruck bei Nürnberg zu lassen. Andere Vermögenswerte sollen jedoch verwertet und mit Ansprüchen verrechnet werden. Ob Vedder im Erfolgsfall eine Friedensdividende kassiert, ist nicht bekannt.

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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