Milliarden-Programm vorgelegt:Konjunktur-Gipfel im Kanzleramt

Bundeskanzlerin Merkel will Wirtschaft und Gewerkschaften auf den Kampf gegen die Rezession einschwören.

Guido Bohsem und Nico Fried

Die Bundesregierung will bei der Bekämpfung des Abschwungs Wirtschaft und Gewerkschaften einbinden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Spitzenvertreter beider Seiten für diesen Mittwoch zu einem Gespräch eingeladen, in dem sie für das Konjunkturpaket der Regierung werben will. Die Regierung erwartet, dass ihr Programm Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Euro auslösen wird.

Milliarden-Programm vorgelegt: Kanzlerin Merkel erwartet höhere Investitionen von 50 Milliarden Euro.

Kanzlerin Merkel erwartet höhere Investitionen von 50 Milliarden Euro.

(Foto: Foto: dpa)

Das Kabinett will am Mittwoch das Paket verabschieden, das einer drohenden Rezession entgegenwirken soll. Unmittelbar anschließend wollen Merkel, Wirtschaftsminister Michael Glos und Finanzminister Peer Steinbrück im Kanzleramt bei Vertretern von Wirtschaft und Gewerkschaften um Unterstützung werben. Regierungskreise bestätigten einen entsprechenden Bericht des ZDF.

Die Regierung befürchtet insbesondere, dass die Maßnahmen durch öffentliche Kritik zerredet werden könnten. Eingeladen sind Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Jürgen Thumann, Handwerkspräsident Otto Kentzler, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Ludwig Georg Braun, und DGB-Chef Michael Sommer.

Die Bundesregierung erwartet, dass Unternehmen, Privatleute und Kommunen mit Hilfe des Konjunktursprogrammes zusätzlich insgesamt 50 Milliarden Euro investieren werden. Das geht aus einem gemeinsamen Papier von Finanz- und Wirtschaftsministerium hervor, in dem 16 Maßnahmen aufgelistet sind. Darin wird auch das Ziel aufgegeben, 2011 für den Bundeshaushalt keine neuen Schulden mehr zu machen. Strittig allerdings ist, welches neue Ziel künftig für den Abbau der Neuverschuldung gelten soll: In dem Papier werden alternativ die Formulierungen "so schnell wie möglich" oder aber konkret "bis spätestens zum Ende der nächsten Legislaturperiode" vorgeschlagen.

Insgesamt werden in den nächsten zwei Jahren etwa 35 Milliarden Euro aus öffentlichen Haushalten bereitgestellt. Dazu zählen allerdings auch die bereits beschlossenen 20 Milliarden Euro Entlastung, die von der großen Koalition bereits im Oktober beschlossen wurden. Sie betreffen unter anderem die Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung zum 1. Januar 2009 sowie ein Jahr später die steuerliche Absetzbarkeit der Beiträge zur Krankenversicherung. Die mit der Einführung des Gesundheitsfonds 2009 im Durchschnitt deutlich ansteigenden Beiträge zur Krankenversicherung erwähnt das Papier aus den Ministerien nicht. Sie reduzieren die Entlastung vieler Bürger deutlich.

Im einzelnen plant die Regierung, das Darlehensvolumen der staatlichen KfW-Bank um 15 Milliarden Euro zu erhöhen, um damit die Kreditversorgung vor allem des Mittelstandes zu sichern. Auch weitere KfW-Programme sollen verstärkt werden. Zudem will die Regierung für Unternehmen die Regeln für die steuerliche Abschreibung so verändern, dass sich Investitionen zum Beispiel in neue Maschinen mehr lohnen als bisher. Das Gebäudesanierungsprogramm wird für drei Jahre um insgesamt drei Milliarden Euro aufgestockt, strukturschwache Kommunen erhalten mehr zinsgünstige Kredite. Die Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen wird auf einen Höchstbetrag von 1200 Euro verdoppelt.

Länger Geld für Kurzarbeiter

Die Regierung wird unter anderem Verkehrsinvestitionen beschleunigen, voraussichtlich mit zusätzlich einer Milliarde Euro pro Jahr. Um Kündigungen zu vermeiden, wird das Kurzarbeitergeld 18 statt derzeit zwölf Monate gezahlt. Weiterbildungsprogramme sollen ausgebaut, die Agenturen für Arbeit mit 1000 weiteren Jobvermittlern ausgestattet werden. Käufer eines Neuwagens werden für ein Jahr von der Kfz-Steuer befreit. Auf europäischer Ebene fordert Berlin, das Kreditvolumen der Europäischen Investitionsbank zu erhöhen. Das Wirtschaftsministerium kündigte zudem an, die Luftfahrtbranche mit einem "Luftfahrtfonds" zu unterstützen. Dazu wollen Regierung und der Flugzeugbauer Airbus einen zu gleichen Teilen finanzierten Fonds von bis zu 40 Millionen Euro auflegen.

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