Milliarden-Deal:Lockheed kauft Helikopterbauer Sikorsky

Milliarden-Deal: Sikorsky baut unter anderem den Militärhubschrauber Black Hawk.

Sikorsky baut unter anderem den Militärhubschrauber Black Hawk.

(Foto: AP)
  • Der US-Rüstungsriese Lockheed Martin übernimmt die Helikoptersparte Sikorsky vom Industriekonzern United Technologies.
  • Sikorsky baut unter anderem den Militärhubschrauber Black Hawk und ist neben anderen ein Konkurrent von Airbus Helicopters.
  • Das Hubschraubergeschäft ist zuletzt wegen des sinkenden Ölpreises, das wichtigen Kunden zu schaffen macht, unter erheblichen Druck geraten.

Von Jens Flottau

Der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin kauft für etwa neun Milliarden Dollar den heimischen Hubschrauber-Hersteller Sikorsky von United Technologies Corporation (UTC). Die Transaktion soll Ende 2015 oder Anfang 2016 abgeschlossen werden. Sie steht unter dem Vorbehalt wettbewerbsrechtlicher Genehmigungen, die aber als vergleichsweise sicher gelten.

Das Geschäft ist vor allem für die beteiligten Unternehmen von Bedeutung, verändert aber nicht den Hubschraubermarkt strukturell. Auch nach der Übernahme werden mit Boeing, Bell, Sikorsky und Airbus Helicopters vier große Anbieter auf dem Weltmarkt konkurrieren, und zwar sowohl im zivilen als auch im militärischen Geschäft. Das Hubschraubergeschäft ist zuletzt wegen des sinkenden Ölpreises, das wichtigen Kunden zu schaffen macht, unter erheblichen Druck geraten.

Per Helikopter zur Arbeit

Sikorsky gehörte bislang zum Mischkonzern UTC, der auch die Sparten Pratt & Whitney (Flugzeugmotoren) und Otis (Aufzüge) umfasst. Das Hubschraubergeschäft von Sikorsky war zuletzt aber sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn rückläufig. Das Unternehmen unterzieht sich derzeit deswegen einer Rosskur, bei der auch 1400 von 15 000 Stellen gestrichen werden Wie auch den anderen Hubschrauberhersteller macht Sikorsky derzeit die Schwäche im Zivilgeschäft zu schaffen.

Die Öl- und Gasindustrie war in Zeiten hoher Ölpreise ein verlässlich großer Kunde, denn die Unternehmen nutzten vermehrt Helikopter, um ihre Mitarbeiter auf die Ölplattformen im Meer zu transportieren. Das ist zwar wesentlich teurer als mit dem Schiff, geht aber viel schneller. Nachdem der Ölpreis zuletzt aber so stark gesunken ist, können sich viele Firmen diesen Luxus nicht mehr leisten.

Für UTC stellte sich dabei auch die Frage, welche Geschäftssegmente Priorität genießen. Pratt & Whitney hat gerade Milliarden in die Entwicklung einer neuen Generation von Triebwerken gesteckt, die die neueste Version des Airbus A320, aber auch unter anderem die Bombardier C Serie motorisiert, die im kommenden Jahr erstmals ausgeliefert werden soll. Die Motorenreihe stellt auch die technologische Basis für Pratt & Whitney dar, über kurz oder lang in das an die Konkurrenz verloren geglaubte und lukrative Geschäft mit Langstreckenflugzeugen zurückzukehren. Angesichts des bei den Flugmotoren erwarteten hohen Wachstums war der zurzeit margenschwache Hubschrauberbau nicht mehr wichtig genug.

Konkurrenten hatten Interesse

Für Sikorsky haben sich dennoch die anderen Hubschrauberhersteller - Boeing, den Bell-Mutterkonzern Textron und Airbus Helicopters - interessiert. Die Übernahme durch einen der drei hätte zu einer aus ihrer Sicht erfreulichen Marktbereinigung geführt. Für Airbus hatte sich zudem die ungeahnte Chance eröffnet, mit einem Schlag eine viel größere Präsenz im US-Luftfahrtmarkt zu erreichen. Allerdings wäre der Verkauf eines Schlüssellieferanten der US-Streitkräfte an einen nichtamerikanischen Investor so heikel gewesen, dass er politisch kaum durchsetzbar gewesen wäre. In den vergangenen Wochen waren immer wieder Interessenten entweder aus politischen oder auch wirtschaftlichen Gründen abgesprungen, als letzter Lockheed-Konkurrent offenbar Bell.

Für Lockheed ist der Fall Sikorsky die wohl einmalige Chance, die einzige wesentliche Lücke im Produktportfolio zu schließen. Denn Lockheed ist der dominierende amerikanische Verteidigungskonzern, der unter anderem das Kampfflugzeug F-35 (Joint Strike Fighter) baut, aber Hubschrauber waren bislang noch nicht im Angebot. Für das Pentagon ist der Kauf von Sikorsky deswegen nicht völlig unproblematisch, denn sein größter Lieferant wird nun noch größer. Das Pentagon muss aber ein Interesse daran haben, die Abhängigkeit von einem Anbieter nicht zu groß werden zu lassen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: