Microsoft:Nach dem Sündenfall

Inside The Microsoft Corp. Windows 10 Devices Event

Das Smartphone Lumia 950, vorgestellt im Oktober 2015.

(Foto: John Taggart/Bloomberg)

Viel zu spät stieg das amerikanische Unternehmen in das Smartphone-Geschäft ein - die Folgen spürt der Konzern jetzt immer deutlicher.

Von Helmut Martin-Jung

Viele haben es schon versucht, viele sind gescheitert. Haben versagt dabei, eine Art Erbsünde wettzumachen: Microsoft, der große Dominator der PC-Welt, war viel zu spät eingestiegen in das Geschäft mit Smartphones, hatte dafür Nokia übernommen und schwere Fehler begangen. Und nun schafft es der Konzern nicht, eine andere Rolle als die des Außenseiters zu spielen. Eines Außenseiters mit viel Geld immerhin - andere hätte die milliardenschweren Bemühungen längst einstellen müssen.

Auch wenn es Gerüchte gibt, der Konzern könnte endlich einen Schlussstrich ziehen unter das offenbar sinnlose Unterfangen, auch wenn Konzernchef Satya Nadella schon offen gesagt hat, was nicht läuft, werde eingestellt - zu erwarten ist dieser Schritt dennoch nicht.

Im vergangenen Quartal verkaufte der Konzern nur noch 4,5 Millionen Lumia-Smartphones und 22,5 Millionen einfache Handys. Vor einem Jahr waren es 10,5 Millionen Lumias und 39,7 Millionen einfache Telefone gewesen. Dabei hat Microsoft in der jüngeren Vergangenheit sehr viel Energie dafür aufgewendet, um sein jüngstes Betriebssystem fit zu machen für den Einsatz nicht nur auf PCs und Laptops, sondern auch auf Tablets, auf der Xbox-Spielkonsole - und auf Smartphones.

Das Ziel dabei ist klar: Mit dem Versprechen "ein System für alles" sollen vor allem professionelle Anwender überzeugt werden, die es damit eventuell leichter haben würden, als wenn sie einen Zoo unterschiedlicher Geräte managen müssen. Mehr noch: Microsoft verspricht sogar, dass auf Handys PC-Programme laufen können - und zwar dann, wenn man die Telefone an einen Monitor hängt und sie quasi als Mini-Computer nutzt.

Rennpferde sind das dann zwar nicht, aber Computer, die für Büroaufgaben ausreichend Leistung bieten. Nicht auszuschließen, dass Microsoft sich irgendwann auch komplett davon verabschiedet, Windows auch für die in Handys hauptsächlich verwendeten Prozessoren der britischen Chipdesign-Firma ARM anzupassen. Um, so wie bei PCs seit Jahrzehnten gang und gäbe, ausschließlich auf Rechnerherzen zu setzen, die Intels Bauweise aufweisen. Solche Handys gibt es, sie sind aber nicht sehr verbreitet.

Gut läuft das Geschäft, das Unternehmenschef Nadella am wichtigsten ist: das mit der Cloud

In den jüngsten Zahlen von Microsoft spiegelt sich die Entwicklung der IT-Branche ganz gut wider: das Geschäft mit PCs geht zurück - daher auch das mit PC-Software wie der Office-Programm-Sammlung. Immerhin konnte Microsoft hier einigen Boden gutmachen, weil es Office mittlerweile auch als Download zur Miete gibt, genannt Office 365.

Ziemlich gut lief auch das Geschäft, das Nadella am wichtigsten ist: Das mit der Cloud, also Rechen- und Speicherdiensten, die über das Internet zur Miete angeboten werden. Microsoft offeriert dabei auch Software-Systeme, die Firmen in ihrem eigenen Netz nutzen können, ohne dass dafür eine Internet-Verbindung nötig wäre. Und es gibt auch eine Mischung aus beidem, genannt Hybrid-Cloud.

Bei seinen Cloud-Angeboten schaffte Microsoft um fünf Prozent mehr Umsatz, 6,34 Milliarden Dollar standen am Ende in der Bilanz. Dabei stiegen die Erlöse mit der Plattform Azure, die Rechenleistung und andere Dienste aus Microsoft-Rechenzentren anbietet, um 124 Prozent.

"Die Chancen der Unternehmens-Cloud sind gewaltig - größer als jeder Markt, an dem wir jemals teilhatten", sagte Nadella in einer Telefonkonferenz. Er hat viel vor: Bis zum Jahr 2018 will er im Cloud-Geschäft mit Unternehmen einen jährlichen Umsatz von 20 Milliarden Dollar erzielen. Aktuell liege man bei 9,2 Milliarden Dollar jährlich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: