Michael Kemmer:Der oberste Banken-Lobbyist wirft hin

Ex-BayernLB-Vorstände sollen Schadenersatz leisten

Der Ex-BayernLB-Vorstandschef Michael Kemmer ist nun auch Ex-Chef des Bundesverbands deutscher Banken.

(Foto: dpa)

Der Politik flüsterte Michael Kemmer seine Ansichten ein, seine Branche verteidigte er in Talkshows. Nun stürzt der Chef des Bundesverbands deutscher Banken über einen internen Machtkampf.

Von Harald Freiberger

Nach außen sieht es so aus, als ob die Trennung ganz harmonisch abgelaufen wäre. "Auf eigenen Wunsch" verlasse Michael Kemmer, 60, den Bundesverband deutscher Banken (BdB) zum Jahresende, teilte dieser am Dienstag mit. Seit Oktober 2010 war Kemmer der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, der mehr als 200 private Banken in Deutschland vertritt, inklusive Commerzbank und Deutscher Bank. Er lässt sich mit den Worten zitieren, dass er sich entschieden habe, "eine neue Richtung einzuschlagen" und "einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen".

Auch die warmen Worte seines Vorgesetzten Hans-Walter Peters, 62, fehlen nicht. Der Chef der Hamburger Privatbank Berenberg ist seit April 2016 nebenamtlich BdB-Präsident. Man respektiere "die Entscheidung von Michael Kemmer und seinen Wunsch nach Veränderung". Er habe "enorm viel für das Haus geleistet", dafür gebühre ihm "unser großer Dank".

Im Hintergrund allerdings lief die Trennung nicht so einvernehmlich ab. Nach SZ-Informationen aus Bankenkreisen steckt dahinter ein persönlicher Konflikt zwischen beiden. Offenbar agierte Kemmer für Peters zu selbstbewusst und zu eigenständig, der Präsident fühlte sich nicht immer ausreichend eingebunden, vor allem in der Darstellung des Verbands nach außen. Die Chemie zwischen beiden habe nicht gestimmt, es habe an Vertrauen gefehlt, hieß es in den Kreisen. Peters habe sich deshalb Rückendeckung im Präsidium des Verbands geholt, in dem unter anderen die Chefs der großen Banken sitzen: John Cryan von der Deutschen Bank, Martin Zielke von der Commerzbank und Theodor Weimer von der Hypo-Vereinsbank. Daraufhin habe Kemmer hingeworfen, obwohl er seinen Vertrag eigentlich gerne erfüllt hätte, der bis zum Jahr 2020 läuft.

Er gab Fehler der Branche zu, nahm aber die Manager in Schutz

Kemmer wurde vor sieben Jahren auf dem Höhepunkt der Finanzkrise geholt. Er war davor Finanz- und Risikovorstand bei der Hypo-Vereinsbank gewesen, zuletzt Finanz- und Vorstandschef bei der Bayern-LB. Dort trat er Ende 2009 wegen der Affäre um die österreichische Skandalbank Hypo Alpe Adria zurück. Ein Untreueverfahren gegen ihn wurde später gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.

Kemmer sollte die Außendarstellung des BdB verbessern. Zuvor war dem Verband vorgeworfen worden, in der Finanzkrise "abgetaucht" zu sein und die Belange der Branche nicht offensiv genug zu vertreten. Kemmer versuchte, einen anderen Kurs zu fahren: Er trat in Talkshows auf, gab Fehler seiner Branche zu, betonte aber zugleich, dass die meisten Banker schuldlos an der Finanzkrise gewesen seien. Er wies auf die Belastungen für Geldhäuser durch Regulierung und Nullzins-Politik hin und warb um Verständnis dafür, dass die Institute Gebühren anheben, Filialen abbauen und Kosten einsparen.

Auch intern kam er gut an: Mitarbeiter schätzten seinen ausgleichenden Charakter.

Kemmer wurde zu einem der mächtigsten Einflüsterer der Politik

Peters wurde im April 2016 als Nachfolger von Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen Präsident des BdB. Sein Start verlief denkbar ungünstig, da zur gleichen Zeit der Name von Berenberg, seiner Bank, in den Panama Papers auftauchte. Eine Reihe von Kunden unterhielt Briefkasten-Konten. Peters betonte, dass solche Konten für sich noch nichts Illegales seien. Auch ein Verfahren der Staatsanwaltschaft Köln gegen Mitarbeiter der Bank wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung, das seit 2015 gelaufen war, wurde Ende 2016 eingestellt.

Peters und Kemmer schienen zunächst an einem Strang zu ziehen. Dass es im Hintergrund knirschte, war in der Branche aber schon länger bekannt. Ein Problem schien auch, dass Peters' Vorgänger Fitschen und dessen Vorgänger Andreas Schmitz von HSBC Trinkaus & Burkhardt Kemmer an der längeren Leine ließen. Auf diese Weise wurde er in den vergangenen Jahren zum obersten Banken-Lobbyisten Deutschlands und zu einem der mächtigsten Einflüsterer der Politik. Peters dagegen will selbst offenbar als BdB-Präsident wahrnehmbarer werden.

Der Verband wird künftig operativ von einer Doppelspitze geführt: Kemmers Nachfolger werden Christian Ossig, 46, und Andreas Krautscheid, 56, beide bereits Mitglieder der Hauptgeschäftsführung. Ossig, ein gelernter Investmentbanker, verantwortet Bankenaufsicht, Bilanzierung und Kapitalmärkte. Krautscheid, einst Minister in Nordrhein-Westfalen, ist beim Verband ab 1. Januar unter anderem für Verwaltung, Digitalisierung und Kontakte zur Politik zuständig. Zu den Zukunftsplänen Kemmers wurden keine Angaben gemacht.

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