Metro-Chef Cordes:"Meine Herren! Es war jedenfalls erfolgreich"

Metro-Chef Eckhard Cordes über den Preiskampf mit den Discountern, die Bedeutung der unterschiedlichen Eigenmarken - und den Werbespruch "Geiz ist egal".

Das Kaufhaus ist tot? Unsinn, sagt Eckhard Cordes, 59, der Vorstandsvorsitzende von Metro, dem drittgrößten Handelskonzern der Welt. "Das Kaufhaus-Geschäft hat Zukunft, wenn man es richtig macht." Zu Metro gehört Kaufhof, der wesentlich besser dasteht als Konkurrent Karstadt. Trotzdem will Cordes Kaufhof abgeben und sich auf die lukrativen Bereiche Großhandel (Metro), SB-Warenhäuser (Real) und Elektronikmärkte (Media Markt und Saturn) konzentrieren. Cordes nimmt die Deutschen in Schutz. Sie als Schnäppchenjäger abzutun, sei ungerecht. Wohl aber seien sie kritisch und preisbewusst.

Metro - Quartalszahlen - Cordes

Metro-Chef Eckhard Cordes: "Wir haben mit unseren Geschäftsaktivitäten, Real, Cash & Carry, Media-Markt, Saturn so gigantische Wachstumsmöglichkeiten, dass wir uns auf diese konzentrieren wollen."

(Foto: dpa)

Frage: Herr Cordes, früher war Metro so preisgünstig, dass sogar der Discounter um die Ecke bei Metro einkaufen und dann noch was draufschlagen konnte. Heute ist der Discounter mitunter billiger als der Großhändler Metro. Kann das noch lange funktionieren?

Cordes: Natürlich. Wenn wir uns noch stärker auf unsere drei Zielkunden-Gruppen konzentrieren. Das sind zunächst Hotels, Restaurants und Caterer. Also Unternehmer, die bei uns Produkte kaufen, die sie für ihr eigenes Geschäft gebrauchen, die sie also selber verwenden. Dann sind es Tankstellen und Kioske. Und zum dritten, wie wir sagen: Services, Companies, Offices. Also Rechtsanwälte oder Arztpraxen, die Produkte in größeren Gebinden kaufen.

Frage: Aber offenbar auch weniger als früher. 2009 war für Metro ein schwieriges Jahr. In Landeswährung gerechnet haben Sie mehr als drei Prozent Umsatz verloren und das bei den bekannt niedrigen Gewinnspannen im Handel. Bauen Sie deshalb jetzt den Konzern um und fahren ein drastisches Sparprogramm?

Cordes: Zunächst: Der Blick auf die Margen Umsatz/Gewinn ist für uns nicht die entscheidende Größe, sondern die Rendite auf das eingesetzte Kapital. Und hier haben wir sehr erkleckliche Renditen. Aber natürlich sind wir im Angesicht der Wirtschaftskrise 2009 nicht untätig geblieben. Wir ersetzen beispielsweise margenschwächere Produkte durch margenstärkere Produkte. Etwa, indem wir das Geschäft mit Eigenmarken vorantreiben.

Frage: Das heißt konkret?

Cordes: Wenn Sie heute in unsere Selbstbedienungs-Warenhäuser Real gehen, dann finden Sie dort drei Eigenmarken. Produkte der Marke Tip finden Sie immer zu dem Preis, den auch Discounter verlangen. Real Quality bezeichnet Produktgruppen, die die Qualität von sogenannten A-Marken bieten. Und es gibt die Eigenmarke Real Selection. Das ist sozusagen die Topmarke. Wenn Sie dort in Blindverkostungen diese Produkte testen, dann werden Sie nicht auf die Idee kommen, dass das eine Eigenmarke ist.

Frage: Verzweifelte Versuche, Umsatz zu machen angesichts eines sehr umkämpften Marktes?

Cordes über die Besonderheiten in Deutschland

Cordes: Der deutsche Markt ist der wettbewerbsintensivste auf der Welt. Wir haben 1,5 Quadratmeter Verkaufsfläche im Handel pro Einwohner. In England beispielsweise ist es gerade einmal halb so viel. Deswegen sagen wir immer: Wer sein Geschäft in Deutschland ordentlich betreibt, kann es überall auf der Welt schaffen. Der deutsche Markt wächst im privaten Konsum kaum. Für uns hieß das deswegen schon frühzeitig, auf Expansion außerhalb Deutschlands zu setzen.

Frage: Eine andere Vertriebslinie ist der Kaufhof. Der Wettbewerber Karstadt ist pleite, Sie verdienen mit dem Kaufhof richtig Geld. Trotzdem wollen Sie ihn verkaufen. Warum?

Cordes: Der Kaufhof steht in der Metro-Gruppe für ungefähr fünf Prozent unseres Umsatzes. Der Kaufhof ist darüber hinaus ein Geschäft, das wir im Prinzip nicht außerhalb Deutschlands entwickeln können. Wir haben dafür nicht die Managementkapazität. Und wir haben mit unseren anderen Geschäftsaktivitäten, Real, Cash & Carry, Media-Markt, Saturn so gigantische Wachstumsmöglichkeiten, dass wir uns auf diese konzentrieren wollen. Aber wir sind nicht in der Situation, dass wir den Kaufhof um jeden Preis verkaufen. Wir haben sehr klare Wertvorstellungen. Wenn wir das nicht realisieren können, dann werden wir gar nicht oder erst später verkaufen.

Frage: Sie wollen zwei bis drei Milliarden Euro für den Kaufhof haben. Bekommen sie die noch, wenn jetzt Karstadt in andere Hände geht und die Idee, Teile von Karstadt und Kaufhof zusammenlegen, aus der Welt ist?

Cordes: Ich glaube nicht, dass der Wert des Kaufhof davon beeinflusst wird, wem Karstadt gehört. Wir werden sehen, wer das am Ende sein wird. Wir sind der Meinung, dass die im Markt genannte Spanne von zwei bis drei Milliarden Euro für Kaufhof ganz vernünftig ist.

Frage: Manche Handelsexperten sagen, das Geschäftsmodell Kaufhof habe sich überlebt. Die Kunden wollten diesen Mischmasch im Angebot nicht. Sie gingen stattdessen lieber zu Spezialisten.

Cordes: Das stimmt nicht. Das Kaufhaus-Geschäft hat Zukunft, wenn man es richtig macht. Es ist richtig, dass das Segment Kaufhaus Marktanteile verloren hat. Ein kleines Kaufhaus mit Putzlappen bis Hemden bis Arbeitskleidung ist nicht das Modell der Zukunft. Aber ein Kaufhaus mit ausreichend großer Fläche in den richtigen Lagen, in den richtigen Städten, das attraktiv ist, wird auch in der Zukunft seinen Platz im Markt haben.

Frage: Was passiert denn jetzt mit Karstadt? Bringt der Privatinvestor Nicolas Berggruen, der einen allerdings noch nicht rechtswirksamen Kaufvertrag unterzeichnet hat, Karstadt wieder auf Kurs?

Cordes: Es steht mir nicht zu zu beurteilen, ob der Käufer Berggruen Karstadt sanieren kann oder nicht. Tatsächlich ist hier ein Vertrag unterschrieben worden, der noch nicht rechtswirksam geworden ist. Wir selber sind in diesem Bieterprozess für Karstadt nicht zugelassen worden, weil wir von vornherein deutlich gemacht haben, dass es für uns schwierig sein würde, alle Karstadt-Häuser zu übernehmen. Aber die Häuser, die wir übernommen hätten, hätten auf jeden Fall eine sehr sichere Zukunft gehabt. Jetzt wollen wir mal abwarten, wie das Ganze dann wirklich zu Ende geht.

Cordes über die Gier der Manager

Frage: Den Deutschen wird vorgeworfen, sie seien vor allem Schnäppchenjäger. Ihre Saturn-Märkte haben früher mit "Geiz ist geil" geworben. Der Slogan war ungeheuer erfolgreich, aber sehr umstritten. Sie sind dafür sehr gescholten worden. Sie wirken auf uns nicht wie jemand, dem dieser platte Spruch gefallen könnte.

Cordes: Also, ein Vorstandsvorsitzender sollte sich in Werbesprüche nicht einmischen. Er liegt meistens daneben. Ich habe mir das komplett abgewöhnt und vertraue auf die Werbeleute, solange die Werbebotschaften ethisch vertretbar sind.

Frage: Das heißt, Sie fanden es ganz grauenvoll, haben es aber laufen lassen.

Cordes: Meine Herren! Es war jedenfalls ausgesprochen erfolgreich.

Frage: Das ist der Punkt. Kriegt man den deutschen Verbraucher vielleicht nur mit plakativen, vielleicht auch ein bisschen billigen Sprüchen?

Cordes: Das wäre sicherlich übertrieben. Ich denke, wir müssen hier schon etwas mehr differenzieren. Wir haben im deutschen Handelsmarkt einen Marktanteil der Discounter von 40 Prozent. 40 Prozent! Es gibt kein anderes Land der Welt, in dem Discounter ähnlich stark vertreten sind. Vor allem im Lebensmittelhandel spielt der Preis für viele Deutsche eine unglaublich wichtige Rolle. In anderen Bereichen sind sie sehr wohl bereit, mehr Geld für Qualität auszugeben.

Frage: Sie sind erkennbar ein sehr analytischer Mensch, ein Zahlenfreak. Sie haben sich beim Großkonzern Daimler bis fast an die Spitze hochgearbeitet, haben dort große Strategien entworfen und komplizierte Finanztransaktionen vorbereitet. Jetzt sitzen Sie bei einem sehr handfesten Unternehmen - der Handel ist überaus direkt. Dabei sind Sie gar kein Händlertyp.

Cordes: Die Unterschiede im Top-Management sind kleiner, als man vielleicht denkt. Ich bin keiner der sagt, ich kann alles managen. Aber man kann, wenn man lernfähig geblieben ist und die Neugierde behalten hat, sich relativ rasch in neue Arbeitsgebiete einarbeiten. Wenn ich morgens aufstehe, freue ich mich auf meine Arbeit und auf mein Unternehmen. Das habe ich früher auch gemacht. Aber das Handelsgeschäft hat teilweise Anforderungen, die Sie in der produzierenden Industrie nicht so haben. Es ist deutlich schneller. Sie müssen sich sehr viel rascher auf sich ändernde Nachfrageverhaltensweisen einstellen.

Frage: Sie sind auch ein politisch interessierter Mensch, parteilos, aber aktiv im der CDU-nahestehenden Wirtschaftsrat. Die Marktwirtschaft ist in einer Legitimationskrise, und Schuld daran ist auch das Image der Manager.

Cordes: Ich glaube, dass das Bild des gierigen Managers, der sich permanent selber optimiert, schlicht falsch und verkürzt ist. Natürlich hat es Fälle gegeben, und wird es wahrscheinlich auch immer wieder geben, wo Manager überzogen haben in ihrem Verhalten. Das wird nach vorne raus auch Konsequenzen haben. Es fängt damit an, dass wir heute die Gehaltssysteme, auch mein eigenes Gehalt, in der Hauptversammlung der Metro zur Abstimmung stellen. Glauben Sie mir, auch in der Kaste der viel gescholtenen Manager ist die absolute Einsicht da, dass Maßhalten angezeigt ist.

Frage: Maßhalten wäre schön. In den vergangenen 20 Jahren haben sich die Gehälter auseinanderentwickelt. Der normale Arbeitnehmer hat real eher weniger als früher und im Spitzenmanagement wird deutlich mehr verdient. Mehrere Millionen Euro statt einiger hunderttausend D-Mark. Das Sparpaket der Bundesregierung kürzt Sozialausgaben. Wären Sie persönlich bereit, ein Zeichen zu setzen und einen höheren Spitzensteuersatz für Top-Verdiener zu akzeptieren, um soziale Balance herzustellen?

Cordes: Ich möchte mal klarstellen: Mein persönlicher Steuersatz beträgt 49 Prozent. Ich bin gerne bereit, knapp die Hälfte meines Einkommens abzugeben. Ich denke aber, es reicht. Die Gefahr eines höheren Steuersatzes liegt darin, dass es aufgrund der Steuerprogression dann diejenigen trifft, die heute in der Breite die Leistungsträger unserer Volkswirtschaft ausmachen. Wir müssen einfach anerkennen, dass Ungleichheit zum Leben gehört. Wenn wir Herausforderungen in unserem Unternehmen haben, dann können wir auch nicht sagen, jetzt steigern wir mal den Umsatz. Wir können lediglich unsere Ausgaben managen. Und auch die Politik sollte diesen Weg gehen und Ausgaben kürzen, nicht Einnahmen erhöhen.

Frage: Womit wir bei der Wirtschaftspolitik wären. Wie finden Sie eigentlich die Performance der schwarz-gelben Koalition?

Cordes: Es gibt ganz sicherlich Raum für Verbesserung.

Forum Manager mit Eckhard Cordes wird ausgestrahlt an diesem Sonntag, 11. Juli, um 13 Uhr auf Phoenix.

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