Metro-Chef Cordes:"Einige unserer Strukturen sind nicht zeitgemäß"

Metro-Chef Eckhard Cordes erklärt, warum 15.000 Jobs bei dem Handelskonzern wegfallen und wie er zwei Chefposten bewältigt.

K.-H. Büschemann und S. Weber

Eckhard Cordes räumt offen ein, dass er als ehemaliger Automanager einige Zeit brauchte, um das Geschäft von Metro und den Tochtergesellschaften zu verstehen. Erst danach habe er damit anfangen können, den komplizierten Konzern umzubauen. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung erläutert der Metro-Chef seine Pläne. Der Verkauf der Tochtergesellschaft Real scheint kurz bevorzustehen.

Metro; AP

"Metro ist das bedeutendste Investment für Haniel", sagt der Vorsitzende Eckhard Cordes.

(Foto: Foto: AP)

Süddeutsche Zeitung: Herr Cordes, seit Mitte 2007 hat sich der Wert der Metro-Aktie mehr als halbiert. Jetzt müssen Sie den Konzern komplett umbauen und 15.000 Arbeitsplätze streichen. War es ein Fehler, dass Haniel bei der Metro im Sommer 2007 de facto die Mehrheit übernommen hat?

Eckhard Cordes: Das war kein Fehler. Nach 15 Monaten als Vorstandschef von Metro sehe ich für das Unternehmen heute sogar mehr Chancen als damals. Die Aktie hat nicht an Wert verloren, weil Metro weniger profitabel ist. Aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise bewertet die Börse Unternehmen heute anders. Das wird sich wieder ändern. Gerade bei Unternehmen mit Substanz wie der Metro.

SZ: Aber Metro steht nicht eben strahlend da.

Cordes: Das Unternehmen steht sehr gut da und hat Potential, besonders bei den Cash & Carry-Märkten sowie bei Media Markt und Saturn. Zugegeben: Unsere Tochter Real ist noch nicht da, wo wir sie gerne hätten. Aber: Real hat im Umbauprozess bislang alle Ziele erreicht. Wir sind im Plan.

SZ: Bevor Sie im November 2007 Metro-Chef wurden, waren Sie schon Aufsichtsratsvorsitzender. Sie kannten also die Probleme des Konzerns. Warum hat es so lange gedauert, bis Sie Veränderungen vornahmen?

Cordes: Ich verstehe gerne auch die Details, bevor ich notwendige Veränderungen vornehme. Ich will zuerst wissen, wie eine Organisation tickt. Wo liegen die Stärken? Wo liegen die Schwächen? Dafür benötigt man Zeit, besonders wenn man wie ich aus einer anderen Branche kommt.

SZ: Bauen Sie erst jetzt um, weil die Konjunktur so stark eingebrochen ist?

Cordes: Nein. Die Finanzkrise ist nicht der Grund. Wir haben den Veränderungsprozess bereits im Sommer 2008 eingeleitet. Die jetzige Krisensituation macht es uns aber leichter, die Organisation zu ändern. Jetzt versteht jeder, dass wir uns wetterfest machen müssen.

SZ: Wie stark beeinträchtigt die Finanzkrise das Geschäft von Metro?

Cordes: Wir haben unsere Investitionspläne für dieses Jahr nach unten korrigiert. Vor März werden wir aber keine Aussagen zum Geschäftsverlauf machen. Wir sind global tätig, mit einem starken Schwerpunkt im Lebensmittelhandel, der üblicherweise weniger stark von der Konjunktur abhängig ist als andere Branchen, in denen man Kaufentscheidungen lange verschieben kann.

SZ: Sie wollen den Konzern sogar "vom Kopf auf die Füße stellen". Also liegt vieles im Argen, oder?

Cordes: Unser Ziel ist, das profitable Wachstum des Konzerns langfristig zu sichern. Wir vereinfachen die Strukturen und machen das Unternehmen schlagkräftiger und wettbewerbsfähiger. Zugleich werden die Kosten deutlich reduziert. Wir haben erkannt, dass einige unserer Strukturen nicht mehr zeitgemäß sind. Wir haben zu viele Management-Ebenen und damit zu viel Abstimmungsbedarf.

SZ: Das heißt konkret?

Cordes: Bislang ist das Geschäft so organisiert, dass die Vertriebslinien den Einkauf und die Logistik nicht selbst verantworten. Das erledigen zentral tätige Konzerngesellschaften, die teilweise zu weit von Märkten und Kunden entfernt sind. Künftig erhalten Metro Cash & Carry, Media Markt Saturn, Real und Kaufhof die ungeteilte Verantwortung für ihr operatives Geschäft. Sie verantworten dann die gesamte Wertschöpfungskette vom Lieferanten bis zum Kunden.

Auf der nächsten Seite lesen Sie mehr über den Verkauf von Unternehmensteilen und Tochtergesellschaften und ob Eckhard Cordes es bedauert, zu Haniel und Metro gegangen zu sein.

"Einige unserer Strukturen sind nicht zeitgemäß"

SZ: Wann kommen die angekündigten Verkäufe von Unternehmensteilen? Die neue Organisation macht es doch für die Metro-Gruppe leichter, ganze Bereiche abzustoßen.

Eckhard Cordes; Reuters

"Wir haben zu viele Management-Ebenen und damit zu viel Abstimmungsbedarf": Metro-Chef Eckhard Cordes.

(Foto: Foto: Reuters)

Cordes: Das ist ein zufälliger Nebeneffekt, den wir aus heutiger Sicht nicht benötigen.

SZ: Sie planen schon lange die Verkäufe von Tochtergesellschaften, kommen aber nicht voran. Für Kaufhof findet sich trotz langer Suche kein Interessent. Warum?

Cordes: Galeria Kaufhof ist ein erfolgreiches Unternehmen, das seine Kapitalkosten verdient. Es passt aber in dieser Form nicht zu unserer Wachstumsstrategie, weil es vor allem ein nationales Geschäft ist und die Wachstumsmöglichkeiten hierzulande begrenzt sind.

SZ: Führen Sie Gespräche mit Interessenten?

Cordes: In einem normalen Kapitalmarktumfeld gäbe es sicher eine große Anzahl von Interessenten. Wir reden gegenwärtig mit niemandem. Das Gute ist: Der Kaufhof ist so stark, dass wir nicht verkaufen müssen. Wir können warten.

SZ: Wie groß ist die Chance, dass Kaufhof und der Konkurrent Karstadt, über deren Zusammengehen schon lange spekuliert wird, doch zueinander finden?

Cordes: Wenn man den Kaufhof verkaufen will, benötigt man jemanden, der ihn bezahlen kann. Der ist im gegenwärtigen Kapitalmarktumfeld nicht in Sicht.

SZ: Sie haben auch angekündigt, Real abzugeben, wenn es nicht gut läuft. Und Sie haben gesagt, Sie wollten Media Markt Saturn an die Börse bringen. Beides geht nicht weiter?

Cordes: Wir machen Media Markt Saturn kapitalmarktfähig. Ob wir mit einem Teil des Unternehmens an die Börse gehen, ist völlig offen. Bei Real bleiben wir bei der Aussage: Wenn das Unternehmen beim Ergebnis unter den Erwartungen bleibt, werden wir es verkaufen.

SZ: Was ist mit der Textilkette Adler, die Sie schon lange verkaufen wollen?

Cordes: Über Adler sind wir in intensiven Gesprächen. Wir haben eine ganze Reihe von Interessenten. Wann es zu einem Abschluss kommt, kann ich Ihnen noch nicht sagen.

SZ: Sie haben eine Doppelfunktion als Chef von Haniel sowie von Metro und erledigen Aufgaben, mit denen zuvor zwei Manager gut beschäftigt waren. Wie ist ein solches Pensum zu bewältigen?

Cordes: Ich habe meine Kapazitäten komplett freigeräumt für Haniel und Metro. Es gibt keine externen Mandate - nicht in Aufsichtsräten, nicht in anderen Gremien. Metro ist das bedeutendste Investment für Haniel. Wenn ich als Metro-Chef etwas Gutes für Metro tue, tue ich auch etwas Gutes für Haniel. Chef von Haniel und Chef von Metro, das sind nur formal zwei Jobs, inhaltlich sind es vielleicht anderthalb.

SZ: Haben Sie es schon bedauert, zu Haniel und Metro gegangen zu sein?

Cordes: Nicht einen einzigen Tag. Denn die Branchen, mit denen ich bei Haniel und Metro zu tun habe, sind Zukunftsbranchen. Ich fühle mich sehr wohl und habe Spaß an der Arbeit.

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