Nachhaltigkeit:Wie wär's mit ein paar Menschenrechten?

Kinderarbeit - Bangladesch

Ein Junge arbeitet in einer Aluminium-Fabrik in Bangladesch.

(Foto: dpa)
  • Nach langwierigen Verhandlungen soll das Bundeskabinett am Mittwoch den "Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte" verabschieden.
  • Darin steht, wie der Bund künftig Unternehmen und deren Subunternehmen zu mehr Verantwortung für die Menschenrechte bewegen will.
  • Das Papier ist allerdings voll von "soll" und "sollte", aber arm an wirklichen Vorschriften - und bleibt hinter vergleichbaren Plänen der Nachbarländer zurück.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Wenn das Bundeskabinett an diesem Mittwoch den "Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte" annimmt, dann ist es die Vollendung einer schweren Geburt. Gut ein Jahr dauerte seine Erarbeitung, seit Juli geisterte er durch diverse Ministerien, ohne je fertig zu werden. Kabinettstermine wurden ins Auge gefasst und wieder verworfen.

Der fertige Plan liegt nun der Süddeutschen Zeitung vor. Auf 42 Seiten legt er dar, wie der Bund künftig Unternehmen zu mehr Verantwortung für die Menschenrechte bewegen will. Es ist ein Katalog vor allem der Erwartungen. "Unternehmen sollen bei ihrer Geschäftstätigkeit nachteilige menschenrechtliche Auswirkungen verhüten und mildern", heißt es etwa. Oder: "Mit Hilfe einer Grundsatzerklärung sollten Unternehmen öffentlich zum Ausdruck bringen, dass sie ihrer Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte nachkommen."

Mit dem Plan setzt die Bundesregierung Leitprinzipien der Vereinten Nationen um, die sowohl Staaten als auch Unternehmen dazu verpflichten, Menschenrechte zu schützen. Die EU verlangt von jedem Mitgliedsstaat, entsprechende Aktionspläne zu entwickeln. In Deutschland wurde dafür eine Steuerungsgruppe eingerichtet, der neben Ministerien auch Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und Entwicklungsorganisationen angehörten.

Das Papier ist voll von Wünschen und arm an Vorschriften

Doch die Verhandlungen waren offensichtlich alles andere als einfach. Bis zum Schluss konsultierte das Kanzleramt zu dem Papier, zuvor hatte das Finanzministerium einen Katalog an Änderungsvorschlägen übermittelt, nicht wenige davon mit dem Ziel der Abschwächung. "Das war ein hartes Stück Überzeugungsarbeit", heißt es im federführenden Auswärtigen Amt, "für ein Ergebnis, das sich auch im internationalen Vergleich sehen lassen kann." Der Plan sei "ein wichtiger Schritt nach vorn". Er mache Fortschritte nun überprüfbar.

Dennoch ist das Papier voll von "soll" und "sollte" und arm an "muss". So "erwartet" die Bundesregierung, dass Unternehmen potenziellen Menschenrechtsverletzungen mehr Augenmerk schenken, auch entlang ihrer Lieferkette. Sie können dafür Mitarbeiter schulen oder sich, um mehr Druck auszuüben, Brancheninitiativen anschließen. Es gelte eine Sorgfaltspflicht, die sich auch dokumentieren lassen soll. "Der Rückzug aus einem Geschäftsfeld oder einem Standort", so heißt es, "sollte dabei allenfalls ein letzter Schritt sein." Die nationale Beschwerdestelle der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit OECD, bislang Anlaufstelle bei Menschenrechtsverstößen deutscher Unternehmen, werde aufgewertet. Angesiedelt ist sie beim Bundeswirtschaftsministerium.

Pläne in Frankreich und Großbritannien sind konkreter

Von 2018 an will die Regierung jährlich überprüfen, ob die Unternehmen "in angemessener Weise" reagiert haben. Auf konkrete Sanktionen verzichtet sie aber. "Sofern keine ausreichende Umsetzung erfolgt, wird die Bundesregierung weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen (...) prüfen", heißt es nur. Ziel sei es, dass die Hälfte aller Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sich für die Menschenrechte stark machen. Begründete Ausnahmen sind möglich.

Formulierungen, nach denen Firmen ihren Anspruch auf Außenwirtschaftsförderung verlieren, wenn sie Menschenrechte missachten, verschwanden wieder aus dem Entwurf. Zuvor hatten die Wirtschaftsverbände massiven Druck gemacht - unter anderem mit Verweis auf die Leistungen deutscher Firmen in Sachen Umwelt- und Sozialstandards. Neue Auflagen schadeten nur, schrieben sie im Sommer an Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU).

Entwicklungsorganisationen sehen das ganz anders. "Freiwillige Aufforderungen an die Unternehmen werden nicht ausreichen, um sie zur Achtung der Menschenrechte in ihren Geschäftsbeziehungen zu bewegen", sagt Sarah Lincoln, die sich bei Brot für die Welt mit dem Thema befasst. Vergleichbare Pläne in Frankreich oder Großbritannien seien weitaus ambitionierter.

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