Medikamente:US-Kassenschlager: Psychopillen für Kinder

Pharmakonzerne verdienen in den USA glänzend mit manisch-depressiven Kindern. Allein die Verschreibung für das Pfizer-Medikament Risperdal legte drastisch zu.

Arzneimittelkonzerne machen mit dem Verkauf von speziellen Psychopharmaka an Minderjährige offenbar glänzende Geschäfte. In den USA habe sich die Zahl der Verschreibungen für manisch-depressive Jugendliche von 2003 bis 2006 auf 4,4 Millionen verdoppelt, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Über die Anwendung der Medikamente bei Jugendlichen streitet die Fachwelt. Der gesamte Markt für Antipsychotika in den USA hat einen Wert von 11,5 Milliarden Dollar.

Medikamente: Der Pharmakonzern Pfizer verkauft das Mittel Geodon.

Der Pharmakonzern Pfizer verkauft das Mittel Geodon.

(Foto: Foto: AFP)

Die Diagnose manisch-depressiv war bis 1994 auf Erwachsene beschränkt; seitdem wurde sie schrittweise auf Kinder erweitert. Wer unter der Krankheit leidet, fällt oft für Wochen in tiefe Niedergeschlagenheit - und wechselt urplötzlich in einen Zustand übersteigerter Hektik.

Als Verkaufsschlager in den USA entpuppten sich seit 2003 Medikamente der Pharmakonzerne Pfizer und Johnson & Johnson, Astra Zeneca und Bristol-Myers-Squibb. Nur ein Mittel, Risperdal, erhielt jüngst die US-Zulassung speziell für Kinder. Die übrigen Produkte sind laut Beipackzettel für Erwachsene gedacht.

"Gängige klinische Praxis"

"Wir werben nicht dafür, Kindern die Medikamente zu verschreiben", heißt es einstimmig aus den Zentralen der Pharmakonzerne. Dennoch sei es "gängige klinische Praxis".

Die Zahl der Risperdal-Verschreibungen für Kinder kletterte von 2003 bis 2006 um 58 Prozent auf 1,9 Millionen. Das ist etwa ein Viertel der gesamten Risperdal-Verkäufe in den USA.

Risperdal ist das umsatzstärkste Medikament von Johnson & Johnson. Die Zahl der Verschreibungen für das Pfizer-Medikament Gedeon stieg von 89.000 im Jahr 2003 auf 251.000 im Jahr 2006.

Als Problem bei der Einnahme der speziellen Psychopharmaka sehen manche Mediziner die starken Nebenwirkungen. "Es ist ein Problem, wenn man so früh im Leben Übergewicht und Diabetes bekommt", sagt Steven Hyman, Psychiater und Leiter der Elite-Universität Harvard.

Hyman sagte weiter, die zunehmende Verschreibung der schweren Medikamente für Kinder beunruhige ihn. Steven Klotz, Psychiater aus Pennsylvania verteidigte die Verschreibungspraxis unter seinen Kollegen: "Wir sehen kranke Kinder und wollen ihnen helfen."

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