Medien:Gerüchte über Verkauf von AOL

Spekulationen über die Zukunft der Internetsparte AOL im TimeWarner-Konzern gibt es schon seit langem. Nun wollen die Auguren an der Wall Street jedoch mehr als Gerüchte gehört haben: Der weltgrößte Medienkonzern soll sich von AOL trennen.

Von Andreas Oldag

Angeblich arbeiten Investmentbanker von Goldman Sachs bereits an einem Konzept, wie die Ausgliederung zu bewerkstelligen sei. Das wäre das Ende einer einstigen Traum-Ehe.

America Online (AOL) hatte Time Warner 2001 im Zuge der größten Fusion der Wirtschaftsgeschichte für 112 Milliarden Dollar gekauft. Doch glücklich wurden die beiden Partner nie so recht mit einander.

Die Aktie, die zu Zeiten des Internetbooms noch bei mehr als 60 Dollar notierte, ist in den vergangenen Jahren stetig auf Talfahrt gewesen. Zwar konnte sich das Papier 2003 aufgrund des harten Sanierungskurses von Time-Warner-Chef Richard Parsons erholen.

Doch der derzeitige Kurs von 16,86 Dollar kann an der Wall Street keinerlei Begeisterungsstürme auslösen. Analysten rechnen damit, dass der neue Time-Warner-Konzern durch einen Verkauf von AOL rund zehn Milliarden Dollar einnehmen könnte.

Die Mittel könnte Parsons für seine ehrgeizigen Expansionspläne im Medien- und Filmgeschäft gut brauchen. Als Käufer kämen die Internetfirmen Yahoo oder Google in Frage. Zu den Interessenten könnte aber auch der Softwaregigant Microsoft gehören, der über eine prall gefüllte Kriegskasse verfügt.

Kunden laufen davon

Ein Sprecher von AOL bezeichnete die Meldungen über einen AOL-Verkauf als "Gerüchte". Wie es am Firmensitz von Time Warner in New York hieß, soll AOL-Chef Jonathan Miller aber spätestens bei der nächsten Sitzung des Time-Warner-Verwaltungsrats im April eine umfassende Analyse zur Lage der Internetsparte vorlegen.

Auf dieser Basis soll Konzernchef Parsons dann verschiedene Optionen zur weiteren Zukunft von AOL ausarbeiten lassen. Ein Verkauf könnte eine Möglichkeit sein, heißt es. Bereits im vergangenen Jahr hatte Time Warner die Bezeichnung AOL aus dem Firmennamen streichen lassen. Ein deutlicher Hinweis dafür, dass sich der Konzern von der einst umhätschelten Internetsparte nicht mehr allzu viel verspricht.

AOL hatte im vergangenen Jahr einen Umsatzrückgang auf 8,6 (9,1) Milliarden Dollar verbucht. Die Onlinesparte von Time Warner litt unter einem starken US-Kundenschwund um 2,2 Millionen auf 24,3 Millionen Nutzer sowie unter einem Rückgang der Werbeeinkünfte um 40 Prozent. In Europa hatte AOL knapp 6,4 Millionen Kunden, ungefähr so viel wie im Vorjahr.

Im Gesamtjahr 2003 erwirtschaftete Time Warner einen Reingewinn von mehr als 2, 6 Milliarden Dollar - der erste Jahresgewinn seit der Fusion von Time Warner und AOL.

Im Jahre 2002 betrug der Verlust 98,7 Milliarden Dollar infolge von Wertberichtigungen beim AOL-Internetdienst. Der Jahresumsatz des Konzerns wuchs 2003 auf 39,6 (37,3) Milliarden Dollar.

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