Managergehälter:Alle Macht den Aktionären

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Frankreichs Premier findet: Die Manager sind darin gescheitert, sich beim Gehalt selber zu mäßigen, nun sollen die Aktionäre entscheiden. Die Konzerne drohen deswegen mit ernsten Konsequenzen.

Von Leo Klimm, Paris

"Dann muss jetzt eben ein Gesetz her." Die Worte von Frankreichs Premierminister Manuel Valls klingen lapidar, doch für die Topmanager des Landes bedeuten sie ein Szenario, das sie unbedingt verhindern wollten. Die Konzernbosse hätten ihr Versprechen von mehr Selbstkontrolle statt Selbstbedienung missachtet, so Valls am Donnerstag. Also soll nun in Frankreich das Prinzip des "Say on Pay" strenger gefasst werden: Die Aktionäre eines Unternehmens sollen nicht mehr nur Empfehlungen zu den Bezügen der Manager abgeben, sondern ihr Votum soll verbindlich werden.

Die angekündigte Verschärfung der Regeln geht auf einen Streit zurück, bei dem Renault-Chef Carlos Ghosn die sozialistische Regierung jüngst düpierte: Der Chef des Autoherstellers - der immer wieder mit seinem Großaktionär, dem Staat, aneinandergerät - bekam vom Verwaltungsrat für 2015 Gesamtbezüge in Höhe von 7,2 Millionen Euro zugesprochen. Damit setzte sich das Gremium über die Hauptversammlung hinweg, die mehrheitlich gegen die hohe Bezahlung gestimmt hatte. Bei Nissan, dem Schwesterkonzern von Renault, verdiente Ghosn vergangenes Jahr noch einmal acht Millionen Euro.

Auch der Fall von Peugeot-Chef Carlos Tavares, dessen Bezüge verdoppelt wurden, befeuert die französische Debatte um Managergehälter. Oder Paul Hermelin, Chef des IT-Beraters Capgemini und pikanterweise Mitglied der Sozialisten: Hermelins Bezüge stiegen 2015 dank eines Aktienpakets um 18 Prozent auf 4,8 Millionen Euro, während er seine Mitarbeiter zur Lohnmäßigung anhält.

Starökonom Piketty und der Vorsitzende der Sozialisten fordern eine Deckelung

Im Durchschnitt haben die Chefs der 40 größten Aktiengesellschaften Frankreichs 2015 nach Berechnungen des Wirtschaftsblatts Les Echos vier Prozent mehr verdient, obwohl die Gewinne sanken. Mit durchschnittlich 2,3 Millionen Euro wirkt die Summe aus fester und variabler Vergütung im internationalen Vergleich zwar gering. Allerdings berücksichtigt diese Zahl nicht die steuerlich begünstigten Gratis-Aktienpakete wie das von Hermelin, die immer großzügiger ausfallen.

An diesem Donnerstag veröffentlichten 40 Persönlichkeiten, unter ihnen Starökonom Thomas Piketty und der Vorsitzende der Sozialisten, einen Appell. Sie fordern einen gesetzlichen Maximallohn in Höhe des hundertfachen Mindestlohns. Das entspräche 1,75 Millionen Euro. Rechtliche Bedenken gegen eine Gehaltsobergrenze, die ein Eingriff in die Unternehmensfreiheit wäre, wischen die Unterzeichner beiseite.

Für die Regierung ist die Debatte eine willkommene Gelegenheit, wieder linke Wähler anzusprechen. Dennoch zeigt sich Valls moderater als sein Parteichef: Der Premier will lediglich erzwingen, dass die Aktionäre die Bezüge bestimmen anstatt die Verwaltungs- oder Aufsichtsräte. Zudem soll eine Person künftig nicht fünf Aufsehermandate ausüben dürfen, sondern nur zwei. Damit soll es Managern erschwert werden, sich durch die gegenseitige Berufung hohe Bezüge zuzuschanzen. Wirtschaftsminister Emmanuel Macron, Valls' Gegenspieler in der Regierung, widersprach dem Premier allerdings umgehend: Macron hält ein nationales Gesetz für sinnlos, es sei für globalisierte Konzerne leicht zu umgehen.

Bei Staatsbetrieben wie der Bahn oder dem Stromversorger EDF hat die Regierung die Managergehälter schon 2012 bei 450 000 Euro gedeckelt. Bei privaten Firmen setzte sie bisher auf Selbstkontrolle. Außerdem sollte anfangs ein Steuersatz von 75 Prozent, der auf Einkommensteile oberhalb einer Million griff, mäßigen. Die Steuer lief jedoch nach zwei Jahren klammheimlich aus.

Frankreichs Arbeitgeber wollen verbindliche Vorschriften verhindern und überarbeiten nun ihren Kodex für Unternehmensführung - und sie drohen: "Die Unternehmen werden ihre Sitze aus Frankreich abziehen, sollten solche Gesetze kommen", sagte etwa Parick Pouyanné, Chef von Total. Seine US-Rivalen hielten ihn wegen seines geringeren Einkommens ohnehin "für einen kleinen Witzbold".

© SZ vom 20.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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