Manager:Gen Westen

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Morgan-Stanley-Bankerin Ruth Porat wechselt zu Google.

(Foto: Patrick T. Fallon/Bloomberg)

Viele Finanzmanager der Wall Street, wie etwa Ruth Porat von Morgan Stanley zieht es ins Silicon Valley - Geld ist dafür nur einer der Gründe, wenn auch ein wichtiger.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Natürlich ist Kalifornien der großartigste Bundesstaat der USA. Mary Garden sang bereits im Jahr 1913 davon, dass es sich bei diesem Ort an der Westküste um das Land der Blumen handelt, des Honigs, der Früchte und des Weins. "I Love You, California" heißt die offizielle Hymne, der Spitzname lautet Golden State - natürlich wegen der Farbe der Sonne, des Sandes am Strand oder wegen dieser Brücke in San Francisco. Mit schnödem Mammon hat das alles überhaupt nichts zu tun.

Auch Ruth Porat weiß, wie herrlich Kalifornien sein kann, sie ist in Palo Alto aufgewachsen und hat die Universität von Stanford besucht. In den vergangenen 28 Jahren allerdings arbeitete sie an der Ostküste in New York, zuletzt war sie Finanzchefin von Morgan Stanley. Sie war dabei mit einem Jahresgehalt von etwa zwölf Millionen Dollar eine der bestbezahlten Personen der Wall Street - und natürlich sorgt es für Aufregung, wenn eine der mächtigsten Frauen der Finanzbranche zu einer der mächtigsten Frauen im Technologiesektor wird: Sie wird am 26. Mai ihre Stelle als Finanzchefin bei Google antreten.

Die Jobs bei Google & Co. sind nicht nur lukrativer, sondern auch cooler

Porat, 58, ist tief mit der Technologiebranche verbunden, sie hat für Morgan Stanley einige bedeutende Finanzierungsrunden für Unternehmen wie Priceline, Amazon und Ebay geleitet, die heute als Platzhirsche im Silicon Valley gelten. "Ich habe aus erster Hand erfahren, wie Technologieunternehmen den Alltag der Menschen beeinflussen und ihnen helfen", sagt Porat und begründet ihren Wechsel zu Google so: "Ich bin ein Kind des Silicon Valley. Ich freue mich außerordentlich, zu meinen kalifornischen Wurzeln zurückzukehren." Heißt übersetzt: Mit schnödem Mammon hat das überhaupt nichts zu tun.

Nur leider kam zwischenzeitlich heraus, dass Google allein für den Wechsel von Porat mehr als 70 Millionen Dollar bezahlen wird. Porat erhält zunächst einen Bonus von fünf Millionen Dollar und ein Aktienpaket von 25 Millionen Dollar - im kommenden Jahr gibt es dann noch einmal Anteile im Wert von 40 Millionen Dollar. Dazu bekommt sie ein Jahres-Grundgehalt von 650 000 Dollar. Sie dürfte also allein in diesem Jahr 30,6 Millionen Dollar verdienen und damit deutlich mehr als Morgan-Stanley-Chef James Gorman (18 Millionen Dollar) und viele andere Wall-Street-Geschäftsführer.

Natürlich hat Kalifornien seinen Spitznamen auch wegen der Farbe der Nuggets, die vor mehr als 150 Jahren aus dem Fluss geholt wurden, und wegen des Reichtums einiger Pioniere, die damals mutig genug waren, gen Westen zu ziehen und dort ihr Glück zu versuchen. Deshalb muss der Wechsel von Porat in einem größeren Zusammenhang betrachtet werden. Vor einem Jahr wechselte der frühere Goldman-Sachs-Banker Anthony Noto als Finanzchef zu Twitter. Sein Jahresgehalt beträgt 250 000 Dollar, er bekam jedoch Anteilsoptionen, die derzeit mehr als 75 Millionen Dollar wert sind. Das Gras in Kalifornien, es ist für viele Manager gerade sehr, sehr grün. Die Farbe der Geldscheine auch.

"Dieser Wechsel wird einige Köpfe zum Rauchen bringen", sagt David Arnold. Er ist der Präsident von Arnold Partners, einer Firma im Silicon Valley, die sich auf die Suche nach leitenden Angestellten spezialisiert hat: "Da passiert gerade etwas zwischen Wall Street und Silicon Valley." Er selbst habe in den vergangenen zwölf Monaten mehrere Wall-Street-Finanzexperten nach Kalifornien gelockt. Auch der Wechsel Porats überrasche ihn nicht, sagt er, schließlich liege der Wert von Google derzeit bei 400 Milliarden Dollar, der von Morgan Stanley bei gerade einmal 72 Milliarden. Facebook-Managerin Sheryl Sandberg verfügt mittlerweile über ein Vermögen von mehr als einer Milliarde Dollar, Apples neuer Finanzchef Luca Maestri bekam im vergangenen Jahr mehr als 14 Millionen Euro.

Die Unternehmen im Silicon Valley können mittlerweile oft höhere Gehälter bieten als die Banken in New York, dazu klingt der Job im West interessanter und, nun ja, ganz einfach cooler. "Der Finanzchef einer Bank verbringt den Großteil seiner Zeit damit, sich um Regelkonformität und behördliche Fragen zu kümmern", sagt John Lonski, Chefökonom von Moody's Analytics: "Der Finanzchef eines wachsenden Technologieunternehmens hat damit viel weniger zu tun - das ist ein großer Unterschied."

Diese Entwicklung ist mittlerweile an jener Fakultät bekannt, zu deren Selbstverständnis es gehört, künftige Top-Manager auszubilden. Die Harvard Business School veröffentlichte kürzlich eine Statistik, nach der im vergangenen Jahr nur noch 33 Prozent der Absolventen eine Anstellung im Finanzsektor angenommen haben - im Jahr 2006 waren es noch 42 Prozent. Dagegen wählen mittlerweile 17 Prozent einen Job in der Technologiebranche (2006: sieben Prozent). Dem US-Arbeitsministerium zufolge hat sich die Zahl der Arbeitsplätze im Bereich "Web-Publishing und Suchportale" in den vergangenen zehn Jahren beinahe verdreifacht.

Natürlich ist die Wall Street noch immer ein attraktives Arbeitsumfeld, im vergangenen Jahr betrug der durchschnittliche Manager-Bonus 173 000 Dollar und damit zwei Prozent mehr als im Jahr zuvor. Noch sind die Wechsel mächtiger Figuren wie Noto oder Porat aufregende Einzelfälle, aus denen sich jedoch ein Trend entwickeln könnte, der nicht nur mit Honig, Früchten und Wein zu tun hat, sondern mit sehr viel Geld. "Ich kann es nicht erwarten, meine Ärmel hochzukrempeln und anzufangen", sagt Porat. Da klingt sie wie eine echte Goldschürferin.

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