Magna und Opel:Der Mann mit der Motorsäge

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Radikaler Jobabbau: Magna-Co-Chef Wolf kappt bei der Opel-Sanierung allein in Deutschland etwa 4500 Arbeitsplätze. Und Antwerpen? Wird einfach dicht gemacht.

Dass etliche Jobs wegfallen war schon vorher klar, dass es so viele sein werden allerdings nicht: Opel-Käufer Magna will in Europa massiv Arbeitsplätze wegrationalisieren. Insgesamt sollen 10.500 Jobs gestrichen werden. Das Werk im belgischen Antwerpen wird demnach im kommenden Jahr geschlossen. In Deutschland ist der Abbau von 4500 Arbeitsplätzen geplant.

Magna-Co-Chef Siegfried Wolf bestätigte einen entsprechenden Plan des Konsortiums aus Magna und der staatlichen russischen Sberbank.

Die IG Metall hatte bereits Ende vergangener Woche, unmittelbar nach Bekanntwerden des Opel-Magna-Deals, zähe Verhandlungen in Aussicht gestellt. "Magna ist ein harter, kantiger Arbeitgeber angelsächsischer Prägung", warnte der Frankfurter IG-Metall-Bezirksvorsitzende und Opel-Aufsichtsrat Armin Schild. "Die holen jetzt sofort die Motorsäge raus." Jetzt scheint es soweit zu sein.

Nur Eisenach wird verschont

Dem bereits im Juli vorgelegten Konzept zufolge ist das Werk Eisenach der einzige Standort, der ohne Jobabbau auskommen soll. In Bochum sollen 2045 Jobs wegfallen, in Kaiserslautern 283 und in Rüsselsheim 717. Von der geplanten Schließung in Antwerpen wären laut Konzept mehr als 2300 Stellen betroffen. Außerdem werden in der Verwaltung Stellen gestrichen.

Opel beschäftigt insgesamt 49.000 Menschen in Europa und betreibt Werke in Deutschland, Spanien, Großbritannien und Polen.

Wolf betonte, die neue Opel-Gesellschaft wolle ihre Schulden bis 2015 zurückgezahlt haben. "Profitabel ist das Unternehmen schon früher." Der Magna-Geschäftsplan sieht bereits für 2011 "ein deutlich positives operatives Ergebnis" vor. Wolf rechnet in den kommenden ein bis zwei Wochen mit der Vertragsunterzeichnung. Der endgültige Abschluss des Deals, der unter anderem noch die Zustimmung von EU-Gremien bedarf, könne bis Mitte oder Ende November erfolgen.

Geld für Russland

Wolf verteidigte energisch die geplanten Investitionen in Russland in Höhe von 170 Millionen Euro für ein bereits begonnenes Werk in St. Petersburg. Der für die Bundesländer tätigte Opel-Treuhänder Dirk Pfeil hatte zuvor kritisiert, dass 600 Millionen Euro der 4,5 Milliarden Euro Bürgschaften des deutschen Staates nach Russland abfließen könnten.

Wolf jedoch sagte, dass die Summe von 600 Millionen Euro die Investitionen in Russland insgesamt seien, von denen die neue Gesellschaft namens New Opel nur 170 Millionen Euro übernehme. Der Rest werde vom russischen Geschäft selbst aufgebracht.

Sberbank-Chef German Gref sagte zu der Summe von 600 Millionen: "Das ist keine Hilfe für die russische Autoindustrie." Wolf bekräftigte zudem, dass die Schulden bis 2015 zurückgezahlt und das Unternehmen schon früher in die schwarzen Zahlen zurückkehren soll. Er erwarte, dass der Vertrag über den Opel-Verkauf mit General Motors im November fertig sein soll. Dann soll auch die Genehmigung der EU-Kommission in Brüssel vorliegen.

Die geplanten Kredite des deutsches Staates von 4,5 Milliarden Euro sorgen unter anderem in Belgien wegen der Schließung des dortigen Werkes für Unmut. Außenminister Yves Leterme will deswegen an einem Treffen zur Zukunft von Opel am Dienstag in Berlin teilnehmen.

USA und Korea sind tabu

New Opel darf den Plänen zufolge auch in Zukunft seine Autos nicht in den USA und Korea verkaufen. Für Kanada gilt diese Regelung für zwei Jahre, wie Wolf sagte. Die erfolgreichen Modelle Astra und Insignia dürfen zudem für fünf Jahren nicht in dem rasant wachsenden chinesischen Markt verkauft werden. Die entsprechenden Verträge sollen in den kommenden Tagen mit General Motors ausgearbeitet werden. Allein das Hauptwerk hat Wolf zufolge 600 bis 700 Seiten. "Die Arbeit beginnt jetzt", sagte der Österreicher. Ein Rückkaufrecht soll GM nicht erhalten.

Die deutsche Staatshilfe für Opel sorgt in Berlin für Streit. Die Grünen-Fraktion im Bundestag beantragte für Mittwoch eine Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses zum Thema "Bedingungen des Verkaufs von Opel an Magna".

FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte: "Ich kann überhaupt nichts davon halten, dass wir mit unseren deutschen Steuermilliarden nicht Arbeitsplätze in Deutschland retten, sondern in Wahrheit Russland technologische Entwicklungshilfe geben."

Brüssel will sorgfältig prüfen

EU-Wettbewerbskommissarin Neelie kündigte unterdessen eine gründliche Prüfung der Staatsbeihilfen Deutschlands und anderer Opel-Standortländer an. "Ich werde feststellen, ob nicht-wirtschaftliche protektionistische Bedingungen mit der öffentlichen Hilfe verknüpft sind - de jure oder de facto", sagte Kroes im Europäischen Parlament in Straßburg. Sie wolle insbesondere herausfinden, ob die Bundesregierung ihre Hilfe nur einem Bieter gewährleisten wollte, und wenn dies der Fall ist, aus welchen wirtschaftlichen Gründen. Eine Restrukturierung unter politischen Auflagen könne fehlschlagen, warnte Kroes. Dies würde nur den Beschäftigten, den Steuerzahlern und dem gesamten Autosektor schaden.

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