Magna und GM:Stichwort: Europa

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Magna hat zwar den Zuschlag für Opel erhalten, doch über einzelne Standorte müssen GM und der Investor aus Österreich noch verhandeln.

Michael Kuntz und Harald Schwarz

Über einiges müssen General Motors (GM) und Magna noch reden. Zum Beispiel, ob das nagelneue Autowerk in St. Petersburg mit verkauft werden soll. "Das ist noch nicht entschieden", heißt es dazu bei Opel in Rüsselsheim. Die russische Sberbank will bei Opel nun nur vorübergehend einsteigen. Die Sberbank habe nicht die Absicht, langfristig ein "strategischer Investor" bei Opel zu bleiben, sagte Bank-Chef German Gref am Donnerstag in St.Petersburg.

Die Zukunft der russischen Opel-Werke ist noch offen. In Westeuropa wird es allerdings tiefe Einschnitte geben. Einen Überblick die gesamten Produktionsstandorte in Europa sehen Sie in dieser Grafik. (Foto: Grafik: SZ)

Mit der gerade einmal vor gut einem halben Jahr in St. Petersburg eröffneten Fabrik verband die GM-Tochter Opel große Hoffnungen. GM wollte dort jährlich 80.000 Fahrzeuge bauen - doch es wurden nur wenige. Denn auch in Russland brach die Nachfrage ein.

Im April liefen pro Tag gerade 40 Chevrolet Captiva und Opel Antara vom Band. Im Sommer sollten 135 Chevrolet Cruze dazukommen, ein von der koreanischen GM-Tochter auf der Plattform des Opel Astra entwickeltes Mittelklasseauto.

Noch-Eigentümer entscheiden

Was aus dem hochmodernen Werk werden soll, das wird wohl nicht nur von seinen Noch-Eigentümern entschieden. Da werden die russischen Partner des österreichisch-kanadischen Autozulieferers Magna mitreden wollen. Die haben angekündigt, die zwei Gemeinschaftsfirmen von GM in Togliatti (Avtovaz) und Kaliningrad (Avtotor) fortführen zu wollen.

Der Magna-Partner Gaz des Oligarchen Oleg Deripaska will mit Hilfe von Opel sein altes Wolga-Werk in Nischnji Nowgorod auf den neuesten Stand der Technik bringen. Das dauert. Zumindest so lange könnte "New Opel" das modernste General-Motors-Werk in Russland gut gebrauchen.

An den nun neun zu Opel gehörenden westeuropäischen Produktionsstandorten drohen derweil tiefe Einschnitte. Etwa 10.000 Arbeitsplätze sollen nach dem Willen von Magna abgebaut werden. Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz nennt es seinen "moralischen Anspruch", bei der geplanten Rotstiftpolitik des Managements ohne Werksschließungen und ohne Entlassungen auszukommen. Ob das gelingt, ist allerdings noch fraglich.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie es mit den Opel-Werken in Rüsselsheim, Bochum und Kaiserslautern weitergeht.

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Das Werk am Opel-Stammsitz in Rüsselsheim steht derzeit auf der sicheren Seite. Es profitiert davon, dass in der Fabrik der Mittelklassewagen Insignia gebaut wird. Für dieses Fahrzeug gibt es aus Europa 120.000 Bestellungen. Carl-Peter Forster, der Chef des Restrukturierungsteams, sagt, dies sei "sensationell". Die Insignia-Fertigung läuft auf Hochtouren. Zur Zeit gibt es sogar Sonderschichten.

Als akut gefährdet gelten hingegen die beiden Fabriken im englischen Luton und im belgischen Antwerpen. Sie waren allerdings bereits in den vergangenen Jahren immer wieder bedroht. Wie Magna respektive Opel mit beiden Werken verfahren wird, dürfte auch davon abhängen, ob England und Belgien bereit sind, einen nennenswerten Anteil an der staatlichen Kreditbürgschaft zur Rettung des Unternehmens zu übernehmen.

Veraltete Fabrik in Bochum

Spekuliert wurde immer wieder über das Schicksal der britischen Fabrik in Ellesmere Port. Dieser Standort zählt aber nicht mehr zu den Wackelkandidaten, weil sonst der englische Markt aufs Spiel gesetzt würde. Zudem läuft in Ellesmere Port gerade die Produktion des neuen Astra an. Das kostet viel Geld - die Rede ist von mehr als einer halben Milliarde Euro. Doch der Astra ist als Konkurrent des VW Golf für Opel überlebenswichtig.

Dem Werk in Bochum hingegen droht der Verlust von 1800 der etwa 5000 Stellen. Die Fabrik gilt als veraltet. Sie soll künftig die exklusive Produktion des Opel Zafira übernehmen. Weitere Entscheidungen stehen noch aus. Dem Betriebsrat zufolge gibt es für Bochum "weitere Optionen". Auf einen Personalabbau muss sich auch das Komponenten- und Motorenwerk Kaiserslautern einstellen.

Werksdirektor Wolfgang Weber sagte der Süddeutschen Zeitung, langfristig, also bis zum Jahr 2019, solle die Stellenzahl dort von derzeit 3400 auf "unter 2000 sinken". Die meisten Jobs könnten dabei durch Altersteilzeit eingespart werden. Zudem könnten frei werdende Stellen nicht wieder besetzt werden. Betriebsbedingte Kündigungen will der Werksdirektor vermeiden.

© SZ vom 05.06.2009/kaf/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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