Magic Music Company:Das Bollywood am Rhein wird saniert

Zwei Sanierer schicken sich an, Europas größten Studiobetreiber MMC wieder profitabel zu machen. Mit dem ZDF konnte auch schon ein öffentlich-rechtlicher Kanal als Kunde gewonnen werden. Künftig soll Thomas Gottschalks "Musical Showstar 2008" hier produziert werden.

Caspar Dohmen

Die Magic Music Company (MMC) ist ein Kind verfehlter sozialdemokratischer Medienpolitik der achtziger Jahre in Nordrhein-Westfalen. Projekte wie das MMC oder die Trickfilmstudios in Oberhausen sollten eigentlich als Leuchttürme vom Strukturwandel der Montan- zur Medienindustrie zeugen.

Magic Music Company: Thomas Gottschalks neue Sendung "Musical Showstar 2008" soll in Köln produziert werden.

Thomas Gottschalks neue Sendung "Musical Showstar 2008" soll in Köln produziert werden.

(Foto: Foto: AP)

Stattdessen entstanden Millionengräber für öffentliche Gelder. Doch nun gibt es zumindest für MMC die Chance, Geld zu verdienen. 1991 begann der Betrieb in den ersten Studios im Kölner Norden, in denen heute unter anderem RTL "Deutschland sucht den Superstar" produziert. In den Augen selbst damaliger Verfechter des Projektes war die Anlage viel zu groß.

Der jetzige Sanierer sieht aber einen anderen Grund für den Misserfolg vom Bollywood am Rhein. "Man kann nicht sagen, dass die Studioflächen zu groß sind", sagt Hans-Joachim Ziems. Ihn hat die Sparkasse Köln-Bonn zusammen mit seinem Partner Ralf Schmitz vor einem halben Jahr als Sanierer zur MMC geholt, wo er seitdem als Geschäftsführer fungiert. "Einen wirtschaftlichen Betrieb verhinderten insbesondere die wahnsinnig hohe Mieten", sagte Ziems der Süddeutschen Zeitung. 40 Prozent der Kosten seien allein auf die Miete entfallen, branchenüblich seien maximal 20 Prozent.

Nutznießer war der Immobilienfonds Oppenheim-Esch und dessen vermögende Kundschaft. Für sie gibt es trotz jahrelanger Verluste der MMC bislang kein Risiko auf ihr Investment, da die Sparkasse Köln-Bonn die Mietzahlungen über einen Zeitraum von zehn Jahren garantierte. Die Kosten dafür beliefen sich laut Sparkassenkreisen auf jährlich 18 Millionen Euro. Die Sparkasse musste sogar die Studios übernehmen, nachdem die Firmengründer Bernd und Helmut Breuer ebenso ausgestiegen waren wie die Fernsehsender RTL und ProSieben Sat 1. Nun strebt Sparkassenchef Dietmar Binkowska, der seit Anfang des Jahres die Geschäft übernahm, einen möglichst schnellen Ausstieg an. Die Mietgarantien seines Hauses enden 2009.

Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation hat der Fonds bereits einer Mietminderung zugestimmt, die unter Berücksichtigung der noch bis Ende 2009 laufenden Mietzuschüsse in 2008 und 2009 schwarze Zahlen ermöglichen. "Wir brauchen eine marktgerechte Miete. Dafür muss der Fonds noch einmal deutlich runtergehen", fordert Ziems, der bereits einschlägige Erfahrungen bei der Sanierung des Imperiums von dem Medienmogul Leo Kirch gesammelt hatte.

"Die bisherige Miete kann aus dem operativen Geschäft nicht geleistet werden", sagt er. Einen weiteren Personalabbau bei der arg gebeutelten Gesellschaft schließt der Sanierer aus. "Wir wollen den Laden schließlich nicht klein schlagen", sagt er. 35 der 150 angestellten Mitarbeiter haben bereits die Kündigung erhalten.

"Es ist nicht leicht, damit Geld zu verdienen, aber es ist gut für das Image"

Unterdessen hat der Generalbevollmächtigte Ralf Schmitz für eine vollständige Auslastung der Studios gesorgt, die vorher nur bei rund 70 Prozent lag. So konnte Schmitz mit dem ZDF einen öffentlich-rechtlichen Kanal als Kunden gewinnen. Künftig entsteht hier die Sendung "Musical Showstar 2008" mit Thomas Gottschalk. Der Mainzer Sender will weitere Produktionen nach Köln verlagern.

Außerdem arbeiten die Sanierer an der Bekanntheit der Studios. "Europas größter Studiobetreiber war in Hollywood gänzlich unbekannt", sagt Schmitz, der kürzlich den nordrhein-westfälischen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers bei dessen USA-Reise begleitete, die auch nach Hollywood führte. Der Sanierer ist sich sicher, dass demnächst einige Hollywood-Studios am Rhein Kinofilme produzieren werden. "Es ist nicht leicht, damit Geld zu verdienen, aber es ist gut für das Image", sagt Schmitz, der bereits erste Vertreter von Hollywoodstudios begrüßen konnte.

"Angesichts der Ausstattung sind die schier vom Hocker gefallen". Auf dem Gelände gibt es Studios mit einer Größe von bis zu 2600 Quadratmetern, einen Studiowassertank und eine Open-Air-Bühne für bis zu 10000 Zuschauer. Zehn Projekte seien in der Planung.

Lange galt die MMC auf dem unter erheblichen Überkapazitäten leidenden Studiomarkt als der Preisbrecher unter den Studios. "Die MMC hat die Preise verdorben, sie nahm wohl, was kam", sagt Schmitz. Nun würden Produzenten auch schon einmal abgelehnt, die zu wenig zahlen wollten. Von dem neuen Preisbewusstsein der Kölner werden nach Schmitz Ansicht auch die anderen Studiobetreiber in Deutschland profitieren, egal ob in Babelsberg oder bei der Bavaria München.

Fünf Jahre veranschlagt Ziems für die Sanierung der MMC, dann sollten sie "verkaufsfähig sein". Interessant sein dürften die Studios vor allem für einen strategischen Investor, egal ob für eine Fernsehsender, ein Produktionsunternehmen oder einen anderen Studiobetreiber. Den Verkaufspreis der MMC hatte die Sparkasse laut SZ-Informationen in der Vergangenheit mit 32 Millionen Euro angesetzt. Im letzteren Fall könnten im Bollywood am Rhein dann doch noch die Lichter ausgehen, wenn einfach die Überkapazitäten geschlossen werden. "Denkbar ist vieles in der Medienlandschaft", sagt Ziems.

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