Mängel beim Brandschutz:Berliner Flughafen-Eröffnung wird noch weiter verschoben

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Bisher war von "einigen Monaten" Verzögerung die Rede. Doch die Eröffnung des Großflughafens Berlin-Brandenburg könnte sich nach dem Debakel beim Brandschutz bis ins Jahr 2013 verzögern. Die provisorische Lösung beim Brandschutz reicht der zuständigen Behörde nicht.

Oliver Klasen

Ein Debakel ist es bereits. Die für Anfang Juni geplante feierliche Eröffnung des neuen Berliner Großflughafens musste vor einer Woche verschoben werden - auf unbestimmte Zeit, wegen Problemen beim Brandschutz. Jetzt könnte sich der Start sogar bis 2013 hinauszögern.

Noch nicht freigegebene Verkehrsschilder an der Zufahrt zum neuen Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg am heutigen Mittwoch. (Foto: dpa)

Klaus Wowereit (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, hat sich bereits vor einigen Tagen öffentlich entschuldigt, bei den Fluglinien und bei anderen Firmen, die fest damit gerechnet hatten, dass der neue Flughafen planmäßig in Betrieb geht.

Bisher hieß es nun, dass mit "einigen Monaten" Verzögerung zu rechnen sei, weil der TÜV Rheinland und andere Sachverständige Zeit bräuchten, um die Funktionsfähigkeit der Brandschutzeinrichtungen zu bescheinigen. Wowereit hatte eine Eröffnung noch im August ins Gespräch gebracht. Andere Experten sprachen davon, dass das etwa 2,5 Milliarden teure Großprojekt nicht vor Ende Oktober in Betrieb gehen könne. Doch auch dieser Termin ist offenbar nicht haltbar.

Stephan Loge, der Landrat des Kreises Dahme-Spreewald, dem das Bauordnungsamt untersteht, sagte der SZ, dass er nach derzeitiger Lage eine Genehmigung für einen provisorischen Brandschutz "nicht in Aussicht stellen" könne.

"Entweder, der Brandschutz funktioniert elektronisch-vollautomatisch - oder gar nicht", so Loge. Die Feuerschutzeinrichtungen auf Flughäfen hätten sich in den vergangenen Jahren erheblich weiterentwickelt, eine rein mechanische Steuerung sei nach modernen Maßstäben nicht denkbar. "Eventuell könnten einzelne Meldewege mechanisch überbrückt werden, aber niemals der ganze Flughafen", sagte der Landrat.

Damit bestätigte er einen Bericht der Bild-Zeitung. Sie hatte aus einem Schreiben des Bauordnungsamtes in Königs Wusterhausen zitiert, das für die finale Abnahme des Flughafens zuständig ist. Der Brief war an den Bauchef des Flughafens, Manfred Körtgen, gerichet. Darin heißt es, dass das Amt Übergangslösungen bei der Sicherheitstechnik, wie etwa den manuellen Betrieb von Feuerschutztüren oder Sprinkleranlagen ablehnt.

"Vollautomatisch oder gar nicht"

Loge möchte sich nicht darauf festlegen, wie lange sich die Inbetriebnahme des Flughafens dadurch verzögert. Das hänge auch von logistischen Erwägungen der Airlines ab. Sicher sei, dass TÜV und andere Gutachter mehrere Wochen benötigten, um eine fertiggestellte Brandschutzanlage abzunehmen.

Die endgültige Genehmigung der Bauordnungsbehörde könne dann sehr schnell erfolgen: "Innerhalb von zwei Wochen könnten wir dann soweit sein", sagte Loge.

Die Bild hatte unter Berufung auf einen Flughafen-Bereichsleiter weiter berichtet, dass ein vollautomatischer Betrieb 2012 nicht mehr gewährleistet werden könne. Eine Eröffnung sei deshalb erst zu Beginn des Sommerflugplans Ende März 2013 sinnvoll. "Es läuft auf März 2013 hinaus" berichtete auch die Nachrichtenagentur Reuters und bezog sich bei ihrem Zitat auf Regierungskreise. Der Flughafenbetreiber bestätigte den neuen Termin zunächst nicht.

Im Flughafen-Aufsichtsrat hatte am Mittwochnachmittag die Aufarbeitung des Eröffnungsdebakels begonnen. Es geht um die Frage, wer dafür Verantwortung trägt. Die Geschäftsführer der Betreibergesellschaft, Flughafenmanager Rainer Schwarz und Bauchef Körtgen, mussten vor dem Gremium Rechenschaft ablegen. Den Vorsitz hat Wowereit inne, ebenfalls Mitglied ist der Brandenburger Regierungschef Matthias Platzeck. Ein Ende des Treffens war am späten Abend nicht absehbar, hieß es am Rande der Sitzung.

Bei dem Treffen mussten sich Schwarz und Körtgen unangenehmen Fragen stellen: Wie konnte es zu den Bauverzögerungen kommen? Und warum gingen die Flughafen-Chefs damit erst vier Wochen vor der Eröffnung an die Öffentlichkeit?

Terminprobleme sollen seit Februar bekannt sein

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die Terminprobleme offenbar schon im Winter bekannt waren. Experten des TÜV Rheinland hätten Ende Februar geurteilt, dass die Betriebssicherheit des Flughafens wegen zahlreicher Mängel und fehlender Unterlagen bis zum geplanten Eröffnungstermin am 3. Juni nicht mehr bescheinigt werden könne, berichtet die Berliner Morgenpost.

Das Protokoll sei sowohl der Flughafengesellschaft als auch der koordinierenden Planungsgruppe zugestellt worden. Neben Mängeln an Luft-Umwälzpumpen, automatischen Feuerlöschanlagen und Entrauchungsklappen hätten die Sachverständigen auch auf 40 "Bedenkanzeigen" verwiesen.

Wowereit und Platzeck haben personelle Konsequenzen nicht ausgeschlossen. Ob Schwarz und Körtgen ihre Posten räumen müssen, steht aber noch nicht fest.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sprach angesichts der Verzögerungen von schwerem Missmanagement. Er habe eine Arbeitsgruppe namens "Soko BER" eingerichtet, für alle "Obliegenheiten, die vonseiten des Bundes zu gewährleisten sind". Es sei zu ergründen, inwieweit "auf bohrende Fragen des Aufsichtsrats auch in der Vergangenheit die Geschäftsführung umfassend und korrekt oder nicht umfassend und nicht korrekt informiert hat."

© Süddeutsche.de/Reuters/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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