Machtkampf der Autobauer:Das Porsche-Volk

Mit dem Gezerre um Porsche und VW erlebt der Zuschauer ein dramatisches Schauspiel. Jetzt drohen die Porsche-Mitarbeiter mit Streiks, aber es wird ihnen nichts nützen.

Dagmar Deckstein

Schon das relativ unbeteiligte Publikum steht seit Wochen und Monaten fassungslos am Rande der Bühne. Zu sehen gibt es einen beispiellosen Machtkampf darüber, wer nun endgültig das Sagen haben soll über die beiden noch nicht ganz vereinten Autokonzerne Volkswagen und Porsche.

Machtkampf der Autobauer: Machtkampf um deutsche Autobauer: Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff rechts im Hintergrund.

Machtkampf um deutsche Autobauer: Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff rechts im Hintergrund.

(Foto: Foto: Getty)

Eine Schlammschlacht, in der sich die Protagonisten der beiden gegnerischen Linien mit Intrigen, Schmähreden und Drohungen gegenseitig in die Knie zu zwingen versuchen, ihre Geschütze in Stellung bringen und so die Spannung, wie das Ganze wohl ausgehen wird, jeden Tag noch ein bisschen zu steigern vermögen.

Immer, wenn das Publikum annahm, jetzt sei der Höhepunkt erreicht - etwa mit den gezielt gestreuten Rücktrittsgerüchten von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking -, wurde eine noch höhere Erregungsstufe erklommen. Eine solche stellt nun der stets provokationsbereite Betriebsratschef Uwe Hück in Aussicht und kündigt "galaktische Kämpfe" der Belegschaft um die Eigenständigkeit Porsches an.

Tatsächlich spielte eine Frage in all dem Tohuwabohu, das Wiedeking und Konsorten, die Familienvertreter der Porsches und Piëchs, der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff veranstaltet haben und noch veranstalten, bisher fast keine Rolle: Wenn die Öffentlichkeit schon täglich aufs Neue erschaudert angesichts der Unverfrorenheit, mit der die Rankünen ausgetragen werden, wie erst mögen sich die unmittelbar Betroffenen, die 11.000 Mitarbeiter des Zuffenhausener Sportwagenbauers vorkommen?

Dass sie die Aussicht, zehntes Rad am Wagen des VW-Konzerns mit seiner 30-mal so großen Belegschaft zu werden, alles andere als in Freudentaumel versetzt, ist nachvollziehbar. Wie überhaupt nachvollziehbar ist, dass sich Beschäftigte immer häufiger mit sehr unkonventionellen Mitteln Gehör und Respekt zu verschaffen versuchen, wenn sie, wie so oft, zum Spielball machtstrategischer Fusions-, Übernahme oder Restrukturierungspläne ihres Topmanagements werden.

Und das vor dem Hintergrund eilfertig vorgetragener Lippenbekenntnisse, dass die Mitarbeiter ohnehin das wertvollste Kapital seien, über das ein Unternehmen verfüge. In den Planspielen des Managements spielt dieses Kapital dann meist nur noch eine ganz untergeordnete Rolle.

Da verwundert es nicht, dass - wie zuletzt mehrere Male in Frankreich geschehen - ganze Belegschaften nach dem Motto "Wir sind das Volk" Betriebe besetzen und sogar ihre Bosse in ihren Chefbüros festhalten.

Nach diesem Muster planen auch Betriebsrat und IG Metall bei Porsche Standortbesetzungen und wollen aus Protest die Produktion lahmlegen. Das ist zwar vergleichsweise ungefährlich, weil in der verlängerten Sommerpause im August die Bänder ohnehin stillstehen sollen.

Mehr als ein Finale furioso als Solidaritätsbekundung für ihren sehr wahrscheinlich scheidenden Chef Wendelin Wiedeking wäre das "galaktische" Protestereignis also nicht. Auch für die Porsche-Belegschaft heißt es, Abschied von der zuletzt fast sonnenkönighaft anmutenden Macht ihres gefeierten Chefs zu nehmen.

Showtalent Uwe Hück

Zu Wiedekings zweifellosen Stärken gehörte und gehört es, vom ersten Vorstandstag an schnörkellos offen mit den Leuten am Band, in der Lackierstraße zu reden, dafür lieben sie ihn in Zuffenhausen, Weissach und Leipzig. Und nur so konnte Wiedeking seine ebenso unbestrittene unternehmerische Großtat vollführen, Porsche vom Pleitekandidaten in den profitabelsten Autohersteller der Welt zu verwandeln.

Besonders profitiert von der 15 Jahre währenden Erfolgssträhne Porsches hat dabei das Showtalent Uwe Hück, den Wiedeking nach der Devise "teile und herrsche" an seiner Macht hat teilhaben lassen.

Ein Betriebsratschef auf Augenhöhe mit dem Topmanager des Konzerns, das ist und war eine Rolle so recht nach Hücks Geschmack. Aber auch sein Kampf um die Eigenständigkeit Porsches, ohne die er seine Sonderrolle verliert, ist wohl ein vergeblicher. Mag er auch noch so galaktisch inszeniert sein.

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