Luxusmesse Baselworld:"Die Kreativität fehlt"

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Yvan Arpa ist Schweizer Uhrendesigner und wird "Hooligan of Watchmaking" genannt, weil seine Uhren anders aussehen als klassische Modelle. Nun hat Arpa für Samsung eine Smartwatch entworfen. Im Interview erklärt er, warum.

Interview von Charlotte Theile

Die Luxusmesse Baselworld ist eine Welt für sich. In einer Halle sind ausschließlich Diamanten zu sehen, in einer weiteren andere Edelsteine. Das eigentliche Thema aber sind Luxusuhren. Neben den Pavillons von Rolex, Burberry und Patek Philippe wirkt das schlichte Schwarz-Weiß von Samsung irgendwie deplatziert, die Verkäufer tragen auch noch Sneakers. Der Schweizer Uhrendesigner Yvan Arpa hat die Seiten gewechselt - er hat für Samsung die neue Smartwatch Gear S 3 entwickelt.

SZ: Herr Arpa, die Uhr, die Sie für Samsung entworfen haben, macht es einem etwas schwer. Auf den ersten Blick denkt man, es sei eine normale Uhr, dann erst bemerkt man das Missverständnis.

Yvan Arpa: Für mich ist diese Uhr der Missing Link, das fehlende Glied, zwischen Smartwatch und analoger Uhr. Die ersten Smartwatches waren eher etwas für Geeks, die analogen Uhren sind auch für ältere, technikuninteressierte Menschen gemacht. Ich will, dass diese Uhr für alle ist.

Sie sprechen von zeitlosem Design. Mit Verlaub: In anderthalb Jahren wird sich niemand mehr eine Samsung Gear S 3 kaufen.

Ja, klar. Die Technik entwickelt sich weiter, und es werden neue Modelle auf den Markt kommen. Mein Anspruch ist es aber, dass man auch in fünf Jahren noch sagt: Cool, du hast diesen Klassiker, die Gear S 3.

Beim Design der Smartwatches gibt es zwei verschiedene Denkschulen: Zum einen Leute wie Sie, die versuchen, möglichst nah an die richtigen Uhren heranzukommen. Zum anderen diejenigen, die einen neuen Look propagieren.

In zehn Jahren werden wir sehen, wer Recht gehabt hat. Ich glaube aber: Wer sich an einem über Jahrhunderte gewachsenen Design wie dem der klassischen Herren-Armbanduhr orientiert, hat gute Chancen, etwas Bleibendes zu schaffen.

Herren-Uhr ist ein gutes Stichwort. Auch die Gear S 3 sieht an vielen weiblichen Handgelenken eher klobig aus.

In Nordeuropa tragen die Frauen schmalere Uhren, das stimmt. In Italien zum Beispiel ist das ganz anders, da sind große Ziffernblätter auch bei Frauen extrem gefragt. Ich glaube, dieser Trend wird auch nach Deutschland kommen.

Sind Sie sicher?

Ziemlich sicher. Ich glaube, wer einmal eine große Uhr am Arm hatte, kann nicht mehr zurückgehen. Es ist so viel übersichtlicher.

Auch die Schweizer Luxusuhrenbranche versucht sich an Smartwatches. TAG Heuer stellt gerade ein neues Modell vor. Es kostet mit 1700 Euro etwa viermal so viel wie die Gear S 3.

Das ist doch wunderbar, der Markt ist groß genug für uns alle. Ich bin sicher, die werden ihre Margen haben.

Sie designen selbst seit zwanzig Jahren Schweizer Uhren. Woran krankt diese Branche im Moment?

Ich habe das Gefühl, die Kreativität fehlt. Es geht nur darum, mit den immer gleichen Rezepten sichere Geldanlagen zu schaffen. Das ist langweilig. Die jungen Leute wollen nicht mehr die gleichen Uhren tragen wie ihre Väter und Großväter.

Viele wollen das schon.

Na gut, einige vielleicht. Aber ich finde es spannend, neue Wege zu gehen.

Die Verkäufe der Smartwatches gehen bisher nicht gerade durch die Decke. Vielleicht brauchen die Leute das gar nicht?

Ich glaube, das ist ein Missverständnis. Viele Millionen Menschen kaufen Smartwatches, aber der Lebenszyklus der Uhren ist kurz. Nach ein paar Monaten warten alle schon auf das neue Modell. Ich glaube nicht, dass das ein Nischenmarkt ist. Es braucht nur etwas Zeit, bis die Smartwatch wirklich bei den Menschen ankommt. Ich würde mein Modell nicht mehr hergeben, es ist total praktisch: beim Sport, beim Motorradfahren, überall.

Die große Herausforderung für Leute wie Sie müsste es doch sein, uns vom ständigen Blick ins Handy zu erlösen.

Absolut. Ich möchte vernetzt sein und nicht dauernd den Kopf ins Display stecken. Wie das gehen soll, weiß ich aber auch nicht. Ich bin sicher, wenn wir in fünf Jahren auf die jetzige Zeit zurückschauen, werden wir uns nicht mehr vorstellen können, dass wir so gebückt in unseren Smartphones lebten. Da kommt etwas Neues. Aber ob das die Uhr sein wird? Keine Ahnung.

© SZ vom 29.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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