Lux-Leaks-Prozess:Erfolg für Whistleblower

Lux-Leaks-Prozess: Antoine Deltour: „Ich hatte vollstes Vertrauen in die Justiz und gute Argumente, um diesen Kampf zu gewinnen.“

Antoine Deltour: „Ich hatte vollstes Vertrauen in die Justiz und gute Argumente, um diesen Kampf zu gewinnen.“

(Foto: Aurore Belot/AFP)

Das oberste Berufungsgericht Luxemburgs hat die Bewährungsstrafe gegen Antoine Deltour aufgehoben. Der Franzose zeigte sich nach dem Urteil erleichtert.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

In der Lux-Leaks-Affäre hat das oberste Berufungsgericht Luxemburgs die Bewährungsstrafe gegen den Whistleblower Antoine Deltour aufgehoben. Der frühere Mitarbeiter der Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers (PwC) hatte zusammen mit seinem Ex-Kollegen Raphaël Halet den Skandal um die Steuerdeals internationaler Konzerne mit den Finanzbehörden des Großherzogtums an die Öffentlichkeit gebracht. Im März 2017 war Deltour in zweiter Instanz zu sechs Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldbuße von 1500 Euro verurteilt worden, weil er vertrauliche Daten gestohlen hatte. Halet wiederum soll 1000 Euro Geldbuße bezahlen, urteilten die Richter des Luxemburger Kassationshofs am Donnerstag.

Das Gericht verwies das Verfahren gegen Deltour zurück an das Berufungsgericht der zweiten Instanz, das nun in neuer Zusammensetzung darüber entscheiden muss. Der Franzose zeigte sich nach dem Urteil erleichtert: "Ich hatte vollstes Vertrauen in die Justiz und gute Argumente, um diesen Kampf zu gewinnen." Die Verteidigungslinie seines Anwalts hat die Richter offenbar überzeugt. Er verstehe nicht, warum sein Mandant vom Gericht zwar als Whistleblower anerkannt, dann aber wegen Diebstahls verurteilt werden könne. Ohne im Besitz von Daten zu sein, könne man schließlich nicht zum Whistleblower werden. Dies sei ein Paradoxon. Die Richter sahen das ähnlich: Deltours Funktion als Hinweisgeber sei nicht richtig gewürdigt worden, hieß es.

Halet kündigte an, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anzurufen. Er betonte, im Interesse der Allgemeinheit gehandelt zu haben. Beide Whistleblower beriefen sich erneut auf den Schutz, der Hinweisgebern nach Artikel 10 der Europäischen Konvention für Menschenrechte zustehe. Halets Anwalt erklärte, dass sein Mandant keinen fairen Prozess gehabt habe, wie das in dieser Konvention vorgesehen sei.

Deltour und Halet hatten den Lux-Leaks-Skandal im Jahr 2014 aufgedeckt: Bei ihrem früheren Arbeitgeber PwC stießen sie auf Dokumente, die belegen, wie internationale Konzerne Steuern in Milliardenhöhe vermeiden. Und zwar mit Hilfe der Luxemburger Finanzbehörde, die abenteuerliche Steuerkonstruktionen mit ihrem Stempel legitimierte. Im Herbst 2014 offenbarten Enthüllungen Dutzender Medien, darunter die Süddeutsche Zeitung, wie das Großherzogtum die Steuervermeidung für mehr als 300 Unternehmen organisiert hatte. Klar wurde auch, welch niedrige Steuersätze internationale Konzerne wie Amazon oder Ikea in EU-Staaten zahlten.

Deltour hat nie bestritten, die vertraulichen Dokumente an den Journalisten Edouard Perrin weitergereicht zu haben. "Ich habe aus Überzeugung gehandelt, nicht, um in die Medien zu kommen", hatte er nach Veröffentlichung der Lux-Leaks gesagt. Deltour betonte damals, nicht der einzige Whistleblower zu sein. "Ich bin nur ein Teil einer größeren Bewegung", sagte er. Es seien nicht nur wegen ihm Dokumente an die Öffentlichkeit gelangt, sondern auch Dateien weitergegeben worden, die auch von anderen großen Beratungsunternehmen erstellt worden waren, darunter etwa Ernst & Young (EY), KPMG und Deloitte.

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