Luftverkehr:Kurs Süden

Billiganbieter Ryanair landet in Frankfurt

Mit Rabatt: Eine Maschine des irischen Billigfliegers Ryanair auf dem Rollfeld des Flughafens Frankfurt.

(Foto: Boris Roessler/dpa)

Lufthansa ist sauer, weil der Frankfurter Flughafenbetreiber Ryanair Rabatt gewährt. Mehr Langstreckenflüge sollen nach München verlegt werden.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Bei Lufthansa ist man richtig sauer auf den Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport. Und um dies zu demonstrieren, hat die Fluggesellschaft ihre traditionell in Frankfurt stattfindende Bilanzpressekonferenz in diesem Jahr ins Terminal des Münchner Flughafens verlegt. Dort wird das Management am Donnerstag der Presse Rede und Antwort stehen. Wenn wir in Frankfurt nicht mehr erwünscht sind, dann geht es auch woanders - das soll wohl die Botschaft sein. Oder: In München versteht man uns.

Der Auslöser des Ärgers heißt Ryanair. Die Billigfluggesellschaft nimmt Ende März ihre ersten vier Strecken am Flughafen Frankfurt auf, Ende Oktober folgen 20 weitere. Sieben Flugzeuge sind dann am größten Lufthansa-Drehkreuz stationiert. Lufthansa wirft Fraport vor, mit einem eigens für Ryanair neu gestalteten Gebührenmodell ihr, dem größtem Anbieter am Platz, massiv zu schaden. Ryanair werden im ersten Jahr die Hälfte der Passagiergebühren erstattet, 14 Euro pro Person, nach drei Jahren läuft die Förderung aus. Lufthansa stört vor allem, dass Ryanair auch auf den 17 Strecken Rabatt bekommt, auf denen sie in direkter Konkurrenz zur Lufthansa fliegt.

Nun ist die Situation eskaliert: In den vergangenen Wochen haben Fraport und Lufthansa versucht, noch einen Kompromiss zu finden, doch die Gespräche gelten mittlerweile als gescheitert. Und damit geht es in die nächste Runde: Lufthansa will künftig auf den Strecken, die beide Airlines bedienen, nur noch die Hälfte bezahlen und in Kauf nehmen, dass Fraport sie sogar verklagt. Im kommenden Sommerflugplan ist der Effekt noch zu vernachlässigen, da nur eine Strecke (nach Palma de Mallorca) betroffen ist. Doch im nächsten Winter sind es bereits 17 Verbindungen, darunter auch dicht beflogene Strecken wie Frankfurt-London. Macht Lufthansa ihre Drohung wahr, dann geht es schnell um Millionenbeträge.

Wie Flughäfen neue Anbieter fördern dürfen, ist in einer Richtlinie der Europäischen Union geregelt. Demnach muss sich die Unterstützung auf neue Betreiber oder neue Strecken beziehen, sie muss zeitlich befristet sein und kleiner werden, je länger sie gewährt wird. Ralph Beisel, Geschäftsführer des deutschen Flughafenverbandes ADV, sagt, die Frankfurter Gebührenordnung erfülle diese Anforderung, rechtlich sei sie also "sauber".

Die Regelungen unterscheiden sich von Flughafen zu Flughafen. In München etwa gibt es bei neuen Strecken zeitlich befristet sogenannte Marketingzuschüsse, die den Fluggesellschaften helfen sollen, neue Strecken zu bewerben. Die Zuschüsse sind grundsätzlich auch auf Verbindungen verfügbar, die andere Airlines bereits anbieten. Entschieden wird immer im Einzelfall - unter dem Strich kann das Münchner Modell aber für ähnliche Konflikte sorgen wie die Frankfurter Gebührenordnung.

Lufthansa könnte von dem Rivalen in Frankfurt auch profitieren

Und was rechtlich geht, muss strategisch nicht immer sinnvoll sein. Lufthansa kritisiert in einem Papier, Fraport habe extra für Ryanair die Zahl der möglichen Flüge pro Stunde von 100 auf 104 erhöht, dies stelle die "operationelle Stabilität" des Flughafens infrage. Die angekündigte "Stationierung von bis zu 20 hoch subventionierten Ryanair-Fliegern" gefährde zudem die Wirtschaftlichkeit wichtiger Zubringerverbindungen der Lufthansa-Gruppe. Damit würden auch Langstrecken unwirtschaftlicher und der Einsatz neuer Flugzeuge wie des Airbus A350 und der Boeing 777X rechne sich nicht. Beide hat Lufthansa bestellt, die ersten A350 werden schon jetzt ab München eingesetzt. Und weiter heißt es: "Die Gefahr einer weiteren Verlagerung auf kostengünstigere Drehkreuze der Lufthansa Group steigt stark." Sprich: München könnte profitieren.

Doch es gibt auch andere Stimmen. "Lufthansa macht mit ihren lauten Klagen eine große Marketingkampagne für Ryanair", sagt ein Branchenkenner. "Mittlerweile weiß jeder, wo die hinfliegen werden." Das Problem aus Sicht von Fraport sei, dass Lufthansa an ihrem größten Standort wegen der eigenen hohen Kosten nicht mehr wachse. Der Flughafenbetreiber habe sich daher nach Alternativen umsehen müssen. Der Schritt sei "überfällig" gewesen, wenn auch nicht besonders gut orchestriert - Lufthansa erfuhr per Pressemitteilung von dem Ryanair-Vertrag.

Die Kritik sei aber auch deswegen nicht nachzuvollziehen, weil Lufthansa langfristig von der Präsenz von Ryanair in Frankfurt profitieren werde. Der Druck auf den Flughafen, die Gebühren strukturell und nicht nur per zeitweiligem Rabatt zu senken, steige stark. Außerdem habe Ryanair Lufthansa den Vorwand geliefert, den eigenen Billigableger Eurowings schon ab nächstem Jahr in Frankfurt zu stationieren. Damit habe sie einen weiteren Trumpf in der Hand, um den eigenen Piloten endlich Zugeständnisse bei den Personalkosten abzuringen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: