Lufthansa:Mit königlicher Zustimmung

Lufthansa: Abflug in Brüssel, und die Lufthansa ist dabei: Ein Passagier-Jet der Fluggesellschaft Brussels Airlines (früher Sabena) hebt vom Flughafen Zaventem ab.

Abflug in Brüssel, und die Lufthansa ist dabei: Ein Passagier-Jet der Fluggesellschaft Brussels Airlines (früher Sabena) hebt vom Flughafen Zaventem ab.

(Foto: Benoit Doppagne/AP)

Die deutsche Fluggesellschaft wird wohl Brussels Airlines übernehmen. Das belgische Unternehmen ist nach harter Sanierung wieder profitabel. König Philippe ist einverstanden.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Carsten Spohr hatte am Montag einen außergewöhnlichen Termin. Der Lufthansa-Chef war zum Gespräch beim belgischen König Philippe nach Brüssel geladen. Er durfte dort berichten, dass Belgien und die Hauptstadt insbesondere für Lufthansa trotz der Terroranschläge weiter ein wichtiger Markt seien und der Luftfahrtkonzern zu seiner schwer gebeutelten belgischen Tochtergesellschaft Brussels Airlines stehe, die immer noch mit den Folgen der Bombenexplosionen am Flughafen Zaventem kämpft.

Wenn der Anschein nicht trügt, dann dürfte sich die Unterstützung bald sehr konkret manifestieren. Lufthansa wird aller Voraussicht nach bald entscheiden, die restlichen Anteile der belgischen Fluggesellschaft zu übernehmen. Derzeit hält der Konzern 45 Prozent der Aktien, der Rest liegt bei einem Konsortium belgischer Investoren, die die Überreste der bankrotten Sabena weiterführen wollten. Lufthansa hatte den Minderheitsanteil 2008 für 65 Millionen Euro gekauft. 2011 trat erstmals eine sogenannte Call Option in Kraft, derzufolge Lufthansa die restlichen Anteile der Dachgesellschaft SN Airholding jährlich zu einem Stichtag übernehmen kann. Bislang hat sich Lufthansa immer gegen den Schritt entschieden, sodass der Zeitraum, in dem die Option gezogen werden konnte, ausgeweitet werden musste. Doch nun hat sich im Vorstand offenbar die Meinung durchgesetzt, die Zeit sei reif, Brussels voll zu integrieren.

Voraussichtlich wird sich der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 27. April mit der Sache befassen. Lufthansa bestätigt offiziell lediglich, dass eine Entscheidung in Sachen Brussels Airlines noch im zweiten Quartal fallen soll. Der Kaufpreis hängt von der wirtschaftlichen Lage der Tochtergesellschaft ab, kann aber der ursprünglichen Vereinbarung zufolge bis zu 250 Millionen Euro (für alle Anteile) betragen.

Neben der Präsenz in der europäischen Hauptstadt ist für Lufthansa vor allem das profitable Streckennetz nach Afrika interessant, das zum Teil noch auf die Kolonialgeschichte Belgiens zurückgeht. Neben Air France ist Brussels Airlines der größte europäische Anbieter auf dem Kontinent. Allerdings: Glücklich geworden ist Lufthansa mit dem Engagement in Belgien bislang nicht. Brussels Airlines hat in den vergangenen Jahren stetig Verluste geschrieben, brauchte zwischenzeitlich die finanzielle Hilfe des Konzerns und musste ein unbequemes Sanierungsprogramm durchlaufen - das zuletzt endlich Wirkung entfaltete. Im Jahr 2015 machte die Airline mit 41 Millionen Euro erstmals wieder einen Mini-Gewinn und transportierte 13 Prozent mehr Passagiere.

Der Terror wirkt nach: Wer kann, meidet derzeit das Ziel Brüssel

Doch gerade, als es besser zu laufen begann, explodierten am 22. März die Bomben im Terminal von Zaventem. Zunächst war der Flughafen ganz geschlossen, Brussels Airlines musste die Langstrecken nach Zürich und Frankfurt verlegen. Das wird richtig teuer. Zwar fliegt die Airline nun wieder nahezu ihr volles Programm von Zaventem aus, jedoch ist die Nachfrage massiv gesunken. Wer kann, der meidet das Ziel Brüssel derzeit, und wer dennoch reist, der muss mit unmöglichen Bedingungen klarkommen: Zuletzt kontrollierte die Polizei jedes einzelne Auto an der Zufahrt zum Flughafen, stundenlange Verspätungen waren die Folge, und der Bahnhof ist sowieso geschlossen. Das Einchecken und die Kontrollen in den Zelten vor den Terminals können noch einmal mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Es ist offenkundig, dass kein normaler Luftverkehr unter diesen Bedingungen stattfinden kann. Für Spohr und seine Vorstandskollegen ist klar, dass Brussels Airlines mit seinen gerade einmal knapp 50 Flugzeugen zu klein ist, um als komplett eigenständige Einheit überleben zu können. Sprich: Sie muss integriert werden und könnte deswegen bald Teil des Konglomerats von Fluggesellschaften werden, das gerade unter dem Dach der Marke Eurowings zusammengestellt wird. Das Management von Eurowings könnte dann zentrale Funktionen von Brussels Airlines übernehmen. Ob die belgische Marke, die es erst seit 2007 gibt, verschwindet, ist offenbar noch nicht geklärt. Eurowings wiederum soll nach der Vorstellung Spohrs offen sein für weitere Mitglieder, bevorzugt in Lufthansa-Kernmärkten. Bislang besteht die Billigsparte des Konzerns aus Germanwings, der Regionalairline Eurowings, Eurowings Europe (Wien) und einer neuen Langstrecken-Sparte, die von Sun Express betrieben wird. Dabei wird es wohl nicht bleiben.

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