Lufthansa:Trügerischer Glanz

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Lufthansa hat den Konflikt mit den Flugbegleitern noch nicht gelöst. Auf den Fotos sind Uniformen aus früheren Zeiten zu sehen. (Foto: Fabian Bimmer/Reuters)

Lufthansa verzeichnet im Jahr 2015 einen Gewinnsprung. Doch der Erfolg beruht vor allem auf billigem Treibstoff. Beim Konzernumbau geht es nur langsam voran.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Auf den ersten Blick hat Lufthansa finanziell ein hervorragendes Jahr hinter sich: 1,8 Milliarden operativer Gewinn, mehr Umsatz, eine höhere Dividende für die Aktionäre. Nicht einmal die 23 Streiktage, an die sich viele geplagte Lufthansa-Passagiere noch sehr gut erinnern können, sorgten für äußerlich sichtbare Spuren und für 2016 sieht es sogar noch besser aus, denn das Ergebnis soll sich noch einmal leicht erhöhen. Alles also gut?

Man muss bei Lufthansa noch nicht einmal besonders genau hinschauen, um festzustellen dass die derzeit relativ gute Lage des Unternehmens vor allem einem Sondereffekt zu verdanken ist: dem billigen Treibstoff. Man muss ebenfalls nicht besonders genau hinschauen um festzustellen, dass die Prognose für das Jahr 2016 besser aussieht als sie ist. Und emotional war 2015 für Lufthansa sowieso das wohl schwierigste Jahr überhaupt: am 24. März 2015 ließ Co-Pilot Andreas Lubitz einen Airbus A 320 der Konzerntochter Germanwings in Suizidabsicht gegen einen Berg fliegen - 150 Menschen starben. In der kommenden Woche findet noch einmal eine Gedenkfeier in den französischen Alpen statt.

Wie sehr Lufthansa vom billigen Kerosin profitiert, machen ein paar Zahlen deutlich: 2014 zahlte sie insgesamt 6,7 Milliarden Euro, im vergangenen Jahr waren es 5,7 Milliarden. Der operative Gewinn bei den fliegenden Tochtergesellschaften Lufthansa, Swiss, Austrian und Eurowings stieg insgesamt um 800 Millionen Euro. Der Konzern hat es also insgesamt nicht einmal geschafft, den vollen Treibstoffvorteil mitzunehmen, anderswo wurde mehr ausgegeben. Und für 2016 wird die Schere noch größer: Finanzvorstand Simone Menne rechnet damit, dass die Gruppe mit 4,8 Milliarden Euro noch einmal eine Milliarde weniger für Sprit ausgeben wird als im abgelaufenen Jahr, aber der Gewinn soll nur noch leicht steigen. Was also passiert da?

Mehrere Faktoren machen Lufthansa weiterhin zu schaffen: Im Kerngeschäft mit Drehkreuzen und Langstreckenverbindungen, wo theoretisch noch hohe Ticketpreise zu erreichen wären, wächst der Konzern nicht, denn die Kosten stimmen nicht. Stattdessen findet ein Großteil des erstaunlich hoch geplanten Wachstums von 6,6 Prozent (bei den angebotenen Sitzkilometern) bei der Billigtochter Eurowings statt. Dort sind die Ticketpreise quasi per Definition geringer und die Marge noch minimal. Unter dem Strich können sich die Lufthansa- und Eurowings-Passagiere auf "deutlich rückläufige" Preise freuen, auf Unternehmensseite frisst der Effekt viel vom zusätzlichen Gewinn auf. Und auch einige der Tochtergesellschaften könnten besser laufen.

Billigtochter Eurowings soll die Hälfte zum Wachstum beitragen

Spohr betont zwar, dass sich Lufthansa im "konstruktiven Dialog" mit den Gewerkschaften Vereinigung Cockpit (Piloten) und Ufo (Flugbegleiter) befinde. Anders ausgedrückt heißt es aber, dass bei den beiden Mitarbeitergruppen auch nach den desaströsen Streiks des vergangenen Jahres immer noch keine Einigung auf wahrnehmbar niedrigere Kosten gibt. "Umstrukturierungen sind in guten Zeiten immer schwieriger zu vermitteln, aber wir müssen sie trotzdem konsequent umsetzen", so Spohr. Bis es so weit ist ,bleibt es dabei, dass der faktische und emotionale Kern" (Flüge unter der Marke Lufthansa), was die Anzahl der Flugzeuge betrifft, schrumpft, obwohl 2016 52 neue Maschinen ausgeliefert werden sollen. Lufthansa mustert noch mehr ältere Modelle aus, unter anderem sollen womöglich Langstreckenjets vom Typ A340 an Iran Air gehen.

Etwa die Hälfte des konzernweit geplanten Wachstums findet bei der Billigtochter Eurowings statt. Und Lufthansa erwägt ernsthaft, Eurowings künftig auch am Drehkreuz in München einzusetzen, um neue Strecken zu fliegen, die für die Kernmarke Lufthansa nicht gewinnbringend wären. "Wir sind in München in den letzten Jahren nicht genug gewachsen", sagt Spohr. Eurowings kommt derzeit im Vergleich zur Lufthansa auf rund 30 Prozent niedrigere Kosten. Das ist zwar deutlich günstiger, aber immer noch zu viel im Vergleich zu Ryanair und Easyjet. Daher sollen die Stückkosten in den kommenden beiden Jahren noch einmal jeweils um zehn Prozent sinken. Immerhin gelang es der Sparte, 2015 erstmals einen minimalen Gewinn vom 38 Millionen Euro auszuweisen.

Zu geringe Fortschritte bei den Kosten insgesamt sind das Eine, der Wettbewerb ist das Andere: Finanzchefin Menne prognostiziert auch deswegen keine nennenswerte Gewinnsteigerung, weil immer größer werdende Billigkonkurrenten den Preisdruck auf Lufthansa weiter erhöhen werden. Wenn der Konzern in dem Geschäft mithalten will, bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als bei Eurowings zu investieren, auch wenn das viel Geld kostet. Es ist wohl immer noch deutlich billiger, als die Kernmarke Lufthansa direkt noch breiter gegen Easyjet und Ryanair antreten zu lassen.

Sorgen bereiten müssen Lufthansa auch einige der anderen Sparten: Der Gewinn bei der Frachttochter Lufthansa Cargo ist eingebrochen, weil Überkapazitäten den Markt belasten. Insgesamt wird nach Angaben von Finanzchefin Menne der Ergebnisbeitrag von Fracht, Lufthansa Technik, LSG SkyChefs und den anderen Servicegesellschaften geringer ausfallen.

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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