Lufthansa:Kompromisse im Stillen

Warnstreik der Lufthansa-Beschäftigten

Es wird wieder geflogen - eine Pappfigur an einem Lufthansa-Schalter.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Im Tarifstreit zwischen der Fluggesellschaft und den Flugbegleitern einigen sich die Kontrahenten auf die wesentlichen Eckpunkte - noch bevor die Schlichtung begonnen hat. Nun geht es noch um Details.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Es ist noch nicht lange her, da waren die Flugbegleiter der Lufthansa außer sich. Weil das Unternehmen aus ihrer Sicht immer wieder hinter bereits gegebene Zusagen zurückgefallen war, haben sie im Herbst 2015 den längsten Streik in der Geschichte der Fluggesellschaft organisiert. Irgendwie haben sich die beiden Seiten dann doch am Ende in eine Schlichtung gerettet, die der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) leiten soll. Das schien eine schwere Aufgabe zu sein.

Es ist aber anders gekommen. Wie zu hören ist, haben sich die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO) und die Lufthansa in wesentlichen Punkten geeinigt, schon bevor die Schlichtung überhaupt begonnen hat. Es steht fest, wie viel mehr Geld Kabinenmitarbeiter rückwirkend für 2015 und für das erste Halbjahr 2016 bekommen sollen. Vor allem aber scheint das komplexe Thema Versorgung weitgehend geklärt zu sein, das eigentliche Problem also.

UFO-Chef Nicoley Baublies und Lufthansa-Personalvorstand Bettina Volkens, die sich sonst äußerst selten einig sind, lobten beide die Fortschritte. Das Ganze sei ein "wichtiges Signal", fand Volkens. Die Flugbegleiter bekommen für 2015 eine Einmalzahlung von 3000 Euro und seit 1. Januar 2016 ein Gehaltsplus von 2,2 Prozent. Der neue Tarifvertrag läuft allerdings nur bis zum 1. September. Wichtig für die Passagiere: Bis Ende Juni herrscht Friedenspflicht, es kann also bis dahin keine weiteren UFO-Streiks geben. Mit der Einigung hat Lufthansa weitgehende Einigkeit mit der zweiten großen Mitarbeitergruppe erzielt, nachdem Ende 2015 schon ein neuer Tarifvertrag mit Verdi für den Bodendienst abgeschlossen worden war.

Allerdings gibt es noch keine Einigung mit den Piloten, die in den vergangenen Wochen aber ebenso leise wie die Flugbegleiter mit Lufthansa verhandelt haben. Und, wie man hört, durchaus konstruktiv. Das größte Problem bei den Piloten: Eigentlich wollten sie von vorneherein die neue Billigtochter Eurowings verhindern, doch die fliegt mittlerweile und wird wohl nicht mehr rückabgewickelt, auch wenn die Vereinigung Cockpit (VC) plötzlich zu massiven Zugeständnissen bereit wäre.

Für Lufthansa hat sich im vergangenen Jahr wirtschaftlich einiges zum Positiven gewendet, allerdings ohne eigenes Zutun. Das Unternehmen wird für das Jahr 2015 voraussichtlich einen Rekordgewinn verkünden, weil die Treibstoffkosten wegen des niedrigen Ölpreises drastisch gesunken sind. Der kurzfristige wirtschaftliche Druck ist also heraus, und die Mitarbeiter pochen auf Beteiligung am Gewinn.

Im Vergleich zur Konkurrenz, die von den gleichen günstigen Rahmenbedingungen profitiert, aber liegen die Kosten immer noch zu hoch und müssen sinken, spätestens dann, wenn die Zeiten wieder schlechter werden. Massive Kürzungen waren unter diesen Umständen nicht mehr durchzusetzen. Zuletzt waren Volkens und Konzernchef Carsten Spohr einfach nur heilfroh, wenn sie irgendwie den nächsten angedrohten Streik abwenden konnten - zu sehr hatte das Image der Lufthansa schon gelitten. Immerhin ist es Lufthansa gelungen, die Altersversorgung der Flugbegleiter umzustellen. Sie garantiert ihnen nicht mehr einen fest definierten Auszahlungsbetrag, sondern nur einen festen Beitrag.

Platzeck sind für seine Schlichtung aber noch Themen übrig geblieben. Bei der Altersversorgung gibt es noch einige strittige Punkte, die Lufthansa und UFO noch bis zum 15. Februar ausräumen wollen. Gelingt dies nicht, rutschen sie in die Schlichtung. Hinzu kommen noch Verhandlungen über die Arbeitsbedingungen und ein neuer Vergütungstarifvertrag, der vom 1. Oktober an gelten soll.

Auch außerhalb der formalen Schlichtung wollen sich Lufthansa und UFO zusammensetzen. Die Gewerkschaft hatte sich anders als die der Piloten dem Thema Eurowings nicht völlig verschlossen. Sie hatte aber immer gefordert, für Eurowings einen eigenen Tarifvertrag zu verhandeln (was Lufthansa nach langem Hin und Her schließlich zusagte) und Mechanismen zu definieren, nach denen Mitarbeiter von Eurowings zu Lufthansa hinüberwechseln können. Auf diese Weise würden sie, so das Kalkül, nur für eine begrenzte Zeit die schlechteren Arbeitsbedingungen und Bezahlung in der Billigsparte erdulden müssen, bis bei Lufthansa Plätze für Wechselwillige frei werden.

Die Rechnung geht allerdings nur dann auf, wenn die klassische Sparte des Konzerns wieder wächst, was sie aber seit vier Jahren nicht tut. Ob sie wachsen kann, hängt ganz von den Kollegen aus dem Cockpit ab. Konzernchef Carsten Spohr hält bislang eisern an seiner Haltung fest, erst dann wieder Wachstum zuzulassen, wenn auch die Piloten Einsparungen akzeptieren.

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