Lufthansa-Flugzeuge:Nicht blau genug

Bei ihrem neuen Design achtet die Lufthansa auf kleinste Details, und am Ende stimmt die Farbe nicht. Die Airline gibt sich dennoch gelassen, obwohl Farben für Unternehmen große Bedeutung haben.

Von Leopold Zaak

Die Aufregung war enorm, als die Lufthansa vor drei Wochen in Frankfurt und München ihr neues Markendesign vorstellte. Die Airline zeigte feierlich zwei Maschinen der Flotte im frischen Look. Ein Airbus A321 und eine Boeing 747-8 waren mit einer neuen Lackierung überzogen. Der Konzernvogel auf dem Seitenruder der Maschinen ist deutlich dünner geworden, ebenso wie der Kreis, aus dem der Kranich nun herauszufliegen scheint. Auch eine eigene Schriftart sollte es sein, die Lufthansa Corporate. Bis ins kleinste Detail wurde hier gearbeitet, das u in L ufthansa bekam eine Stütze, damit es nicht "umfällt". Eine Airline, die in jedem Detail Stabilität vermitteln möchte.

Doch besonders die neue Farbe, in der die Flugzeuge über die Parkplätze rollten, fiel auf. Das Spiegeleigelb, wie es die Lufthansa selbst nannte, ist weitgehend verschwunden, die blaue Hintergrundfarbe ist nun deutlich dunkler. "Das Blau steht für Qualität und Zuverlässigkeit", sagt Alexander Schlaubitz, Marketingchef bei der Lufthansa. Wirklich verlässlich war das neue Blau der Lufthansa aber nicht einmal für drei Wochen.

Dann wurde bekannt, dass die Lackierung im neuen Marketingkonzept noch einmal überarbeitet werden muss. Der Grund: bei bestimmten Wetterereignissen bringt das Blau nicht den gewünschten Effekt. Es ist nicht blau genug. Die Lufthansa ist also erneut auf der Suche nach einem neuen Blau. Ein neues Markendesign, bei dem auf kleinste Feinheiten geachtet werden, in das monatelange Arbeit gesteckt wird und dann passt die Farbe nicht. Wie kann das passieren?

In einem Flugzeughangar im englischen Norwich wurden die verschiedenen Designs getestet, "unter möglichst realen Bedingungen", sagt Alexander Schlaubitz. Zwölf Farben wurden getestet, hervorgegangen aus über 800 Entwürfen. Das für die Lackierung der Maschinen verantwortliche Unternehmen PPG habe davor gewarnt, dass man noch einmal nachjustieren müsse, meint Schlaubitz. Die Wetterszenarien seien offensichtlich nicht realistisch genug gewesen. Es verwundert allerdings schon, von welchen Wetterereignissen er dabei spricht: Nebel, Wolken, Dunkelheit. All das konnte man wohl nicht testen, in dem Hangar in Norwich.

Neues Logo der Lufthansa

Die Fluggesellschaft Lufthansa plant weitere Großraumjets nach München zu verlegen.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Und auch das Material, auf dem der neue Lack getestet wurde, ist ein Grund dafür, warum man bei der Lufthansa nicht zufrieden war. Die Farbe wurde auf ein Leitwerk aufgetragen, das bei der Airline nicht mehr in Betrieb ist. Auf den tatsächlich verwendeten Leitwerken war man mit dem Ergebnis nicht mehr zufrieden. Der Vorstand habe auf Beschwerde einiger Lufthansamitarbeiter die Farbe zurückgerufen, ist aus Unternehmenskreisen zu hören.

Nun also noch einmal eine neue Farbe für das neue Design. Dass das teuer wird für die Lufthansa ist klar, doch in erster Linie wird es aufwendig. 18 Monate hat das neue Designkonzept in Anspruch genommen, Schlaubitz spricht von einem "sehr arbeitsintensiven Prozess", bei dem die Kreation einer neuen Farbe wohl einen großen Raum eingenommen haben dürfte.

Umlackiert wird wohl nicht, elf Maschinen haben das falsche Blau bereits, vermutlich gibt es künftig zwei leicht unterschiedliche Farbtöne.

Und das Ziel der Lufthansa, die Flotte innerhalb der nächsten sieben Jahre komplett neu zu lackieren, dürfte nun nicht realistisch sein. Alexander Schlaubitz betont zwar, man wolle an dem Plan festhalten, doch allein die Suche nach einer neuen Farbe soll über ein halbes Jahr dauern. Mindestens. Bereits in diesem Jahr sollten eigentlich 40 Maschinen mit dem neuen Blau auf dem Seitenruder starten.

Über die Kosten, die für die Lufthansa anfallen, kann man nur spekulieren. Die Airline möchte hierzu keine Zahlen nennen. Wie teuer so etwas allerdings werden kann, zeigt ein Fall aus Amerika. Als im Jahr 2014 die Gesellschaften American Airlines und US Airways fusionierten, verzeichnete die American Airlines ein Minus von zwei Milliarden Dollar. Zu einem großen Teil wegen der neuen Lackierung.

Als Deutschlands größte Airline hat die Lufthansa jeden Markennamen, jedes Design und jede noch so kleine Änderung rechtlich schützen lassen. Auch das neue Design hat die Lufthansa noch bereits vor der Veröffentlichung zum markenrechtlichen Schutz angemeldet.

Wie wichtig dieser Schutz sein kann, zeigt der jahrelange Streit zwischen den Sparkassen und dem spanischen Geldinstitut Santander. Letzteres wollte den als Marke eingetragenen Rot-Ton der Sparkasse aus dem Register streichen lassen - ohne Erfolg, das Rot blieb bei der Sparkasse.

Die Peinlichkeit um die erneute Suche nach einer neuen Farbe hat auch Auswirkungen auf das Öffentlichkeitsbild der Lufthansa, die mit dem Schutz ihrer eigenen Farbe keine Ausnahme ist. Telekom-Magenta, Milka-lila, UPS-braun - Marken lassen sich ihre Farben schützen, sie sind wichtig für die Wiedererkennung. Für Daniel Zimmermann, Dozent an der LMU für Marketing, sind Farben der wichtigste Faktor dafür, wie Marken in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Wie eine Marke wirkt, hänge zu über 80 Prozent von der Optik ab, sagt Zimmermann. "Davon ist der größte Teil die Farbgebung."

Auch physikalisch betrachtet hat die Farbe eine enorme Bedeutung für Marken. Der Blau-Ton, den die Lufthansa verwendet, hat sehr kurze Wellen. "Beim Betrachter erzeugt das ein Gefühl von Komfort und Ruhe", sagt Zimmermann. In einem Umfeld wie dem Fliegen ist das natürlich hilfreich.

Allerdings gefährdet die Lufthansa durch das neue Markendesign den für Unternehmen so wichtigen farbigen Wiedererkennungswert, den es über die 100 Jahre hinweg hatte. "Tauscht man Farben und Logos aus, verliert man nicht nur Wiedererkennungswert, sondern auch ein Gefühl von Sicherheit". Sicherheit, die man bei der Lufthansa eigentlich durch das neue Design vermitteln wollte.

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