Lokführer in einer Servicegesellschaft:Viele Unwägbarkeiten

Ob die Lokführer der Ausgliederung in ein neues Unternehmen zustimmen, ist offen.

Detlef Esslinger

Das Modell kommt einem sehr bekannt vor: Beschäftigte ausgliedern, in eine neue Service-Gesellschaft - hatten wir das nicht erst neulich? War dies nicht genau der Plan des Telekom-Vorstands, und haben die Arbeitnehmer nicht genau dies mit einem Streik zu verhindern versucht? Und jetzt, bei der Bahn, soll dies nicht das Problem, sondern die Lösung sein?

GDL-Chef Manfred Schell hat sich jedenfalls alles andere als ablehnend geäußert zu der Idee, die am Freitag durch die Financial Times Deutschland bekannt geworden ist. "Es wäre denkbar, dass daraus ein Kompromiss erwachsen könnte", sagte er. Allerdings sei bei der Bahn bestritten worden, dass es einen solchen Vorschlag gebe.

Wechsel gegen mehr Gehalt

Der Unterschied zwischen Telekom und Bahn ist: Bei der Telekom sollte die neue Gesellschaft helfen, Personalkosten zu senken. Bei der Bahn hingegen würde sie dazu dienen, eine Berufsgruppe, die Lokführer, besser zu stellen als bisher. Indem künftig alle Lokführer des Konzerns Deutsche Bahn AG in eine neue Firma überführt werden, könnte man ihnen einen Tarifvertrag gewähren, der dann nur für diese Firma gälte - so würden Abgrenzungsprobleme zu den anderen Beschäftigten der Bahn vermieden.

Für Gregor Thüsing, Professor für Arbeitsrecht an der Uni Bonn, ist die Realisierbarkeit eine Frage der Konditionen. "Ein solches Prozedere wäre wohl nur möglich, wenn die Lokführer freiwillig den Arbeitgeber wechseln", sagt Thüsing, der in dem Tarifkonflikt die GDL berät.

Die Lokführer müssten bereit sein, von Railion, DB Regio oder DB Fernverkehr zur neuen DB-Lokführer-Gesellschaft zu wechseln. Das werden sie aber nur tun, wenn sie dafür eine kräftige Gehaltserhöhung erhalten - zumal die Zugehörigkeit zur neuen Firma nicht ohne Unwägbarkeiten ist: Wer bisher bei "DB Regio NRW" arbeitet, dem können nur Fahrten auf Nahverkehrszügen in Nordrhein-Westfalen zugewiesen werden. In einer konzernweiten Lokführer-Firma könnte sich ein Arbeitnehmer aber kaum dagegen wehren, auf einmal Güterzüge ins Ausland fahren zu müssen.

Ohne Zustimmung jedes einzelnen Arbeitnehmers könnte die Bahn ihre Lokführer nur in eine neue Firma verfrachten, indem sie auch den Betrieb ihrer Züge dorthin verlagerte. Das aber hieße: Sie müsste auch die Betriebsmittel, also zumindest die Loks, in die neue Firma überführen. Aber eine Lösung mit solch hohem Aufwand nur deshalb durchsetzen, weil viele Lokführer freiwillig nicht mitmachten? Konfliktherde hat der Bahn-Vorstand eigentlich bereits genug.

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