Lobbyismus:Outsourcing von Gesetzen - Guttenberg ist nicht allein

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Wirtschaftsminister Guttenberg steht weiter in der Kritik - doch auch Kabinettskollegen zahlen immer mehr Geld für externe Anwälte, die Gesetze entwerfen.

Karl-Theodor zu Guttenberg ist ein Star des konservativen Teils der Bundesregierung. Im Wahlkampf wird der CSU-Politiker gebraucht. Wahlweise soll er nach dem 27. September das Wirtschaftsministerium behalten oder der Zuständige für Finanzen beziehungsweise Verteidigung werden.

Nicht nur Wirtschaftsminister zu Guttenberg (links) beschäftigt externe Gutachter, auch andere Ministerien setzen auf solche Sachverständige. Das Finanzministerium von Steinbrück (rechts) verzeichnet dabei mit Abstand die höchsten Ausgaben. (Foto: Foto: dpa)

Dumm nur, dass ein erstes dunkles Fleckchen auf der weißen Weste zu sehen ist. Guttenberg hat sich offenbar, so Erkenntnisse der Süddeutschen Zeitung und anderer Medien, einen kompletten Gesetzesentwurf zur Bankenrettung von einer externen Anwaltskanzlei organisiert, von der britischen Law-Firma Linklaters - und ihn dann intern weitergeleitet. Das sei "blanker Unsinn", heißt es dazu im Hause Guttenberg.

Überall nur Ärger

Jedenfalls kostet so ein Outsourcing von Gesetzen viel Geld, und das ärgert in diesem Fall die Kabinettskollegin Brigitte Zypries (SPD): Deren Justizministerium legt in Sachen Bankenrettung ebenfalls einen Gesetzesentwurf vor, den die Ministerialen gestrickt haben.

In dieser Lage kommt Guttenberg und der wahlkämpfenden Bundeskanzlerin womöglich ein Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) zupass, wonach vor allem SPD-Minister am meisten für Anwälte zahlen. Die Bundesregierung nimmt demnach offenbar wesentlich mehr Hilfe von externen Gutachtern in Anspruch als bisher bekannt. Die Kosten hätten im vergangenen Jahr um ein Mehrfaches über den geplanten Ausgaben gelegen, berichtet das Blatt unter Berufung auf die Rechnungslegung der Bundesregierung.

Spitzenreiter laut FAZ: Das SPD-geführte Finanzministerium von Peer Steinbrück. Es habe unter der für "Sachverständige" vorgesehenen Haushaltsstelle Ausgaben über mehr als 14 Millionen Euro verbucht - rund neun Millionen Euro mehr als angesetzt. Das Finanzministerium sei damit das Haus mit den mit Abstand höchsten Ausgaben für Gutachterleistungen.

Ein Sprecher des Finanzministeriums sagt dazu, die Zahlen seien korrekt, sie im Zusammenhang mit der Rechtsberatung durch externe Gutachter zu nennen, sei jedoch "irreführend". Bei der genannten Haushaltsstelle seien auch die Kosten für die Begleitung von Privatisierungsvorhaben verbucht, die vor allem Investmentbanken beträfen. Diese Vorhaben seien ohne Investmentbanken "schlicht nicht möglich".

Das Wirtschaftsministerium habe mit 620.000 Euro fast das Doppelte der mit 374.000 Euro veranschlagten Kosten ausgegeben, berichtet die FAZ weiter. Das Verkehrsministerium habe unter der Haushaltsstelle 380.700 Euro verbucht und lag damit ebenso über dem Plan wie das Arbeitsministerium mit knapp 250.000 Euro.

Das Außenministerium von SPD-Kanzlerkandidat Frank Walter Steinmeier gab demnach 200.000 Euro mehr als die veranschlagten 1,1 Millionen Euro aus. Das Innenministerium von Wolfgang Schäuble (CDU) investierte mit 1,26 Millionen Euro rund 500.000 Euro mehr in externe Beratung.

Der Speyerer Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim kritisierte die Ministerien dafür, dass sie die Aufträge immer häufiger an externe Berater vergäben. "Es besteht die Gefahr, dass der Gesetzgeber immer mehr zum Gesetznehmer wird", sagt er der Passauer Neuen Presse. Ministerien übernähmen das Ergebnis der beauftragten Experten manchmal bis hin zu den Formulierungen.

"Besorgniserregende Entwicklung"

Kritik kam auch von den Beamtenvertretern. "Das ist eine besorgniserregende Entwicklung", sagte Hans-Ulrich Benra, der Vorsitzende des Verbandes der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden, der Berliner Zeitung . "Wenn Gesetzesentwürfe in Kanzleien angefertigt werden, ist nicht ausgeschlossen, dass diese ihre eigenen Interessen vertreten und nicht die öffentlichen", monierte er. Die Expertise unabhängiger Beamter sei nötig, um öffentliche Interessen zu wahren.

Benra führt die Einschaltung externer Berater auf den rigiden Sparkurs zurück. Allein zwischen 2004 und 2006 seien mehr als 10.000 Stellen in den obersten Bundesbehörden sowie im nachgeordneten Bereich gestrichen worden, sagte Benra der Zeitung: "Wer den öffentlichen Dienst kaputt spart, der riskiert Entwicklungen, bei denen am Ende einseitige Interessen an die Stelle unabhängiger Sachverwaltung treten."

Baron Guttenberg bleibt wohl trotz der verbreiterten Debatte in der Schusslinie. Hilfe bekommt er vom CDU-Haushaltspolitiker Steffen Kampeter: Es sei absolut nicht kritikwürdig, dass der CSU-Politiker einen Gesetzentwurf zur staatlichen Zwangsverwaltung maroder Banken von der Anwaltskanzlei Linklaters habe erarbeiten lassen. Das habe mit Lobbyismus nichts zu tun, sagte Kampeter der Neuen Osnabrücker Zeitung. Sein Fazit: "Guttenbergs Vorgehen ist für den Steuerzahler letztlich günstiger."

© sueddeutsche.de/AFP/dpa/AP/af/jja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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