Lkw-Hersteller:Hohe EU-Kartellstrafe gegen Scania

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Der schwedische Lkw-Hersteller Scania muss wegen unerlaubter Preisabsprachen eine Geldbuße von 880 Millionen Euro zahlen. Die Strafe ist besonders hoch, weil Scania nicht kooperieren wollte.

Von Christian Gschwendtner, Brüssel

Der schwedische Lkw-Hersteller Scania muss wegen unerlaubter Preisabsprachen eine Geldbuße von 880 Millionen Euro zahlen. Das gab EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch in Brüssel bekannt. Als Begründung führte sie an, dass der Lastwagenbauer 14 Jahre lang zusammen mit fünf anderen Herstellern ein "gut organisiertes Kartell" betrieben hatte. In diesem Kreis habe man sich einerseits bei den Verkaufspreisen abgesprochen. Andererseits sei aber auch vereinbart worden, die Kosten für die Entwicklung neuer Technologien zur Emissionssenkung an die Kunden weiter zu geben.

Der Fall wiegt aus Sicht der Kommission in mehrfacher Hinsicht schwer. Die oberste Führungsebene der Lastwagenbauer soll in den ersten Jahren an den Gesprächen teilgenommen haben. Die Absprachen wurden demnach am Rande von Handelsmessen und Branchentreffen, aber auch am Telefon getroffen. Hinzu kommt, dass fast der ganze Markt für Lkw betroffen war. "90 Prozent aller in Europa verkauften schweren und mittelschweren Lastwagen werden von Scania oder einem anderen an dem Kartell beteiligten Hersteller produziert", sagte Vestager.

Das Kartell flog erst auf, als MAN bei der Kommission von der Kronzeugenregelung Gebrauch machte und eine Selbstanzeige stellte. So sicherte sich die Münchner VW-Tochter Straffreiheit. Gegen die anderen Beteiligten Daimler, Iveco, DAF und Volvo/Renault verhängte die Kommission im vergangenen Jahr die Rekordstrafe von 2,93 Milliarden Euro. Anders als Scania entschieden sich die vier Unternehmen jedoch, mit den Brüsseler Wettbewerbshütern zu kooperierten. Sie profitierten dadurch von einem Strafnachlass.

"Scania hat beschlossen, nicht mit der Kommission zusammenzuarbeiten, deshalb gibt es keine Strafminderung", sagte Vestager. Mit der heutigen Bekanntgabe sei der Fall nun aber für sie abgeschlossen. Aus Sicht der Kommission trifft das zu. Auf die Lastwagenhersteller kommt hingegen eine Klagewelle zu. Bereits vor sechs Monaten hatten mehr als 200 mittelständische Spediteure Schadenersatzforderungen erhoben. Sie verlangen 100 Millionen Euro von Daimler, MAN und den anderen Beteiligten. Sollte es keine Lösung geben, werde man die Forderungen gerichtlich durchsetzen, sagte Kay Espey, der Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Wettbewerbs in der Speditionsbranche, damals. Genau dazu dürfte es nun kommen.

Umfassende außergerichtliche Einigungen sind bisher nicht zustande gekommen. Deshalb sollen von Oktober an auch die ersten Schadenersatzklagen vor dem Stuttgarter Landegericht verhandelt werden. Eine Spedition aus Nürnberg hat demnach bereits eine Klage eingereicht. Die Kartellabsprachen könnten die Lkw-Hersteller also noch mehr kosten.

© SZ vom 28.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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