Linda McMahon:Trump holt frühere Wrestling-Chefin ins Kabinett

Linda McMahon at Trump Tower

Linda McMahon im Foyer des Trump Tower, New York City.

(Foto: dpa)
  • Donald Trump will Linda McMahon, die Gattin des WWE-Chefs Vince McMahon und Mitgründerin, zur Leiterin der Behörde für Kleinunternehmen machen.
  • Seine Wahl ist auch eine symbolische: Es gibt kaum ein republikanischeres Unternehmen als die Wrestling-Firma WWE.
  • Linda McMahon war politisch bislang weniger erfolgreich: Zwei Mal scheiterte sie bei dem Versuch, US-Senatorin für Connecticut zu werden.

Von Johannes Kuhn, New Orleans

Wrestling-Experten zählen mit: Der neuen US-Regierung werden nun bereits zwei Mitglieder angehören, die der Kämpfer "Stone Cold" Steve Austin mit seinem Parade-Angriff "Stone Cold Stunner" außer Gefecht gesetzt hat: Donald Trump, Promi-Mitglied der WWE-Ruhmeshalle und künftiger US-Präsident stieg ebenso mit ihm in den Ring wie Linda McMahon, Ehefrau des Wrestling-Magnaten Vince McMahon und frühere Chefin des gemeinsamen Wrestling-Imperiums. Trump will sie in seiner Regierung zur Beauftragten für Kleinunternehmen machen.

Bislang war die politische Karriere der 68-Jährigen eher weniger erfolgreich: Die republikanische Milliardärin finanzierte zwei Wahlkämpfe aus ihrem Privatvermögen, um 2010 und 2012 jeweils US-Senatorin für Connecticut zu werden. Beide Male scheiterte sie. Nun wird sie Leiterin der Behörde, die zuständig ist für Unternehmen mit weniger als 50 000 Euro Umsatz pro Jahr.

Donald Trump und das Wrestling-Imperium WWE haben eine gemeinsame Vergangenheit, über die in amerikanischen Medien ausführlich berichtet wurde. Selbst die Wahlkampftaktik des künftigen US-Präsidenten wurde in Clickbait-Artikeln mit seiner Ring-Strategie verglichen. Den berühmtesten WWE-Auftritt hatte Trump 2007, als er bei Wrestlemania 23, der größten Wrestling-Veranstaltung des Jahres, nach dem "Kampf der Milliardäre" Vince McMahon die Haare abrasieren durfte. Dass der WWE-Gründer in seinem Ring-Charakter als arrogante und manipulative Unternehmer-Karikatur ("Mr. McMahon") ein Klischee jener Feindbilder verkörperte, die später Trump im Wahlkampf zu instrumentalisieren wusste, ist eine bemerkenswerte Pointe.

Bemerkenswert ist auch, dass Trump nach dem Wahlsieg nun Milliardärin um Milliardär in sein Team holt. So auch Linda McMahon: Sie unterstützte im Wahlkampf nach einigem Zögern Trumps Kandidatur und gab insgesamt sechs Millionen US-Dollar an eine seiner Unterstützergruppen (Super Pacs). Zudem spendeten die McMahons in der Vergangenheit fünf Millionen Dollar an die inzwischen umstrittene Trump Foundation.

WWE lässt ihre Wrestler als Freiberufler arbeiten

Die geschäftliche Verbindung zwischen Trump und der McMahon-Familie geht sogar bis in die Achtzigerjahre zurück, als Wrestling den Mainstream erreichte - und die (damals noch als WWF bekannte) WWE zu einer akrobatischen Dauer-Seifenoper mit Millionenumsatz wurde. Damals veranstaltete McMahon zwei Wrestlemanias im Trump Plaza in Atlantic City.

Das linke Magazin Jacobin bezeichnete den Aufstieg der Firma vom Kleinunternehmen zum Konzern vor einiger Zeit als eine "Geschichte des amerikanischen Kapitalismus": Die Wrestling-Ligen in den USA waren jahrelang regional unter ihren Eigentümern aufgeteilt. Das gab den Wrestlern, die zu gleichen Teilen Sportler und Schauspieler sind, viele Arbeitsmöglichkeiten, aber mittelmäßige Bezahlung. Liga-Erbe McMahon begann in den Achtzigern damit, anderen Organisationen Stars abzuwerben und sich die Konkurrenz nach und nach durch Beteiligungen und Zukäufe einzuverleiben.

Spätestens seit dem Aufkauf der rivalisierenden Großliga WCW im Jahr 2001 ist die WWE ohne echte Konkurrenz und entscheidet darüber, welche Wrestler es zum Superstar schaffen. Eine Wrestling-Gewerkschaft wusste die Firma dabei stets zu verhindern: Selbst die Star-Athleten arbeiten offiziell als Freiberufler, obwohl viele von ihnen mehr als 50 Wochen im Jahr für die Liga im Einsatz sind und die Match-Anweisungen des Managements befolgen müssen.

Dadurch muss die Firma keine Leistungen wie Kranken- oder Arbeitslosenversicherung zahlen und keine Rentenpläne anbieten. Gerade Wrestler aus der zweiten WWE-Reihe sind nicht selten von Altersarmut betroffen. Schmerzmittel-, Drogen- oder Alkoholsucht und hoher körperlicher Verschleiß haben viele bekannte Wrestler wie Mr. Perfect oder "British Bulldog" Davey Boy Smith schon vor dem Rentenalter umgebracht. Inzwischen bezahlt die WWE "Ex-Nichtmitarbeitern" einige Notfallkosten wie den Aufenthalt in Entzugskliniken. Verpflichtet ist sie dazu allerdings nicht.

Die WWE, ein republikanisches Produkt

An der Oberfläche ist die WWE ein faszinierender Kosmos, dessen Plots und Matches Fans auf unterschiedlichen Ebenen interessant finden können. Dabei bemüht sich das Wrestling-Imperium inzwischen auch um eine politisch korrekte Außendarstellung: Auf Homophobie aufbauende Handlungsstränge sind verschwunden, die Storyline "guter Amerikaner gegen böser Nichtamerikaner" wird nicht mehr als Zuschauer-Zündholz zum Anheizen eines übertriebenen Patriotismus missbraucht.

Und doch ist die WWE wirtschaftlich betrachtet ein durch und durch republikanisch anmutendes Produkt: antigewerkschaftlich orientiert, fehlende soziale Absicherung als Eigenverantwortung deklarierend, von Marktkonzentration aber auch Deregulierung profitierend.

Seit es der Liga Ende der Achtziger gelang, sich von der Aufsicht der Sport-Kommissionen zu befreien (und nebenbei Steuervergünstigungen zu erhalten), arbeitet das Unternehmen offiziell im Unterhaltungsgeschäft. Dadurch hat es größtenteils freie Hand im Umgang mit Athleten. Im Gegenzug beschäftigt die Firma in ihrer Zentrale in Stamford inzwischen 500 feste Mitarbeiter und ist ein regionaler Wirtschaftsfaktor. Nur darauf kommt es unter dem Strich an, sagen die Republikaner. Aus dieser Perspektive ist Linda McMahon eine symbolische und passende Wahl für die Umsetzung der Trump-Agenda.

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